Anastylose!

Auf den Spuren der Khmer, 29.01. bis 27.02.2011

Es hätte heute Regen geben müssen, am morgen saß ein kleiner Frosch auf Toms Rad und das sind die rituellen Regenbringer in Südostasien. Tatsächlich haben uns vormittags ein paar Tropfen benetzt, aber es war ja nur ein kleiner Frosch, es blieb also trocken, angenehm bewölkt und windig. Perfektes Radfahrwetter. Nachmittags kam dann die Sonne durch und die letzten Kilometer waren gülden. Es tat auf jeden Fall gut nach zwei Tagen wieder auf dem Rad zu sitzen.

Überraschend leicht, dem Trubel hier zu entkommen, ein paar Staubstraßen weiter weg fängt das ganz normale Dorf- und Landleben wieder an, auch das Hello-Land, sofort wird wieder Spalier gestanden. Wir haben mit unserer kambodschanischen Mannschaft echte Experten, sie lotsen uns über Stock und Stein und Sand sehr privat durch ihre Gegend. Nicht weit vom Angkor Wat entfernt hat Thonet sein Zuhause, das haben wir heute erstmal besucht. Ein paar Hütten im Nirgendwo und ein Kloster. Thonet hat sich vor ein einigen Jahren ein für kambodschanische Verhältnisse ziemlich stattliches Haus gebaut, entgegen den Vorschriften der wechselnden Rechteinhaber dieses gesamten Landstriches. Zur Zeit hat die Sokimex-Gruppe die Rechte an den Eintrittsgeldern von Angkor und mauschelt kräftig mit anderen Organisationen, da ist z.B. die Apsara Authority, die für den Denkmalschutz zuständig ist. Sokimex kontrolliert das Mineralöl Kambodschas, Luxushotels, Fluglinien etc. und hat beste Beziehungen zur Macht (die Apsara Autority hat hehre Ziele aber kaum Geld und Macht). Jedenfalls hat ein Konsortium dieser Organisationen strenge Auflagen für die Menschen, die zwischen den weit verstreuten Tempeln wohnen, aufgelegt. Thonet und seine Familie haben sich irgendwann trotzdem ein Haus in den Busch gebaut und hoffen, dass es möglichst lange unbemerkt bzw. uninteressant bleibt. Hier kommt aber auch wirklich kein Mensch lang.

Heute war das Radfahren wichtiger als die Hochkultur, zunächst sind wir auf einem langen Deich in Richtung Osten gefahren, einst die Verbindung zu den wichtigen Außenposten des Khmer-Reiches: Sambor Prei Kuk bzw. Wat Phu in Laos, der Kreis schließt sich für uns. Dieser Weg wurde von den Roten Khmern zu einem Deich umfunktioniert, im Stile der alten Barays (der eingedeichten Gebiete von Angkor, welche einst die Monsunregen einfingen). Heute eine kaum genutzte Landstraße, aber viel Geschichte dahinter. In dieser Gegend wird viel Saft aus den Zuckerpalmen gezapft. Man bringt längliche Bambusbehälter an den jungen Früchten der weiblichen Palmen an, nachdem man diese gequetscht und angeritzt hat. Der Palmsaft schmeckt lecker und noch besser, wenn er eine Weile gärt und Palmwein daraus wird. Meistens wird er aber zu Zucker gekocht, große Töpfe brodeln vor den meisten Hütten, über uns sind die wildesten Konstruktionen, provisorische Leitern und Verbindungen zwischen hochaufragenden Zuckerpalmen.

Natürlich haben wir uns auch unsere ersten Angkor-Tempel zur Gemüte geführt, zunächst den abseits gelegenen und fast vergessenen Chau Srei Vibol, haufenweise Chaos. Die meisten Tempel von Angkor waren einst bessere Steinhaufen und wurden erst mit der Anastylose-Technik wieder zusammengebastelt, d.h. man ging Stein für Stein durch, nummerierte und schaute, wie alles zusammenpasste, wie ein Puzzle. Fehlende Teile wurden durch originales Material ersetzt. Chau Srei Vibol harrt noch seiner Anastylose, Preah Ko und der Bakong, die wir danach besichtigt haben, haben sie schon hinter sich. Das sind die ältesten Tempel der ganzen Angkor-Gegend, stilprägend, nicht so gewaltig, aber interessant und sehr schön.


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2011/02/2011-02-23.gpx“]