Tam Biet Vietnam!

Tal des Roten Flusses, 09.04. bis 01.05.2011

Endlich ausschlafen! Keine Treffzeit zum Frühstück, kein Programm, kein gar nichts! Last Minute Shopping und nochmal tief die Atmosphäre einatmen, dass noch solange wie möglich, was davon übrig bleibt. Um 17 Uhr ist Abfahrt und Abschied von Asien. Nun geht’s zurück zum Schwarzbrot, zum Gauda, zum Italiener, zur Familie, zur Arbeit, zum Alltag. Für die Meisten von uns zumindest. Ich werde mich in Bangkok abseilen und meine Eltern überraschen, die hoffentlich nicht diesen Blog gelesen haben.

In diesem Sinne melde ich mich hiermit ab vom Dienst in Asien und danke all denjenigen, die diesen Blog mit verfolgt haben. Ein dickes Dankschön auch an meine super netten Teilnehmer für ihre Nachsicht, Einsicht, Übersicht und Vorsicht und ich wünsche allen einen guten Einstieg in den Alltag. Vielleicht sieht man sich ja bald schon wieder auf einem schwarz-roten Drahtesel durch die Landschaften Asiens.
Dac Biet, Zaijian, Auf Wiedersehen!

Update: Eine vietnameische Freundin musste mich korrigieren: „Dac Biet“ heißt besonders „Tam Biet“; heißt auf wiedersehen. Aber so hat es mir eine Rezeptionistin buchstabiert. Vielleicht wollte sie sagen, dass wir eine besondere Gruppe waren =P

Vernunft und Heiße Quellen

Auf dem Dach der Welt, vom 14.04. – 09.05.2011

Unser Hotel hat einen unschlagbaren Vorteil: Es hat den Blick auf den Mt. Everest. Das weiss man auch im Management und verlangt ein Heidengeld für die Übernachtung und überlässt den Schuppen dann sich selbst.

Derweil hustet Heinz ganze Wände durch und Sabine, die studierte Pharmazeutin zieht die chemische Notbremse. Ein Breitbandantibiotikum soll den Boden bereiten, aber es braucht noch mehr: Wärme.

Also halten wir Kriegsrat und ich ziehe die unschlagbare Trumphkarte: 80 km entfernt gibt es ein Hotel mit heißen Quellen. Der Schlachtplan ist folgender: Wir gönnen Beinen und Lungen eine Pause, sparen uns eine Übernachtung am Basecamp und nehmen das Begleitfahrzeug bis nach Tsamda, wo besagtes Hotel mit den heißen Quellen liegt. Dann wärmen wir uns auf, überbrücken noch eine Etappe mit dem Fahrzeug, um dann den letzten Pass gemeinsam anzugehen, die Abfahrt mitzunehmen und dann zwei Tage früher in Nepal zu sein, um subtropische Luft zu schnuppern. In Tibet braucht es manchmal Vernunftentscheidungen, und wir sind uns glücklicherweise einig. Kein Mensch braucht eine Lungenentzündung auf 5.000 Meter Höhe!

Zuvor fahren wir aber noch zum Mt. Everest Basecamp, verschießen ein gutes Dutzend virtuelle Filmrollen, erfreuen uns an dem Anblick des wolkenfreien Berges und beachten auch das Schild: „Beware of resting mountaineers“. Ruhig liegen die verschiedenen Basecamps in der Sonne, die besagten Bergsteiger sind wohl auf dem Berg oder in der Koje. Immerhin sechs Wochen dauert eine durchschnittliche Gipfelbesteigung. Sechs Wochen, in denen es hoch und runter geht, mit verschiedenen Camps auf stetig steigender Höhe, wie ich seit der Lektüre von Jon Krakauers Bericht „In luftigen Höhen“ weiss. Was sind wird doch für Weicheier!

Das wäre dann zumindest für Heinz und mich auch das Stichwort, denn die folgende Autofahrt stellt höchste Anforderungen an Hinterbacken und vorgelagerte Teile. Wir sind uns einig: Mit dem Fahrrad ist diese Strecke nicht zu schaffen. Mit dem Auto schafft sie einen. Aber was für eine Kulisse! Immer wieder tauchen die schneebedeckten Berge hinter der für tibetische Verhältnisse fast schon lieblichen Landschaft auf. Yakherden grasen auf den spärlichen Wiesen. In den wenigen Dörfern ist ein Auto eine kleine Sensation.

Und dann haben wir plötzlich wieder Asphalt unter den Reifen. Ein paar wenige Kilometer noch, dann liegen wir in einer Thermalquelle und lassen es uns gut gehen. Nebenan vergnügen sich die Schönen und die Reichen des nahe gelegenen Ortes im warmen Wasser. Der Sonnenuntergang bietet dann den Blick auf vier Achttausender: Everest, Makalu, Cho Oyo und Lotse. Den fünften, den Shishapangma, werden wir morgen sehen!


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2011/05/2011-04-30_1.gpx“]

Meister Zhang

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.04. bis 08.05.2011

In Ankang habe ich noch mit Volker telefoniert (im Sonnenbad, während er sich gerade mit Nudelsuppe gegen tibetischen Frost versucht hat). Synergieeffekte nutzen, Kommunikation auf die Spitze treiben. Volker hat die Drei Schluchten-Tour geplant und natürlich musste ich lobhudeln und ihm sagen, wie schön die Strecke doch ist. Aber es ist ja die Wahrheit. Jedenfalls meinte er, sie würde noch schöner. Und siehe da, sie ward noch schöner, heute.

Es wird immer grüner und immer fruchtbarer, Teeplantagen, Reisfelder, Gemüsebeete. Eingebettet in eine Berglandschaft, die markant aber nicht mehr so schroff ist wie noch vor ein paar Tagen. Die jungen Bambustriebe werden derzeit ausgelesen, die schmecken lecker und sind gesund. Dazu hatten wir wieder güldenes Wetter, mittags sehr heiß, aber wer wollte sich da beschweren. Es war immerhin unsere Königsetappe, fast 125km und meist bergan, trotzdem waren beim Abendessen alle begeistert (oft kommt das ja Tage später, wenn man sich wieder erholt hat). Jetzt in Zhenping, einer aufgeregten kleinen Stadt, Massen von neugierigen Kindern scharwenzeln um uns herum und freuen sich besonders über unsere kleine Feuerwerkeinlage auf dem Stadtplatz, das böllerte um halbzehn in die Luft hinaus, die Polizei stand dabei und hat sich auch gefreut.

Sehr beeindruckend war die Begegnung mit Zhang Xuefeng, Maler und Kaligraph. Albin und Matthias waren zufällig in dessen Klause gerollt, versteckt im Nichts am Wegesrand, wahrscheinlich durch den kleinen Pavillon angelockt, der hier gerade im Bau ist. Zhang Xuefeng lebt wie die alten daoistischen Meister zurückgezogen in der Natur, einfach und bescheiden, wie bei den Vorbildern verschwindet der Mensch in seinen Bildern in einer gewaltigen Landschaft, ganz klein und ganz vergänglich. Meister Zhang hat uns zwei seiner Bilder geschenkt und wollte beim besten Willen nichts dafür. Er hat uns durch sein kleines Bauprojekt geführt, seine kleinen wunderschönen Gemälde gezeigt und dabei gestrahlt.


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2011/04/2011-04-29.gpx“]

Die Oase im Chaos

Tal des Roten Flusses, 09.04. bis 01.05.2011

Das Überqueren von Straßen in Hanoi will geübt sein. Es hält hier keiner für Fußgänger an, aber direkt überfahren wird man natürlich auch nicht. Die Regeln sind: Nicht trödeln aber auch nicht überhasten. Der Rest ergibt sich von selbst. Gemeinsam spazierten wir zum Literaturtempel. Erbaut im Jahre 1070 gilt er als einer der wichtigsten Konfuziustempel außerhalb Chinas. Eigentlich Paradox, dass die Vietnamesen über die Geschichte hinweg so verfeindet mit den Chinesen waren und doch einen so starken Chinesischen Einfluss haben… wie etwa der Konfuzianismus. Etwa 100 Jahre nach der Befreiung von China Mitte des zehnten Jahrhunderts, übernahm man die chinesische Religion und betete nun einen Chinesen an. Selbst die Könige führten den Kowtow aus vor der Statue Konfuzius.

Die Anlage war gut restauriert, ohne überzogen zu wirken und man hatte eine ruhige Auszeit von den stressigen Straßen draußen. Der wichtigste Teil der Anlage bildet der Dritte Hof mit den Namenstafeln der Absolventen der Universität zwischen 1442 und 1779, die ehrenvoll auf dem Rücken von Schildkröten getragen werden und um den See der Himmlischen Klarheit aufgestellt sind.

Anschließend gingen wir durch das Botschaftsviertel zu Onkel Ho, wohlwissend dass wir ihn heute nicht zugesicht bekommen würden. Denn abgesehen vom Wochenende sind Montag und Freitag für ihn zusätzlich Ruhetage. Trotz dem verlängerten Wochenende möchte man nicht die Plätze mit ihm tauschen. Immerzu muss er wieder hübsch gemacht werden, um sich der Masse zu präsentieren. Dabei wollte er doch kremiert und über die Reisfelder verstreut werden. Auch die Vereinigung des Landes, für die er sein Leben lang gekämpft hatte, hat er nicht mehr mitbekommen.

Mit leichtem Magenknurren stiegen wir ins Taxi um wieder zur Altstadt zurückzufahren. Schließlich wirkten die Straßen hier etwas leer und eine Auswahl an Essmöglichkeiten hatte man nicht. Wir quetschen uns in 2 Taxen und stellten fest, dass der Zähler ziemlich willkürlich zählte. Angekommen am Ziel waren es eigentlich Deutsche-Taxi Preise, die wir hätten zahlen sollen. Panisch rief ich Duong an, der meine Befürchtung bestätigte. Statt 400000 zahlten wir 100000 und überließen den Fahrer sich selbst. Zum anderen Taxi kam ich allerdings zu spät. 500000 haben sie für die kurze Strecke abtreten müssen. Aber der Fahrer hielt bewusst an einer abgelegenen Stelle und drängte die Gruppe zum möglichst schnellen Bezahlen und Verschwinden.

Zwischen Schuhläden fanden wir einen einladenden Bun Cha Imbiss. Bun sind runde Reisnudeln (anders als die platten Pho) und Cha ist Grillen (in diesem Fall gegrilltes Schweinefleisch). Entsprechend gut gestärkt konnte die Shoppingtour beginnen. Das Stadtleben mit Cafés und den Abermillionen von Läden machte uns alle mehr an, als das historische Museum zu besichtigen.

Angedacht war ein Abschlussessen im netten kleinen Innenhof des Hanoi Garden. Als wir ankamen aber weigerte sich die Bedienung einen Tisch im Freien aufzustellen da es regnen könnte. Na klar könnte es regen! Wir sind im Tropengebiet! Na und? Gegen Schweigen und betretenem freundlichem Lächeln komme ich aber nicht an… dann halt doch drinnen. Mit dem Essen lag ich hier aber auf der sicheren Seite. Was soll man auch bei Schweinefleisch süß-sauer, Huhn mit Cashew, etc. groß falsch machen? Anschließend ging es zum letzten Programmpunkt unserer Reise: das Wasserpuppentheater. Der Name ist eigentlich selbsterklärend. Es gibt eine Bühne, die über einem größeren Wasserbecken aufgebaut ist. Begleitet von einem vietnamesisch klassischem Orchester, tanzen die Holzpuppen, gelenkt von Stangen und Seilzügen, über die Wasseroberfläche. Die Akte zeigten Episoden aus der vietnamesischen Geschichte und Legenden, z.B. wie der Drache sich aus dem Erdboden erhob und Hanoi entstand.

Zum Abschluss kehrten wir wieder im Bia Hoi ein. Nichts geht über ein kühles frisch gezapftes Bier mit leckeren Erdnüssen. Diese feierliche Atmosphäre nutzte ich um die Bia Hoi Medaille als Auszeichnung für unsere Trinkfreudigkeit auszuhändigen.

Der Badmintonclub am Nebentisch bemerkte gleich, dass wir was zu feierten hatten und ließ die Chance nicht nehmen auf ein paar Bier mit uns anzustoßen… auf Ex versteht sich! Als Reiseleiter übernimmt man natürlich auch hier die Verantwortung und trinkt stellvertretend für die, die noch geradelaufend ins Hotel gehen wollen.

Weil er da ist!

Auf dem Dach der Welt, vom 14.04. – 09.05.2011

Die Kältewelle hält an. Immerhin, die Sonne scheint und es scheint ein klarer Tag zu werden. Das ist wichtig, denn wir fahren die nächten zwei Tage in Richtung Mt. Everest Base Camp. Warum? „Weil er da ist, der Berg!“, wie der Kollege Malleroy (und nicht wie fälschlicherweise, auch von mir in meinem letzten Blog kolportiert, Sir Edmund Hillary) erklärt hat, warum er den Mt. Everest besteigen wolle. Zwischen Bergfuß und unserem Standpunkt liegen 120 km Piste, das einzig nicht alphaltierte Teilstück unserer Tour. Und ein 5.100 Meter Pass. Na dann, Berg heil!

Aber erst einmal rollt es gut dahin auf Flüsterasphalt, die ersten 10 Kilometer radeln wir noch auf dem Friendship Highway. Dann zweigt ein Feldweg ab, der extra für den olympischen Fackellauf 2008 neu ausgebaut wurde. Seitdem ist viel Schotter den Berg heruntergegangen und der Weg stellt tatsächlich eine radfahrerische Herausforderung dar. Vor allen Dingen, weil es ziemlich schnell recht knackig bergauf geht. Diesmal ist Sabine die Heldin und hält tatsächlich durch! 75 Kilometer auf schwieriger Piste, mit einem Pass, der sich dann doch als 5.200er entpuppt, und einer Abfahrt, die Mark und Bein erschüttert. Dieselbige wird mir zum Verhängnis. Mein so geliebtes und treues Koga-Rad ist nun (und von mir ja auch so gewollt) kein Mountain Bike, und so zieht es mir in einer besonders holprig-sandigen Kurve das Vorderrad weg. Mehr als eine Schramme am Knie und ein paar blauen Flecken ist nicht passiert, aber die Etappe ist für mich mental erst einmal zu Ende. Sabine und Heinz sind derweil in ihrem Element und reizen ihre Mountainbikes voll aus. Und Sabine wird am Ende die einzige sein, die die Etappe inklusive Pass komplett gefahren ist. Kompliment!

Unsere Unterkunft ist heute eine gemütliche tibetische Familienpension mit Blick auf den Mt. Everest (wenn man vom Plumsklo über eine Leiter auf das Dach steigt). Wir sind mittendrin im Familienleben, es ist warm und das Essen mit Liebe und Geschmack zubereitet.

Am nächsten Tag ruft dann der Berg, wir verabschieden uns von unserer Gastfamilie und radeln weiter in Richtung Basecamp. Gleißend steht der Mt. Everest vor uns in der Sonne, der Wind ist still und die Piste wie am Vortag. Aber was sind schon ein paar Bodenwellen, wenn der höchste Berg der Welt einen anlacht!? Auf die Dauer dann doch entnervend. Gegen Mittag dreht dann auch noch der Wind und bläst uns mit Orkanstärke entgegen. Gibt man 5 Kilometer vor dem Ziel auf und steigt ins Auto? Vernünftigerweise schon, wenn es 12 Prozent Steigung und eiskalten Gegenwind hat, die Gesundheit angeschlagen ist und es selbst bei höchsten Pedaleinsatz nicht mehr vorwärts geht. Meinen jedenfall Sabine, Heinz und ich und gönnen uns dann ein „schmutziges Bier“ auf der herrlich warmen Aussichtsterrasse des ansonsten jedoch ziemlich bescheidenen Hotels. Vor uns die Everest-Nordwand und die Flanke des Lotse. In den Knochen 100 Kilometer tibetischer Feldweg. Es gibt schlimmere Momente im Leben!


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2011/05/2011-04-28_1.gpx“]
[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2011/05/2011-04-29_1.gpx“]

Hupen, aber herzlich

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.04. bis 08.05.2011

Ankang war uns sehr sympathisch. Auch hier ist die alte Bausubstanz fast komplett verschwunden, das Zentrum ist ziemlich austauschbar, aber eine Stadt lebt von ihren Bewohnern. Die Bewohner von Ankang sind erfrischend, neugierig, freundlich. Die Lautsprecher am Platz des Volkes schlagen die Stunden mit den ersten Takten von „Beat It.“

Die Strecke heute war kurz und hügelig, eine saubere schöne Gegend hier, mitten durch die Teeplantagen des südlichen Shaanxi hindurch. Nichts als Tee, wirklich. Bei der Teezeremonie in Shangzhou habe ich mich schon eingedeckt, dann bin ich in der Teegasse von Ankang derart liebenswert beschwatzt worden, dass ich nochmal nachgelegt habe. Und heute sind wir inmitten einer Teeplantage untergebracht, im ruhigen, grünen Cuimingyuan, wieder Tee gekauft (von der besten Pflückung, zur Zeit des Qingming Jie vor etwa einem Monat). Ich bin Kaffeetrinker. Seit Jahren quäle ich mich mit grauenhaftem Instant-Kaffee durch, vielleicht sollte ich das mal ändern und mehr Tee trinken, der im Koffer würde erstmal für eine Weile reichen. Wird aber wahrscheinlich mal wieder verschenkt.

Schön ruhig ist es hier, es zirpt und zwitschert, das sind wir nicht mehr gewohnt nach den Kreisstädten und ihrem lustigen Toben. Die Chinesen haben ein anderes Verhältnis zum Lärm, soviel steht fest. Es muss laut sein, heiß und fettig (renao). Viele Chinesen haben in Deutschland Anlaufschwierigkeiten, weil es dort so ruhig und geordnet und langweilig zugeht. Große kulturelle Missverständnisse ergeben sich aus solchen Umständen. Dieser Teegarten hier ist eigentlich nicht der richtige Platz, um über den chinesischen Umgang mit der Hupe zu berichten, aber Albin protzt neuerdings mit seinem neuen Gerät, batteriebetrieben und fünf Melodien (dazu haben wir 3 handbetriebene Hupen und ein paar erbarmungswürdige Klingeln in unserem Bestand).

Hier wird gehupt, und es ist nicht böse gemeint. Es ist bestimmt kein Signal der Frustration und der aufgestauten Wut wie meist bei uns. Herzliches Hupen, ein Gruß, oder aber ein Warnsignal. Der chinesische Verkehr verläuft nach einem Muster, das ohne Hupe gar nicht mehr funktioniert. Wenn alles erlaubt ist, dann muss man auf sich aufmerksam machen. Inzwischen kann ich ganz gut an der Hupe erkennen, welches Fahrzeug hinter mir auftaucht (ich meine dabei nicht mal Modell oder Lautstärke, eher die Art des Hupens): Trucks hupen kurz und nachlässig, die Könige der Landstraße, die hört man auch so und zieht schnell den Schwanz ein. Wenn sie uns sehen dann wird es oft ein Stakkato, begeistert (wenn auch nicht wir)! Überlandbusse sind am schlimmsten, die einzigen Fahrzeuge vor denen man sich wirklich in Acht nehmen muss. Sie kennen weder Freund noch Feind und brettern durch die Straßendörfer als säße ihnen der Teufel im Nacken und nicht der Schalk. Man sollte sich Sorgen machen, wenn sie mal nicht hupen. Die Brotautos (mianbaoche, geformt wie ein Brotlaib, Sammeltaxis oder die Verbindung zwischen kleineren Orten) hupen eigentlich nur, wenn sie uns sehen, ein paar mal kräftig und dann sieht man meist Hände oder einen halben Oberkörper aus dem Fenster lehnen, in Verzückung. So geht das.


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2011/04/2011-04-28.gpx“]

Vom landenden Drachen zum aufsteigenden…

Tal des Roten Flusses, 09.04. bis 01.05.2011

Mit weinendem Himmel verabschiedete sich heute die Halong Bucht von uns… also kein Sonnenbaden mehr. Die nebelverhangenen Berge sahen recht andächtig aus. Aber das Wasser war immer noch so dreckig wie gestern. Am Hafen wartete unser Fahrer auf uns und wir bestiegen etwas widerwillig den Bus. Denn jetzt hieß es wieder etwa 3,5 Stunden sitzen und langweilen im Kleinbus auf Autobahnen in Richtung Hanoi.

Unterwegs sollte natürlich eine kleine Mittagspause rein um die Beine mal wieder strecken zu können. Ich sagte dem Guide die Gruppe wolle einen authentischen, kleinen Nudelimbiss am Straßenrand. Etwas später ließ er den Fahrer in eine riesige Anlage mit lauter Touristenbussen einbiegen. Ich denke nicht, dass das ein sprachliches Problem war und dass er mich nicht richtig verstand. Jetzt war ein Gesichtsverlustduell ausgebrochen… zwei Asiaten mano a mano. Entweder ich verliere mein Gesicht vor der Gruppe weil wir nun in dieser Touri-Halle hätten speisen sollen, oder er, weil er uns hierher gelockt hat. Nicht mit mir Alter! Ich fragte ihn, ob er Provision kassieren würde, wohlwissend dass hier Fahrer und Guide normalerweise nur ein Essen umsonst bekommen, wenn sie eine Reisegruppe vorbeibringen. Ich fügte hinzu, dass wir auch deren Essen mit übernehmen würden und das alles gar kein Problem wäre. Beleidigt gab Phong nach und ließ den Busfahrer später in einer Suppenküche halten. Nach der Touri-Fress-Halle aber waren entlang der Straße noch etliche weitere Fliegenfänger, wie etwa Schmuck- und Edelsteinfabriken und mehrere Touri-Malls mitten im nichts. Seine Suppe zahlte er allerdings selbst und bemängelte, dass wir das ganze Fleisch im Laden aufgegessen hätten und er nur eine Eiersuppe bekommen hatte.

Der Verkehr auf den Straßen wurde bald dichter und man merkte, dass man sich einer Großstadt näherte. Hanoi hatte früher mehrere Namen unteranderem „Thang Long“ (der aufsteigende Drache). Ein weiteres Mal überquerten wir den Roten Fluss und tauchten ein in das Getümmel. Eine wundervolle Stadt geprägt von wuselnden Motorädern, Läden aller Arten und Häuser mit einem Hauch Paris gepaart mit den Schlauchhäusern Vietnams.

Nach einer kurzen orientierungslosen Shoppingtour gingen wir gemeinsam Essen in einem Bia Hoi (Zapfbierlokal). Zusammen mit den Locals setzen wir uns auf kleine Hocker an den Tisch und genießten das kühle Bier Hanoi vom Fass. Es war mit Abstand das Beste bisher in Vietnam. Duong bestellte viel und gut. Zum Abschluss gab es mal wieder Verdauungsschnaps. Zur Feier des Tages bekam Wieland ein Vietnam T-Shirt als Dankeschön von der Gruppe für seine akkurate Leistung als Kassenwart, die vor allem in Vietnam nicht ganz leicht ist, wenn man als Multimillionär mit Hunderttausendern um sich schmeißt.

Weltkulturerbe… Hallo?

Tal des Roten Flusses, 09.04. bis 01.05.2011

Der Plan heute war die unglaubliche Grotte besichtigen, Kanu fahren und an einen entlegenen Strand fahren um nachmittags im Meer zu plantschen. Zwei Drittel der Tagesordnungspunkte gingen auch ganz gut auf: Die Höhle war in den Morgenstunden kaum besucht und wir hatten die beleuchtete Attraktion fast für uns, die Kanus (für Touristenpreise) sind immerhin nicht untergegangen und man konnte sich endlich mal wieder körperlich betätigen. Aber die Fahrt an den Strand nahm einem jede Lust ins Wasser zu gehen. Kleine Inseln von Müll und ausgegrabenen Weichkorallen schwammen an unserem Schiff vorbei. Phong, unser Guide hier auf dem Meer meinte, dass die Strömung heute schlecht wäre und wir den Strand lieber nicht sehen sollten, da wohl der ganze Müll in die Richtung fließe und sich dort sammeln würde. Wir sind im Weltkulturerbegebiet und die Leute hier scheren sich einen Dreck drum… im wahrsten Sinne des Wortes. Streckenweise schwammen Ströme von Müll an uns vorbei, sodass wir den bedeckten Nachmittag lieber an Deck verbrachten mit der Hoffnung die letzte Bräune vielleicht doch noch durch den bedeckten Himmel zu bekommen.

Zum Abendessen brachte uns der Captain unseren bestellten Reisschnaps, den leider keines der Kioskboote in den Buchten an Bord hatte. Somit war immerhin der Abend noch gerettet. Aber für die abendliche Karaoke hat es dann doch nicht mehr gereicht.

Der Mann mit der Mütze

Auf dem Dach der Welt, vom 14.04. – 09.05.2011

Da sitzt er. Tief gebeugt über einer dampfenden Tasse Tee. Die Mütze tief ins Gesicht gezogen, bis zur Sonnenbrille, die er auch jetzt noch, am späten Abend trägt. Ein Sonnenallergiker? Ein Sonderling? Ein chinesischer Dissident auf der Flucht?

Wir werden es nicht erfahren, denn der Mann kommt und geht wort- und grußlos und schlürft nur schnell eine Nudelsuppe im Hotelrestaurant. Vielleicht ist ihm auch einfach nur kalt. Da sind wir jetzt beim Thema.

Lange habe ich heute durchgehalten auf dem Rad, auf dem Weg zum Dach der Tour. Der Gyatso La (5.250 m) rief, und er rief nicht nur, sondern blies uns mit eiskaltem Atem entgegen. „Wind Chill Factor“ sagt man auf Englisch, der „Windkältefaktor“, das ist die negativ gefühlte Temperatur, wenn kalter Wind weht. Also in unserem Fall -5 Grad Außentemperatur minus ca. 20 Grad Wind Chill, macht gefühlte minus 25 Grad. Sabine, die sonst eigentlich immer alles fährt, schmeißt zusammen mit dem immer noch angeschlagenen Heinz recht früh das Handtuch, ich fühle mich eigentlich gut und quäle mich den immer steiler werdenden Pass auch bei den ersten Schneeflocken bis auf 4.900 m Höhe. Lade dann, weil das Begleitfahrzeug noch Einiges hinter mir ist, auf einen tibetischen Trekker um. Als der allerdings die Getreidesäcke eines ganzen Dorfes aufnimmt, warte ich auf das Begleitfahrzeug und gebe ebenfalls auf. Nicht aus Erschöpfung, es ist einfach zu kalt. Der Rhythmus „Treten, Einfrieren, Zurückrollen“ ist auf Dauer auszehrend. „Aber bergab fahre ich wieder!“, sage ich noch und verwerfe den Plan direkt auf dem Pass, als uns ein mit Eiszapfen gefüllt zu scheinender Wind entgegen bläst. Schade, denn da geht es wunderbar asphaltiert bergab, bis nach Baipa, dass auf 4.300 Metern Höhe liegt.

Dort laden wir ab, steigen im frisch renovierten und daher erstaunlich guten und vor allem heizbaren Baipa Hotel ab und wärmen uns. Erst unter der Bettdecke, dann der Dusche und schließlich unter einem Heizpilz im Hotelrestaurant. Eine Stadtbegehung des kleinen Wildweststädtchens haben wir wegen eines Eis-Sand-Sturmes abgebrochen.


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2011/05/2011-04-27.gpx“]

Nach getaner Arbeit…

Tal des Roten Flusses, 09.04. bis 01.05.2011

Nun heißt es zurück lehnen, auf Sonne hoffen, Badehose rausholen, die 50er Sonnencreme einpacken und die 15er rausholen und die Perle Vietnams genießen. In jedem zweiten vietnamesischen Restaurant im Ausland hängt mindestens ein Bild der Halong Bucht. Das riesige Areal von Karstbergen erstreckt sich über ein Gebiet von etwa 1500 km² mit über 3000 kleinen Inseln. Der Legende nach schuf sie ein riesiger Drache, der zum Schutz der Vietnamesen riesige Perlen in den Weg der angreifenden Schiffe (vermutlich eine chinesische Flotte) spuckte, daraus entstanden die Inseln so wie sie heute zusehen ist.

Nach einer vierstündigen Busfahrt kamen wir in Halong City an. Die Stadt ist nur auf den Tourismus aus. Es besteht zwar auch ein Frachthafen, dieser verblasst aber gegen die Masse von anliegenden Touristenbooten. Wir betraten die MS Anh Duong, die komplett uns zur Verfügung stand, tranken den Begrüßungscocktail aus, stürmten aufs Sonnendeck und tuckerten Richtung Halong Bucht. Das Wetter spielte mit und zeigte die Perle Vietnams von seiner schönsten Seite. In einer der Halteplätze ankerten wir neben zig weiteren Booten und sprangen vom Deck ins erfrischende, salzige Nass. Mit drei Decks hatte man wie im Freibad die Wahl, ob man vom Einer, Dreier oder Fünfer springen wollte. Der Rest des Abends bestand aus in die Ferne schweifenden Blicken, Seufzern und zufriedenem Grinsen.

Leider werden die Generatoren der Schiffe nachts nicht mehr ausgestellt, da es seit einem nächtlichen Unglück wohl neue Vorschriften bestehen. So hat man in den netten kleinen Kajüten bei offenem Fenster statt leisem Meeresrauschen und Seebriese, Motorbrummen und Dieselgeruch. Auch im Paradies kann nicht alles perfekt sein.