Qingming

Hafen der Düfte, 26.03. bis 10.04.2011

Es ist wieder relativ viel los auf Hongkongs Wanderwegen, denn heute ist Qingming, das chinesische Totengedenkfest. Das klingt jetzt vielleicht zusammenhangslos, aber Qingming ist Feiertag und die Menschen haben Zeit, auszuschreiten. Das Fest wird ernst genommen, Familien versammeln sich üblicherweise an Gräbern und Friedhöfen, Opfergaben werden abgebrannt und die Grabstellen gesäubert. Die South China Morning Post hat heute eine schöne Opfergabe abgebildet: die komplette Happy Valley-Rennbahn mit Pferden und Reitern und allem drum und dran, aus Papier. Für einen ehemaligen Wett- und Pferdenarr gedacht, hoffe ich mal. Früher wurden noch dazu im ganzen chinesischen Kulturkreis Straßenopern und andere Belustigungen dargeboten, einzig für die Geister der Ahnen, die an diesem Tag Auslauf haben und gut gestimmt werden wollen. Das alles scheint nun nicht mehr so wichtig, nicht mal Familienzusammenkünfte vor Gräbern haben wir heute gesehen. Aber wir haben auch kaum Gräber gesehen. Seltsam, die Gegend um Sai Kung und all die verlassenen Dörfer müssen dafür nicht das richtige Feng Shui bieten.

In Sai Kung und Umgebung haben wir nämlich unsere letzte Wanderrunde gedreht, auf und ab die fantastische Küste entlang. Angefangen hat die Tour beim High Island Reservoir, dem größten Stausee und wichtigsten Wassergeber der Stadt. Der Wasserstand war ganz schön niedrig, es wird Zeit dass die Regenzeit kommt, dauert ja nicht mehr lange. Hongkong hatte immer mit Wasserknappheit zu kämpfen, in den Sommermonaten schüttet es zwar täglich, aber es sind einfach zu viele Menschen auf zu wenig Raum. Ohne größere Flüsse, ohne einem wasserreichen Hinterland. Wir sind an einigen Reservoirs vorbeigewandert, u.a. dem ältesten auf Hongkong Island (Pok Fu Lam) und jetzt auch dem größten: das High Island Reservoir war politisch umstritten, geplant wurde es Anfang der 1970er, als absehbar war, dass zumindest die Territories 1997 an die VR zurückfallen würden. Die Briten wussten, dass sie das Megaprojekt schlussendlich für die Chinesen bauen würden. Die 1950er und 60er hatten einige extrem trockene Perioden, Wasser musste teuer vom Festland gekauft werden (wenn der Hahn nicht komplett zugedreht wurde), es bestanden also keine Alternativen. Von 1972 bis 1978 dauerten die Bauarbeiten, Leung Shuen Wan (High Island) wurde mit zwei Dämmen an die Sai Kung-Halbinseln angebunden, Hongkong dankt.

Wir sind zunächst über den östlichen Damm des Reservoirs gelaufen, dann die Tai Long Wan-Buchtenlandschaft entlang. Verschiedenste Schattierungen von blau und grau herrschen vor, eine herbe Schönheit. Mit dem Taxi geht es später wieder nach Kowloon und wir essen gut zu Abend, Teochew-Küche, das war es dann schon mit unser Wanderung. Schade. Wir sind immer besser in Tritt gekommen, das Wetter hat mitgespielt und es gibt noch viel mehr zu entdecken. Aber morgen steht Macau auf dem Programm. Die nächsten Tage werden im Zeichen des Glücksspiels stehen, und das bei meinem Horoskop…


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