Macau, du Bastard!

Hafen der Düfte, 26.03. bis 10.04.2011

Die kleine portugiesische Kolonie von einst ist eine Geldmaschine geworden, über 80 Milliarden Euro gehen derzeit monatlich über die Tische der Kasinos, weit über eine Billion im Jahr! Las Vegas ist dagegen wie das jährliche Poker-Wochenende im Jugendhaus (etwas überspitzt, aber selber Schuld, dort wird nicht mal ein Drittel umgesetzt). Wir waren abends im Venetian, schon wieder das verdammte Venedig, wahrscheinlich habe ich deshalb ziemlich unleidig mein Pensum verzockt und gut. Meine Mitstreiter sind gar nicht erst in Versuchung gekommen, Chapeau! Venedig diesmal mit allem Pipapo. Markusplatz, Seufzerbrücke, Kanäle etc. etc., untergebracht im fünftgrößten Gebäude der Welt, fühlt sich größer an als das eigentliche Venedig. Natürlich ist es das größte Kasino der Welt, 3mal so groß wie der sieche Vorfahre in Vegas. 25 000 Leute sind hier beschäftigt.

Im Guardian gab es neulich einen interessanten Artikel über Macau und die Kasinos. Es sind fast nur Festland-Chinesen, die hier endlich ihre Spielleidenschaft entfesseln und Haus und Hof verzocken dürfen (der Staat streicht 39 Prozent vom Gewinn ein). Man darf als Bürger der VR eigentlich nur etwa 2000 Euro über die Grenze bringen, die meisten Spieler zahlen deshalb zuhause in Fonds ein, die von den chinesischen Triaden kontrolliert werden. Das Geld plus ein großzügig eingeräumter Kredit wird ihnen ausgezahlt,sobald sie in Macau ankommen, die Spieler bekommen außerdem die besten Konditionen und den feinsten Service der Kasinos, gespielt wird VIP-Räumen, wo unsereins nie hinfinden würde und nie hinfinden wollte, das hoffe ich jedenfalls für die allgemeine geistige moralische finanzielle Hygiene (immer wieder ein schönes Wort). Viele Chinesen begeben sich in unschöne Abhängigkeiten.

Aber wir waren ja zunächst da, wo Macau am ursprünglichsten ist, nämlich nicht in Macau. Sondern in Coloane und in Taipa, den Nachbarinseln bzw. der Nachbarinsel, denn das unscheinbare Stückchen Meer dazwischen ist längst zum „Cotai-Strip“ aufgeschüttet und in Beschlag genommen von der nächsten alles übertreffenden Casino-Generation. Die Inseln waren früher Piratensache und wurden erst Mitte des 19. Jahrhunderts von den Portugiesen in Besitz genommen. Am Südzipfel ist die kleine Siedlung Coloane, entzückend! Opfergaben gab es für Tin Hau bzw. Mazu, die Göttin der Seefahrer, einfach deshalb weil sie die Schutzheilige der chinesischen Küsten ist und sich sanft die meisten Tempel von Hongkong und Macau Untertan gemacht hat. Diese wurden an die Küsten gebaut und liegen inzwischen, zumindest in Hongkong, oft weit im Landesinneren.

In Coloane sollen ja die besten Eiertörtchen der asiatischen Welt produziert werden, in Portugal sind sie als Pastéis de Nata bekannt, tatsächlich ist der portugiesische Einfluss in der Ecke hier nach wie vor größer, als es zunächst den Anschein hat.In der Altstadt von Taipa essen wir ausgezeichnet Bacalao und Reis mit Meeresfrüchten, trinken dazu Sagres-Bier und grünen Wein, es ist skurril, dieses Gemisch aus portugiesischer und kantonesischer Kultur. Die Straßenschilder mit ihren ausufernden, portugiesischen Bezeichnungen (meistens katholische Heilige), darunter die hinterhergaloppierenden chinesischen Schriftzeichen.