Meister Zhang

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.04. bis 08.05.2011

In Ankang habe ich noch mit Volker telefoniert (im Sonnenbad, während er sich gerade mit Nudelsuppe gegen tibetischen Frost versucht hat). Synergieeffekte nutzen, Kommunikation auf die Spitze treiben. Volker hat die Drei Schluchten-Tour geplant und natürlich musste ich lobhudeln und ihm sagen, wie schön die Strecke doch ist. Aber es ist ja die Wahrheit. Jedenfalls meinte er, sie würde noch schöner. Und siehe da, sie ward noch schöner, heute.

Es wird immer grüner und immer fruchtbarer, Teeplantagen, Reisfelder, Gemüsebeete. Eingebettet in eine Berglandschaft, die markant aber nicht mehr so schroff ist wie noch vor ein paar Tagen. Die jungen Bambustriebe werden derzeit ausgelesen, die schmecken lecker und sind gesund. Dazu hatten wir wieder güldenes Wetter, mittags sehr heiß, aber wer wollte sich da beschweren. Es war immerhin unsere Königsetappe, fast 125km und meist bergan, trotzdem waren beim Abendessen alle begeistert (oft kommt das ja Tage später, wenn man sich wieder erholt hat). Jetzt in Zhenping, einer aufgeregten kleinen Stadt, Massen von neugierigen Kindern scharwenzeln um uns herum und freuen sich besonders über unsere kleine Feuerwerkeinlage auf dem Stadtplatz, das böllerte um halbzehn in die Luft hinaus, die Polizei stand dabei und hat sich auch gefreut.

Sehr beeindruckend war die Begegnung mit Zhang Xuefeng, Maler und Kaligraph. Albin und Matthias waren zufällig in dessen Klause gerollt, versteckt im Nichts am Wegesrand, wahrscheinlich durch den kleinen Pavillon angelockt, der hier gerade im Bau ist. Zhang Xuefeng lebt wie die alten daoistischen Meister zurückgezogen in der Natur, einfach und bescheiden, wie bei den Vorbildern verschwindet der Mensch in seinen Bildern in einer gewaltigen Landschaft, ganz klein und ganz vergänglich. Meister Zhang hat uns zwei seiner Bilder geschenkt und wollte beim besten Willen nichts dafür. Er hat uns durch sein kleines Bauprojekt geführt, seine kleinen wunderschönen Gemälde gezeigt und dabei gestrahlt.


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Die Oase im Chaos

Tal des Roten Flusses, 09.04. bis 01.05.2011

Das Überqueren von Straßen in Hanoi will geübt sein. Es hält hier keiner für Fußgänger an, aber direkt überfahren wird man natürlich auch nicht. Die Regeln sind: Nicht trödeln aber auch nicht überhasten. Der Rest ergibt sich von selbst. Gemeinsam spazierten wir zum Literaturtempel. Erbaut im Jahre 1070 gilt er als einer der wichtigsten Konfuziustempel außerhalb Chinas. Eigentlich Paradox, dass die Vietnamesen über die Geschichte hinweg so verfeindet mit den Chinesen waren und doch einen so starken Chinesischen Einfluss haben… wie etwa der Konfuzianismus. Etwa 100 Jahre nach der Befreiung von China Mitte des zehnten Jahrhunderts, übernahm man die chinesische Religion und betete nun einen Chinesen an. Selbst die Könige führten den Kowtow aus vor der Statue Konfuzius.

Die Anlage war gut restauriert, ohne überzogen zu wirken und man hatte eine ruhige Auszeit von den stressigen Straßen draußen. Der wichtigste Teil der Anlage bildet der Dritte Hof mit den Namenstafeln der Absolventen der Universität zwischen 1442 und 1779, die ehrenvoll auf dem Rücken von Schildkröten getragen werden und um den See der Himmlischen Klarheit aufgestellt sind.

Anschließend gingen wir durch das Botschaftsviertel zu Onkel Ho, wohlwissend dass wir ihn heute nicht zugesicht bekommen würden. Denn abgesehen vom Wochenende sind Montag und Freitag für ihn zusätzlich Ruhetage. Trotz dem verlängerten Wochenende möchte man nicht die Plätze mit ihm tauschen. Immerzu muss er wieder hübsch gemacht werden, um sich der Masse zu präsentieren. Dabei wollte er doch kremiert und über die Reisfelder verstreut werden. Auch die Vereinigung des Landes, für die er sein Leben lang gekämpft hatte, hat er nicht mehr mitbekommen.

Mit leichtem Magenknurren stiegen wir ins Taxi um wieder zur Altstadt zurückzufahren. Schließlich wirkten die Straßen hier etwas leer und eine Auswahl an Essmöglichkeiten hatte man nicht. Wir quetschen uns in 2 Taxen und stellten fest, dass der Zähler ziemlich willkürlich zählte. Angekommen am Ziel waren es eigentlich Deutsche-Taxi Preise, die wir hätten zahlen sollen. Panisch rief ich Duong an, der meine Befürchtung bestätigte. Statt 400000 zahlten wir 100000 und überließen den Fahrer sich selbst. Zum anderen Taxi kam ich allerdings zu spät. 500000 haben sie für die kurze Strecke abtreten müssen. Aber der Fahrer hielt bewusst an einer abgelegenen Stelle und drängte die Gruppe zum möglichst schnellen Bezahlen und Verschwinden.

Zwischen Schuhläden fanden wir einen einladenden Bun Cha Imbiss. Bun sind runde Reisnudeln (anders als die platten Pho) und Cha ist Grillen (in diesem Fall gegrilltes Schweinefleisch). Entsprechend gut gestärkt konnte die Shoppingtour beginnen. Das Stadtleben mit Cafés und den Abermillionen von Läden machte uns alle mehr an, als das historische Museum zu besichtigen.

Angedacht war ein Abschlussessen im netten kleinen Innenhof des Hanoi Garden. Als wir ankamen aber weigerte sich die Bedienung einen Tisch im Freien aufzustellen da es regnen könnte. Na klar könnte es regen! Wir sind im Tropengebiet! Na und? Gegen Schweigen und betretenem freundlichem Lächeln komme ich aber nicht an… dann halt doch drinnen. Mit dem Essen lag ich hier aber auf der sicheren Seite. Was soll man auch bei Schweinefleisch süß-sauer, Huhn mit Cashew, etc. groß falsch machen? Anschließend ging es zum letzten Programmpunkt unserer Reise: das Wasserpuppentheater. Der Name ist eigentlich selbsterklärend. Es gibt eine Bühne, die über einem größeren Wasserbecken aufgebaut ist. Begleitet von einem vietnamesisch klassischem Orchester, tanzen die Holzpuppen, gelenkt von Stangen und Seilzügen, über die Wasseroberfläche. Die Akte zeigten Episoden aus der vietnamesischen Geschichte und Legenden, z.B. wie der Drache sich aus dem Erdboden erhob und Hanoi entstand.

Zum Abschluss kehrten wir wieder im Bia Hoi ein. Nichts geht über ein kühles frisch gezapftes Bier mit leckeren Erdnüssen. Diese feierliche Atmosphäre nutzte ich um die Bia Hoi Medaille als Auszeichnung für unsere Trinkfreudigkeit auszuhändigen.

Der Badmintonclub am Nebentisch bemerkte gleich, dass wir was zu feierten hatten und ließ die Chance nicht nehmen auf ein paar Bier mit uns anzustoßen… auf Ex versteht sich! Als Reiseleiter übernimmt man natürlich auch hier die Verantwortung und trinkt stellvertretend für die, die noch geradelaufend ins Hotel gehen wollen.

Weil er da ist!

Auf dem Dach der Welt, vom 14.04. – 09.05.2011

Die Kältewelle hält an. Immerhin, die Sonne scheint und es scheint ein klarer Tag zu werden. Das ist wichtig, denn wir fahren die nächten zwei Tage in Richtung Mt. Everest Base Camp. Warum? „Weil er da ist, der Berg!“, wie der Kollege Malleroy (und nicht wie fälschlicherweise, auch von mir in meinem letzten Blog kolportiert, Sir Edmund Hillary) erklärt hat, warum er den Mt. Everest besteigen wolle. Zwischen Bergfuß und unserem Standpunkt liegen 120 km Piste, das einzig nicht alphaltierte Teilstück unserer Tour. Und ein 5.100 Meter Pass. Na dann, Berg heil!

Aber erst einmal rollt es gut dahin auf Flüsterasphalt, die ersten 10 Kilometer radeln wir noch auf dem Friendship Highway. Dann zweigt ein Feldweg ab, der extra für den olympischen Fackellauf 2008 neu ausgebaut wurde. Seitdem ist viel Schotter den Berg heruntergegangen und der Weg stellt tatsächlich eine radfahrerische Herausforderung dar. Vor allen Dingen, weil es ziemlich schnell recht knackig bergauf geht. Diesmal ist Sabine die Heldin und hält tatsächlich durch! 75 Kilometer auf schwieriger Piste, mit einem Pass, der sich dann doch als 5.200er entpuppt, und einer Abfahrt, die Mark und Bein erschüttert. Dieselbige wird mir zum Verhängnis. Mein so geliebtes und treues Koga-Rad ist nun (und von mir ja auch so gewollt) kein Mountain Bike, und so zieht es mir in einer besonders holprig-sandigen Kurve das Vorderrad weg. Mehr als eine Schramme am Knie und ein paar blauen Flecken ist nicht passiert, aber die Etappe ist für mich mental erst einmal zu Ende. Sabine und Heinz sind derweil in ihrem Element und reizen ihre Mountainbikes voll aus. Und Sabine wird am Ende die einzige sein, die die Etappe inklusive Pass komplett gefahren ist. Kompliment!

Unsere Unterkunft ist heute eine gemütliche tibetische Familienpension mit Blick auf den Mt. Everest (wenn man vom Plumsklo über eine Leiter auf das Dach steigt). Wir sind mittendrin im Familienleben, es ist warm und das Essen mit Liebe und Geschmack zubereitet.

Am nächsten Tag ruft dann der Berg, wir verabschieden uns von unserer Gastfamilie und radeln weiter in Richtung Basecamp. Gleißend steht der Mt. Everest vor uns in der Sonne, der Wind ist still und die Piste wie am Vortag. Aber was sind schon ein paar Bodenwellen, wenn der höchste Berg der Welt einen anlacht!? Auf die Dauer dann doch entnervend. Gegen Mittag dreht dann auch noch der Wind und bläst uns mit Orkanstärke entgegen. Gibt man 5 Kilometer vor dem Ziel auf und steigt ins Auto? Vernünftigerweise schon, wenn es 12 Prozent Steigung und eiskalten Gegenwind hat, die Gesundheit angeschlagen ist und es selbst bei höchsten Pedaleinsatz nicht mehr vorwärts geht. Meinen jedenfall Sabine, Heinz und ich und gönnen uns dann ein „schmutziges Bier“ auf der herrlich warmen Aussichtsterrasse des ansonsten jedoch ziemlich bescheidenen Hotels. Vor uns die Everest-Nordwand und die Flanke des Lotse. In den Knochen 100 Kilometer tibetischer Feldweg. Es gibt schlimmere Momente im Leben!


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