Hupen, aber herzlich

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.04. bis 08.05.2011

Ankang war uns sehr sympathisch. Auch hier ist die alte Bausubstanz fast komplett verschwunden, das Zentrum ist ziemlich austauschbar, aber eine Stadt lebt von ihren Bewohnern. Die Bewohner von Ankang sind erfrischend, neugierig, freundlich. Die Lautsprecher am Platz des Volkes schlagen die Stunden mit den ersten Takten von „Beat It.“

Die Strecke heute war kurz und hügelig, eine saubere schöne Gegend hier, mitten durch die Teeplantagen des südlichen Shaanxi hindurch. Nichts als Tee, wirklich. Bei der Teezeremonie in Shangzhou habe ich mich schon eingedeckt, dann bin ich in der Teegasse von Ankang derart liebenswert beschwatzt worden, dass ich nochmal nachgelegt habe. Und heute sind wir inmitten einer Teeplantage untergebracht, im ruhigen, grünen Cuimingyuan, wieder Tee gekauft (von der besten Pflückung, zur Zeit des Qingming Jie vor etwa einem Monat). Ich bin Kaffeetrinker. Seit Jahren quäle ich mich mit grauenhaftem Instant-Kaffee durch, vielleicht sollte ich das mal ändern und mehr Tee trinken, der im Koffer würde erstmal für eine Weile reichen. Wird aber wahrscheinlich mal wieder verschenkt.

Schön ruhig ist es hier, es zirpt und zwitschert, das sind wir nicht mehr gewohnt nach den Kreisstädten und ihrem lustigen Toben. Die Chinesen haben ein anderes Verhältnis zum Lärm, soviel steht fest. Es muss laut sein, heiß und fettig (renao). Viele Chinesen haben in Deutschland Anlaufschwierigkeiten, weil es dort so ruhig und geordnet und langweilig zugeht. Große kulturelle Missverständnisse ergeben sich aus solchen Umständen. Dieser Teegarten hier ist eigentlich nicht der richtige Platz, um über den chinesischen Umgang mit der Hupe zu berichten, aber Albin protzt neuerdings mit seinem neuen Gerät, batteriebetrieben und fünf Melodien (dazu haben wir 3 handbetriebene Hupen und ein paar erbarmungswürdige Klingeln in unserem Bestand).

Hier wird gehupt, und es ist nicht böse gemeint. Es ist bestimmt kein Signal der Frustration und der aufgestauten Wut wie meist bei uns. Herzliches Hupen, ein Gruß, oder aber ein Warnsignal. Der chinesische Verkehr verläuft nach einem Muster, das ohne Hupe gar nicht mehr funktioniert. Wenn alles erlaubt ist, dann muss man auf sich aufmerksam machen. Inzwischen kann ich ganz gut an der Hupe erkennen, welches Fahrzeug hinter mir auftaucht (ich meine dabei nicht mal Modell oder Lautstärke, eher die Art des Hupens): Trucks hupen kurz und nachlässig, die Könige der Landstraße, die hört man auch so und zieht schnell den Schwanz ein. Wenn sie uns sehen dann wird es oft ein Stakkato, begeistert (wenn auch nicht wir)! Überlandbusse sind am schlimmsten, die einzigen Fahrzeuge vor denen man sich wirklich in Acht nehmen muss. Sie kennen weder Freund noch Feind und brettern durch die Straßendörfer als säße ihnen der Teufel im Nacken und nicht der Schalk. Man sollte sich Sorgen machen, wenn sie mal nicht hupen. Die Brotautos (mianbaoche, geformt wie ein Brotlaib, Sammeltaxis oder die Verbindung zwischen kleineren Orten) hupen eigentlich nur, wenn sie uns sehen, ein paar mal kräftig und dann sieht man meist Hände oder einen halben Oberkörper aus dem Fenster lehnen, in Verzückung. So geht das.


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Ein Kommentar:

  1. wenn man sich vorstellt, dass man bei uns nicht einfach so hupen darf – nur in begründeten fällen …..
    wie schön, wenn nicht alles reglementiert wird.

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