Venedig des Ostens

Hafen der Düfte, 26.03. bis 10.04.2011

Warum warum warum. Jedes asiatische Kaff mit einem Kanal und zwei Brücken drüber hängt sich mittlerweile den Zusatz „also called the Venice of the East“ an. Lesen kann man es mal wieder in einem Prospekt über das Fischerdörfchen Tai O und in diesem Fall kann es wirklich nur dem schwarzen Humor zynischer Marketing-Strategen geschuldet sein. Gekichert werden sie haben, hinter vorgehaltener Hand. Ein Freund von mir erzählt jedem Besucher, dass Berlin mehr Brücken hat als Venedig. Noch nicht mal diese spektakuläre Information interessiert irgendjemanden (hoffentlich liest er nicht mit). Mein Plädoyer fällt eindeutig aus: Schluss mit Venedig-Vergleichen!

Tai O, das reizende kleine Fischerdörfchen, war Endpunkt unserer Wanderung heute, begleitet von blauem Himmel und Sonnenschein und einem lauen Lüftchen aus Nordost. Wir sind hier nur kurz durchgebummelt und haben dann im Fook Moon Lam Restaurant gut Meeresküche gegessen, und schon ging es mit dem Bus wieder zurück in unser Hotel in Mui Wo. Kein Mahjong heute, zu müde und zu viel Sonne, nur ich muss hier wieder schreiben alleine in der Nacht.

Die Wanderung ging um den Südwestzipfel von Lantau herum, bessergesagt um den südwestlichsten Punkt der Hongkong SAR überhaupt. Die Fan Lau Halbinsel trennt das Südchinesische Meer vom Perfluss-Delta, wie der Name schon sagt, Fan heißt „trennen“, Lau heißt „Fluss“/“Strom“. Im Südchinesischen Meer waren wir gestern baden und heute im Delta, das Wasser ist kalt aber man härtet ab mit der Zeit. Die Strände rings um die Halbinsel hatten wir alle für uns.

Der Weg am Delta entlang zum Venedig des Ostens führt durch Dickicht und Geisterdörfer, Bilder hängen an Wänden und Töpfe stehen auf Kommoden, irgendwann scheinen die Leute einfach gegangen zu sein. Wir haben den ganzen Tag fast niemanden zu Gesicht gekriegt, aber dann ist doch der letzte Überlebende von Fan Lau aufgetaucht wie aus dem Nichts, steinalt und zahnlos und guter Dinge, wir haben nett aneinander vorbeigeplaudert. Der kleine Weg die Küste hinauf muss im letzten Jahr übrigens gepflegt worden sein, wahrscheinlich von Kohorten fleißiger Pfadfinder. Als ich das letzte mal hier gegangen bin war alles mit Treibgut zugemüllt, Tausende von Plastiksandalen waren angeschwemmt. Der Müll ist keine Sensation wenn man weiß, was sich nicht so weit nördlich von Lantau zusammenballt: an Industrie, an Urbanität. Am Delta wachsen Riesenstädte zu einem Ballungsgebiet von über 40 Millionen Menschen ineinander, dafür ist das Wasser hier kristallklar azurblau smaragdgrün. Schwärme von Schmetterlingen sind uns gefolgt, das stimmt wirklich.


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2 Kommentare:

  1. wie schön, mal wieder jeden tag mitlesen zu können, was euch widerfährt. so langsam hätte ich doch lust dabei zu sein trotz des frühlingshaften wetters hier, die bilder sind zu einladend..
    nett aneinander vorbeigeplaudert – nett ausgedrückt..

  2. Sehr brav ……… wir (alle diejenigen halt, welche auch ein Kommentar abgeben) und die andern denken es sich ……….
    THANKS ….. weiter so !

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