Energie

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.04. bis 08.05.2011

Zum Schluss noch ein paar Sätze aus Shanghai, der Stadt der Städte. Meine Truppe ist gerade davongeschwebt, ich bleibe noch ein bisschen und fliege dann heute Nacht. Gestern waren wir mal wieder singen, in einem anrüchigen Etablissement. Zum dritten Mal Karaoke auf einer Reise, das sagt viel über die Harmonie in der Gruppe, alles lief rund. Keine Unfälle, kaum Pannen, blendendes Wetter. China, das sich von seiner besten Seite gezeigt hat. Die beste Presse hat es ja nicht gerade. Ich kann nur empfehlen sich selber ein Bild zu machen, es ist das aufregendste Land das ich kenne. Und die Drei Schluchten-Tour geht mitten durch sein Herz, großartig. Die Tour ist radfahrerisch aber vielleicht die härteste, die wir im regulären Programm haben.

Der Geist von China manifestiert sich auf der ganz großen Bühne in Shanghai, das ständige Werden und Wachsen, zunehmend auch auf einer Ebene, die Form und Stil hat. Die Stadt hat sich vor der letztjährigen Expo schick gemacht, für den Besucher war sie in den Jahren davor deshalb von Chaos und Großbaustellen geprägt. Jetzt darf man wieder über den Bund spazieren oder am Suzhou-Fluss entlang, beide Promenaden sind elegant, mit Understatement. Der Aufwand hat sich gelohnt und so ist es an vielen Ecken der Stadt. Man hat das Gefühl, dass sie auf architektonischer Ebene ihr eigenes Gesicht entwickelt. Vor den Abrissorgien der 90er waren die Shikumen-Häuser stilprägend, schmale doppelstöckige Gebäude, eine Gasse neben der anderen. Es gibt nur noch wenige Viertel mit diesen Häusern, zwischen „Altstadt“ und Huangpu etwa, dort fühlt sich das Leben noch sehr traditionell an. Einige dieser Viertel sind geschmackvoll hergerichtet worden, die Taikang Lu ist so ein Vorzeigeprojekt. Aber der Rest der Stadt will sich nicht mit Nostalgie aufhalten und stürzt der Zukunft entgegen. Die Frage, WO unsere Zukunft gestaltet werden wird, stellt sich eigentlich kaum noch wenn man mal hier war.

Mittags ziehen die Temperaturen an, ab nächstem Monat wird es hier fast unerträglich heiß und schwül sein. Morgens und abends bzw. nachts sind die besten Zeiten in Shanghai: morgens wenn es aufwacht und die Energie sich ruhig aber stetig aufbaut, an jeder Ecke, beim Taiji, beim Standardtanz oder bei den Schwert-oder Fächertänzen. Und nachts, wenn man durch ein einziges Lichtermeer spaziert. Shanghai ist jedenfalls nochmal ein Ausrufezeichen, die würdige Endstation. Dank und Kompliment an die Familien Zhuang und Wei, an die Damen Shi und Shen, an die Herren Hu und Liang. Ich selber bin in zwei Monaten auf der Seidenstraße unterwegs. Lauter schöne Touren dieses Jahr, das gefällt! Aber jetzt erstmal ins Büro und hoffen, dass die Kollegen dort recht nett zu mir sind.

Die Zähmung

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.04. bis 08.05.2011

Den Tag gestern haben wir dem Yangzi geschenkt und er hat es uns mit schönen Impressionen gedankt. Von seiner Wildheit ist hier am Mittellauf durch die Staumauern einiges verloren gegangen, trotzdem glorreich. Die Zähmung der Flüsse ist ein wiederkehrendes Motiv in der chinesischen Geschichte, eins der wichtigsten: Da Yu, der legendäre Urkaiser, soll damit die chinesische Zivilisation geschaffen haben. Alle chinesischen Kaiser waren Mittler zwischen Himmel und Erde und damit direkt verantwortlich für die Kapriolen der Natur. Wenn Überschwemmungen oder Dürrezeiten das Reich plagten, dann drohte der gerechte Zorn des Volkes. Das Mandat des Himmels durfte entzogen werden. Überschwemmungen des Yangzi haben auch im 20. Jahrhundert für Millionen Opfer und Unruhe im Volk gesorgt, insofern schreibt der Drei Schluchten-Damm chinesische Geschichte im Verhältnis von Herrschenden und Untertanen fort.

Wir haben den Damm gestern besichtigt, nicht schlecht, aber so richtig ehrfurchterregend wird er erst, wenn man weiß, was für Massen sich dahinter aufstauen: über 600km ist der Fluss nun gestaut, bis nach Chongqing, auf die doppelte Wasserfläche des Bodensees. Die Hebewerke sind die größten ihrer Art weltweit und der Fluss ist nun ohne Probleme auch für Hochseekähne schiffbar, bis weit in den Westen. Neben der Flussregulierung und seinem Ausbau als Wasserstraße ist es aber vor allem das Energiepotential, welches den Damm einzig macht. Mit Hilfe des entstandenen Gefälles soll ein Zehntel der chinesischen Bevölkerung mit Strom versorgt werden. Das sind unglaubliche Leistungen, sie werden am Damm gefeiert dass es kracht. Von den negativen Konsequenzen – den Umsiedelungen, der Unberechenbarkeit etc. – ist hier natürlich nicht die Rede.

Chinesische Propaganda oder nicht, die westliche Berichterstattung ist fast ebenso einseitig, meistens selbstgefällig und heuchlerisch. Man weist z.B. gerne auf die Umweltschäden hin, und richtig so: überschwemmte Industrieanlagen, der Abfall der sich im Becken stauen wird, Verschlickung des Damms und Entschlickung des Unterlaufs usw. Man fordert aber zur gleichen Zeit, als sei es eine Selbstverständlichkeit, dass China seinen CO2-Ausstoß reduzieren solle (derzeit werden hier 75% der Energie aus der Kohle generiert), man will, dass auf Atomkraft verzichtet wird. Der Damm hat die Energieleistung von 8 – 18 mittleren Atomkraftwerken, je nach Schätzung und Turbineneinsatz. In der Provinz Yunnan haben sehr viele Häuser Solarkollektoren auf dem Dach. In Nordwest-China stehen die größten Windkraftanlagen der Erde. Wasser, Sonne, Wind. Wo soll denn die Energie sonst noch herkommen für das Land? Deutschland, das alles besser weiss und lange Zeit hatte, aus seinen Fehlern zu lernen, bezieht gerade mal 10 Prozent aus erneuerbaren Energien, sonst wie gehabt: Kernenergie, Kohle, Erdgas. Und deutsche Firmen (Siemens, Voith) haben bestens mit dem Damm verdient.

Wir sind mittags den Yangzi entlanggeradelt, durch das herrliche Tal hinter dem Damm, auch über unseren letzten kleinen Pass. Welf ist dann noch die Kette gerissen, das hat der Fahrradtour einen schönen Rahmen gegeben. Die Ankunft in Yichang war chaotisch, am Hotel haben wir unseren Triumph begossen und die Räder ummontiert, dann erst habe ich gemerkt, dass es das falsche ist. Yichang ist eine Millionenstadt und man schiebt sein Rad mal nicht eben über die Straße zur richtigen Herberge. Das konnte uns nicht aus der Ruhe bringen, für alles findet sich eine Lösung und irgendwann lagen wir satt, müde und zufrieden im Bett.

Und jetzt sind wir schon in Wuhan, einer selbst für chinesische Verhältnisse großen Stadt, der Metropole im Zentrum des Landes. Über die allererste Brücke über den Yangzi (1957) sind wir gefahren und haben die Gelbe Kranich-Pagode gesehen. Im Guiyuan-Tempel haben uns 500 Arhats beäugt, dann haben wir lustige Fleischersatz-Gerichte zu Mittag gehabt. Das Provinzmuseum wusste mit uralten Funden zu beeindrucken: Prinz Yi von Zeng hat sein Grab noch zur Zeit der Streitenden Reiche, also vor der ersten Reichseinigung (221 v.Chr.), bequem ausstatten lassen, ausgefeilte Bronzekunst und schräge Musikgegenstände, vor allem aber Unmengen stilvoller Trinkgefässe sind darin gefunden worden, bestens konserviert. Der Mann wusste zu leben. Und abends sind wir schließlich durch Hankou spaziert, dem ehemaligen Konzessionsviertel. Über Wuhan gibt es so viel zu erzählen, aber irgendwann muss ja mal Schluss sein für heute.

Mashang

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.04. bis 08.05.2011

22 Uhr und ich warte auf Gepäck und Räder, der LKW ist heute morgen zeitgleich mit uns in Fengjie gestartet und lässt noch immer auf sich warten, etwa 250km für den ganzen Tag, das kann vorkommen. Wir sind die Strecke mit dem Luftkissenboot in knapp 4 Stunden gefahren. Der Yangzi ist nach wie vor der schnellste Transportweg in dieser Gegend. Mit Bau des Damms können die Hochseefrachter mittlerweile bis nach Chongqing fahren, der Fluss gewinnt also eher an Bedeutung als dass er verliert. Ein Zehntel der Menschheit lebt am Yangzi, das muss man sich mal vorstellen. Am Langen Fluss.

Der Gepäckfahrer hat jetzt schon ein paarmal „mashang“ gesagt, das ist immer ein schlechtes Zeichen (wörtlich: er „sitzt auf dem Pferd“ und galoppiert mental schon um die Ecke, das kann wirklich alles heißen). Aber eigentlich muss er sich gar nicht beeilen, denn hier ist alles höchst entspannt. Das Wetter hat sein kurzes Tief überwunden und einige unserer Häupter glühen rot, die Wetterwechsel können einen aber auch überfordern. Den Yangzi haben wir heute durchpflügt, langsame öffentliche Verbindungen sind mittlerweile unberechenbar und kaum noch zu bekommen, die drei großen Schluchten sind nur so vorbeigesaust. War schön und auch gut so. Die Schluchtenlandschaften der letzten Woche kann das ohnehin nicht übertreffen, bei weitem nicht.

Jetzt sind wir in Xin Zigui, dem „Neuen Zigui.“ Das alte Zigui hatte einiges zu bieten (Minister Qu Yuan vom Staate Chu hatte hier sein Zuhause, er ist der Grund für die weltweit beliebten Drachenbootrennen). Das neue Zigui ist eine Retortenstadt, erst ein paar Jahre alt. Sie sieht aber schon ordentlich verwohnt aus. Der Grund für neu und alt liegt in Sichtweite: der Drei-Schluchten-Staudamm, mächtig und alles ersäufend.

Die alte Stadt liegt unter Wasser, die Anwohnerschaft wurde hierher umgesiedelt, man kommt sich etwas fehl am Platz vor wie wahrscheinlich auch die Bevölkerung. Den Damm selbst werden wir uns morgen anschauen. Es ist bei diesem Projekt nicht alles so schwarz-weiß wie man das bei uns gerne sieht. Die Umsiedlungsprojekte und einiges mehr gehören natürlich auf die schwarze Seite, aber wer glaubt dass hier alle mit gebeugten Häuptern rumlaufen, der sollte mal in diese Retortenstädte kommen. Schief oder nicht, desorientiert oder nicht, der erste Eindruck vermittelt ein wie immer typisch chinesisches, pragmatisches, belustigtes Lebensgefühl.

Dieses Lebensgefühl fängt übrigens „Still Life“ von Jia Zhangke ein (immerhin Goldener Löwe in Venedig). Langsam, dokumentarisch zeigt der Film die Umwälzung und den erzwungenen Neuanfang während des Dammbaus. Der Film spielt in Fengjie, wo wir gestern waren, und wo die Altstadt mittlerweile auch unter Wasser steht
.
Das Gepäck ist gerade gekommen. Die Zeit haben wir uns beim Mahjong vertrieben, nach einem wie immer vorzüglichen Abendessen, in einem netten Hinterzimmer, mit Hilfe der Belegschaft.

Genuß

Auf dem Dach der Welt, vom 14.04. – 09.05.2011

Die letzte gemeinsame Etappe, und wir genießen es. Das Wetter spielt mit und der letzte 800 Meter Anstieg erscheint harmlos, nach dem, was wir in Tibet gefahren sind.

Und im Dulikhel Mountain Resort feiern wir bei einer Flasche Moet & Chardon Abschied und meinen 30.000sten Rad-Kilometer in der VR China, den ich irgendwo vorgestern unter meine Reifen gebracht habe.

Das Leben ist schön!


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Endlich!

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.04. bis 08.05.2011

Heute hatten wir den Wettereinbruch, den wir uns lange erhofft hatten. Das Image als Schönwetterradler wurde uns nämlich langsam sehr lästig, daher heute: 20 Grad runter, kalter prasselnder Regen, oh wie fein. Der Temperatursturz kam unvorbereitet, das Hauptgepäck war ganz woanders und wir waren bestens auf stickige Hitze vorbereitet. Zum Glück mussten wir anfangs nur bergauf und kalt wurde uns nicht dabei. Nach über gut tausend Höhenmetern (davon die Hälfte allein in dieser seltsamen Stadt Wushan), auf der Passhöhe, haben wir dann beschlossen, uns den Rest der Strecke transportieren zu lassen. Die ganze Höhe für nichts und wieder nichts. Es war einfach zu kalt und zu nass. Gewärmt haben wir uns zwei Stunden lang in einem kleinen Laden, vor ein paar Briketts Kohle und bei einer Packung Instantnudeln (ok und bei ein paar kleinen Fläschchen Baijiu). Pat und Patachon haben uns dann nach Fengjie chauffiert, das muss ihr erster Ausflug in die große Stadt gewesen sein, herzig.

Dabei hatten wir alles gegeben, Wushan mit einem Feuerwerg beglückt von dem es noch lange sprechen wird, aber vielleicht war das schon Hochmut und Hochmut kommt vor dem Fall. Den Regengöttern haben wir dann abends schleunigst Lieder gesungen, in der schummrigen Karaoke-Bar unseres Hotels.

Einen Track kann ich heute nicht liefern, irgendwie musste ich ein paarmal hin-und herflitzen, irgendwie war alles chaotisch und ging kreuz und quer. Aber lustig!

Schußfahrt ins Glück!

Auf dem Dach der Welt, vom 14.04. – 09.05.2011

Ein kleiner Anstieg noch. 80 Höhenmeter. Dann haben wir die Bergspitze erreicht. Es geht bergab! Heute erst einmal 2.600 Höhenmeter. Ohne Gegensteigung! (na ja, fast).

Da, ein Baum! Ein Busch! Blumen! Rhododendron, rot und weiss! Und was prickelt da in unseren Lungen? Ist das der Geschmack von Sauerstoff?

Kurzum, wir genießen es, im freien Fall in Richtung Nepal zu rollen. Kurz vor der Grenze dann Zhangmu, und siehe da, der Grenzort, ehemals verrufen, hat sich gemausert! Ein gutes Dutzend herzeigbare Hotels, sogar eine schicke Jugendherberge, und unzählige Restaurants, die nach leckerem Essen ausschauen. Beim nächsten Mal werden wir wohl in Zhangmu, nicht in Nylam übernachten.

Die Ausreise aus Tibet gestaltet sich leider nicht so problemlos. Der chinesische Zoll macht sich ein Vergnügen daraus, das Gepäck zu untersuchen. Der Tibet Lonely Planet wird konfisziert (nicht schade darum) und eine Seite des Trescher Tibet Führers muss daran glauben (ich hatte das Manuskript vor der Veröffentlichung gegengelesen und hätte die Seite gerne auch draußen gehabt, es ging um die unendliche Weisheit des Dalai Lamas). Trotzdem, das ist Schikane, und so bestätigt man unnötigerweise das Klischee der oppressiven Besatzungsmacht.

In Nepal begrüßt uns dann mit Baskar ein ausgezeichneter lokaler Reiseleiter und wir machen auf den letzten 15 Kilometern die Erfahrung, was es heißt, von einem autokratischen reichen Land in ein pseudo-demokratisches armes Land zu fahren: Die Straßen werden schlechter und die Leute ärmer. So rumpeln wir in Richtung Last Resort, unserer Übernachtungsstation, warten eine Stunde bei gutem Bier, bis sich eine Gruppe von Israelis eine Brücke heruntergestürzt hat (das Last Resort hat ein spektakuläres 160 m Bungee Jumping, sehr empfehlenswert, habe ich vor drei Jahren einmal ausprobiert) und sitzen dann bei einer Flasche Wein und wärmen uns. Wir haben es geschafft!


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Abschied von Bus Lee

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.04. bis 08.05.2011

Xiao Li, der unseren Begleitbus gefahren hat, ist gestern nach Xi’an zurückgefahren, wo er sehnsüchtig von Frau und Kind erwartet wird. Er ist ein netter, ruhiger Mensch. Wir haben ihn in Anlehnung an einen großen Kämpfer „Bus Lee“ getauft, diesen Scherz würde er selber aber nicht verstehen. Bruce Lee heißt ja eigentlich Li Xiaolong (kleiner Drache Li), auf Mandarin, das Kantonesische lasse ich mal weg. Mit englischen Namen, noch dazu die ihrer eigenen Helden, tun sich Festlandchinesen schwer, das Namedropping unter Cineasten läuft hier nicht so geschmeidig wie anderswo. Jacky Chan heißt Chen Long (Drache Chen), Maggie Cheung heißt Zhang Manyu (Grazile Jade Zhang), Stephen Chow heißt Zhou Xingchi (Schnell wie der Blitz Zhou) usw.usf. Gespräche über den Zustand des neuen deutschen Films sucht man in China vergebens, man unterhält sich aber gerne über deutschen Fußball, vor allem mit Taxifahrern. Auch hier sollte man vorbereitet sein und die chinesischen Namen unserer Helden kennen: Lamu, Mule, Shiweiyinsitaige.

Gestern haben wir die offizielle Mitte des Reichs der Mitte durchquert (man schießt sich damit in der Volksrepublik selber ins Bein, die Westgebiete können rein geographisch nicht mit eingerechnet sein). Ein schönes Gefühl, an diesem Punkt zu stehen, drei Provinzen laufen hier zusammen, Shaanxi, Hubei und Chongqing. Ein schönes Gefühl aber vor allem, weil es die Passhöhe war und es danach nur noch bergab ging, und wie! Top 5 meiner persönlichen Abfahrten, da hat mein hochgeschätzter Kollege Oli G. nicht übertrieben (vielen Dank Oli für Deine Materialen, das macht alles viel einfacher für mich!). Es ging 30km bergab, auf neuem Asphalt, weit ausholend eine Höhenstraße entlang, man konnte es laufen lassen. Dazu fantastische Natur und kaum Verkehr. Die Temperaturen steigen allmählich und stauen sich in den Tälern, die werden immer enger, die Berge schwitzen und dampfen je tiefer wir kommen.

Jetzt sind wir in Wushan, einer steilen Stadt am Zusammenfluss des Yangzi und des Daning, pro Schritt macht man hier einen halben Höhenmeter. Die Lobby unseres Hotels ist im siebten Stock. Wushan liegt im Gebiet der regierungsunmittelbaren Stadt Chongqing, welche im Zuge des Dammbau-Projekts aus der Provinz Sichuan ausgegliedert wurde. Seitdem ist sie von der Einwohnerzahl her die größte Stadt der Welt, mit weit über 30 Millionen Einwohnern – auf rein administrativer Ebene, es gibt bei diesen Rankings ja viele verschiedene Richtwerte. Das Zentrum Chongqing ist von hier noch hunderte Kilometer entfernt und diese Ecke ist noch ruhig und beschaulich, die Landschaft wirklich berauschend. Schon mit dem Rad sind wir den Daning entlanggefahren, heute mit dem Boot weiter, durch die „drei kleinen Schluchten“, die viel schöner sind als die großen. Und außerdem den Madu-Fluss, einen Seitenarm des Daning hinein, in die „kleinen kleinen Schluchten.“ Ein fauler, fotogener Tag.


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Das Loch am Ende der Welt

Auf dem Dach der Welt, vom 14.04. – 09.05.2011

Wir haben den Tiefpunft erreicht! Erst einmal buchstäblich, denn seit einer Woche sind wir zum ersten Mal wieder unter 4.000 Metern Höhe. Aber auch, was das Hotel angeht. Ach, was sage ich, die Absteige. In meinen mehr als 20 Jahren in Asien bin ich schon in vielen Löchern abgestiegen, aber das sogenannte Guesthouse in Nyalam toppt alles. Überhaupt Nylam: Hier muss jeder durch und Zhangmu, die Grenzstadt, hat einen noch schlechteren Ruf (zu unrecht, wie sich herausstellen wird). Also wird hier abgezockt, was das Zeug hält: Hotel oder Restaurant hingestellt und dann langsam aber profitabel verrotten lassen. Bevor jetzt der Einwand kommt, das liegt an den Chinesen, die in Tibet nur den Profit sehen: Nylam ist fest in tibetischer Hand, die Abzockerei ist höchst lokal.

Das bringt mich zu unserem tibetischen lokalen Reiseführer. Aufmerksame Leser werden sich gewundert haben, warum er im Blog nicht auftaucht. Er ist auch real höchst abwesend. Alle Versuche, ihn dazu bewegen, sich mal beim Essen zu uns zu setzen, schlagen fehl, alle tiefer gehenden Fragen haben ein beredtes Schweigen zur Folge. Meist ist er schlicht und ergreifend nicht da.

Immerhin, er ist stolz, ein Tibeter zu sein. Und bringt es noch nicht einmal fertig, einfache tibetische Sitten und Bräuche zu erklären.

Den Vogel schießt er dann heute ab. Während Sabine, Heinz und ich in ziemlichen Verschlägen nächtigen, pickt er sich zielsicher das einzig akzeptable Zimmer raus.

Morgen wird er sich mit den Worten verabschieden: Now my duty is over. Eine Pflicht. Als Tibeter wäre ich ja so erpicht wie möglich, meine Kultur den Besuchern nahezubringen. Schade! Der Mann arbeitet auf jeden Fall zum letzten Mal für uns.

Aber es gab auch noch das eine oder andere Highlight heute. Die Fahrt auf den letzten, immerhin 5.120 Meter hohen Pass. Die erste atemberaubende Abfahrt (36 km/h Durchschnitt), die dann jäh vom Gegenwind gestoppt wird. (12,5 km/h bei durchschnittlich 5 Prozent Gefälle).  Und von außen sieht unser Guesthouse gar nicht so schlecht aus.


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