Mashang

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.04. bis 08.05.2011

22 Uhr und ich warte auf Gepäck und Räder, der LKW ist heute morgen zeitgleich mit uns in Fengjie gestartet und lässt noch immer auf sich warten, etwa 250km für den ganzen Tag, das kann vorkommen. Wir sind die Strecke mit dem Luftkissenboot in knapp 4 Stunden gefahren. Der Yangzi ist nach wie vor der schnellste Transportweg in dieser Gegend. Mit Bau des Damms können die Hochseefrachter mittlerweile bis nach Chongqing fahren, der Fluss gewinnt also eher an Bedeutung als dass er verliert. Ein Zehntel der Menschheit lebt am Yangzi, das muss man sich mal vorstellen. Am Langen Fluss.

Der Gepäckfahrer hat jetzt schon ein paarmal „mashang“ gesagt, das ist immer ein schlechtes Zeichen (wörtlich: er „sitzt auf dem Pferd“ und galoppiert mental schon um die Ecke, das kann wirklich alles heißen). Aber eigentlich muss er sich gar nicht beeilen, denn hier ist alles höchst entspannt. Das Wetter hat sein kurzes Tief überwunden und einige unserer Häupter glühen rot, die Wetterwechsel können einen aber auch überfordern. Den Yangzi haben wir heute durchpflügt, langsame öffentliche Verbindungen sind mittlerweile unberechenbar und kaum noch zu bekommen, die drei großen Schluchten sind nur so vorbeigesaust. War schön und auch gut so. Die Schluchtenlandschaften der letzten Woche kann das ohnehin nicht übertreffen, bei weitem nicht.

Jetzt sind wir in Xin Zigui, dem „Neuen Zigui.“ Das alte Zigui hatte einiges zu bieten (Minister Qu Yuan vom Staate Chu hatte hier sein Zuhause, er ist der Grund für die weltweit beliebten Drachenbootrennen). Das neue Zigui ist eine Retortenstadt, erst ein paar Jahre alt. Sie sieht aber schon ordentlich verwohnt aus. Der Grund für neu und alt liegt in Sichtweite: der Drei-Schluchten-Staudamm, mächtig und alles ersäufend.

Die alte Stadt liegt unter Wasser, die Anwohnerschaft wurde hierher umgesiedelt, man kommt sich etwas fehl am Platz vor wie wahrscheinlich auch die Bevölkerung. Den Damm selbst werden wir uns morgen anschauen. Es ist bei diesem Projekt nicht alles so schwarz-weiß wie man das bei uns gerne sieht. Die Umsiedlungsprojekte und einiges mehr gehören natürlich auf die schwarze Seite, aber wer glaubt dass hier alle mit gebeugten Häuptern rumlaufen, der sollte mal in diese Retortenstädte kommen. Schief oder nicht, desorientiert oder nicht, der erste Eindruck vermittelt ein wie immer typisch chinesisches, pragmatisches, belustigtes Lebensgefühl.

Dieses Lebensgefühl fängt übrigens „Still Life“ von Jia Zhangke ein (immerhin Goldener Löwe in Venedig). Langsam, dokumentarisch zeigt der Film die Umwälzung und den erzwungenen Neuanfang während des Dammbaus. Der Film spielt in Fengjie, wo wir gestern waren, und wo die Altstadt mittlerweile auch unter Wasser steht
.
Das Gepäck ist gerade gekommen. Die Zeit haben wir uns beim Mahjong vertrieben, nach einem wie immer vorzüglichen Abendessen, in einem netten Hinterzimmer, mit Hilfe der Belegschaft.

Genuß

Auf dem Dach der Welt, vom 14.04. – 09.05.2011

Die letzte gemeinsame Etappe, und wir genießen es. Das Wetter spielt mit und der letzte 800 Meter Anstieg erscheint harmlos, nach dem, was wir in Tibet gefahren sind.

Und im Dulikhel Mountain Resort feiern wir bei einer Flasche Moet & Chardon Abschied und meinen 30.000sten Rad-Kilometer in der VR China, den ich irgendwo vorgestern unter meine Reifen gebracht habe.

Das Leben ist schön!


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