Dünne Luft

Südlich der Wolken, 25.06. bis 17.07.2011

Unser heutiger früher Flug brachte uns wenigstens ins Paradies. Ob ich jemals wieder ausschlafen kann? Aber im Paradies, oder Shangri-la wie es die Tibeter nennen, sollte doch eigentlich alles besser werden. Die Präfektur in der wir uns gerade befinden heißt tatsächlich Shangri-la. Jene, die das Buch „Lost Horizon“ von James Hilton gelesen oder den Film gesehen haben, kennen es ja schon: Shangri-al.

In dem Roman geht es um einen traumhaft schönen Ort tibetischer Prägung, mit einem lamaistischen Kloster und Menschen verschiedenster Herkunft, die alle äußerst harmonisch zusammen leben und nicht altern. Die Volksrepublik China glaubt, den Ort, der dem Roman als Vorlage diente gefunden zu haben. Und zwar im Örtchen Zhongdian. Folglich wurde der Ort 2001 in Shangri-la umgetauft. Ich habe da aber so meine Zweifel. Ich habe heute mit eigenen Ohren einem Streit beigewohnt und habe auch einige alte Menschen gesehen (Beweisfotos anbei).

Aber schön ist es hier trotzdem. Berge gibt‘s, gute wenn auch dünne Luft (wir sind hier auf 3.300m ü.M.) und jede Menge tibetische Kultur. Die Hauptattraktion tibetischer Kultur ist das Songzanlin Kloster, leider mit jeder Menge Treppenstufen. Bei der dünnen Luft hier klatschen bei jeder Stufe die Lungenflügel Beifall. Etwa 500 Mönche leben und lernen in diesem Kloster. Leider ist die Haupthalle noch immer im Bau, denn die alte marode Halle wurde abgerissen und mit staatlichen Geldern wieder neu aufgebaut. Nach allem was man schon sehen kann, wird sie stattlich werden. Wieder nix mit der buddhistischen Bescheidenheit….

Auf dem Rückweg bzw. auf dem Weg zum Abendessen sind wir noch eine Runde über den Markt gegangen. Auch der ist tibetisch geprägt, wie das meiste hier. Die Tibeter machen hier in Shangri-la rund 30% aus. Auf dem Markt gibt es alles was die tibetische Hausfrau so braucht. Von den Kochutensilien über die Zutaten bis hin zu fertigen Speisen. Ja, es gibt eine große Restaurant-Abteilung auf dem Markt, die so lecker duftete und appetitlich aussah, dass Michaela den Wunsch äußerte, morgen dort Abendessen zu gehen. Heute gingen wir bei unserer Buchungspartnerin Uttara essen, die ein sehr schönes und gutes Restaurant in der neuen Altstadt von Shangri-la betreibt. Mit meinem Vorsatz ein wenig abzunehmen wird das irgendwie nix. Es schmeckt einfach hier überall zu gut. Ich denke ich muss wenn ich wieder zurück in Berlin bin, mal eine Döner-Diät einlegen.

Ewiger Frühling

Südlich der Wolken, 25.06. bis 17.07.2011

Das Aufstehen fiel nicht leicht. 05:00 Uhr ist irgendwie nicht meine Zeit. Da lief alles so ein bisschen wie in Trance ab. Und plötzlich saßen wir im Flugzeug und flogen einmal quer durchs Land. Vom Nordosten in den Südwesten. Über drei Stunden Flugzeit. Das vergegenwärtigt einem sehr deutlich die Größenverhältnisse des Landes.

In Kunming, der Stadt des ewigen Frühlings angekommen, ging es erstmal ins Hotel. Einchecken, kurze Pause und dann ab in die Stadt in Richtung Yuantong Tempel. Unterwegs konnten wir ein Rentner-Cricket-Turnier beobachten. Die angetretenen Damen und Herren spielten mit großem Ernst und Feuereifer. Das war recht trollig anzusehen. Die Regeln sind mir leider immer noch nicht klar.

Im Yuantong-Tempel tauchten wir dann in eine völlig andere Welt ein. Der Großstadtlärm blieb vor den Tempelmauern zurück und wir konnten in einer friedlichen Atmosphäre Menschen beim Opfern und Beten zuschauen. Die Tempelanlage stammt aus der Nazhao-Zeit vor etwa 1200 Jahren, wurde aber bis in die Ming-Zeit 14./15. Jahrhundert weiter ausgebaut. Eine sehr schöne und eher untypische Tempelanlage.

In wieder eine andere Welt tauchten wir dann auch im Cuihu-Park ein. Dort herrschte ein irres Gewusel und an jeder Ecke tanzten und/oder musizierten kleinere oder größere Gruppen. Das Repertoire reichte von Minderheiten-Folklore über Revolutionslieder bis hin zu modernem Gesellschaftstanz. Das ist schon ein echtes Erlebnis und chinesische Kultur hautnah und sogar zum Mitmachen, wenn man will. Bei uns überwog leider das Schamgefühl und so blieb es beim Zuschauen.

Das Abendessen nahmen wir dann im vegetarischen Restaurant neben dem Yuantong-Tempel ein. Dort werden Fleisch-, Fisch- oder Geflügelgerichte immitiert und mit rein pflanzlichen Zutaten so hergerichtet, dass es so schmeckt und sogar so ähnlich aussieht wie die original Gerichte aus Fleisch. Wir hatten Hamburgersteaks mit Pfeffertunke, Fischstreifen mit Wasabi, Maultaschen mit Pilzfüllung und gedünstete Kartoffelstreifen. Alles sehr lecker. Ein Absacker-Bier in einer Kneipe in der Nähe des Hotels durfte natürlich auch nicht fehlen, aber dann fielen wir alle tot müde ins Bett. Und der nächste Tag versprach ja auch kein Ausschlafen.