Bauernhochzeit

Südlich der Wolken, 25.06. bis 17.07.2011

Wir frühstückten wieder in der Bakery 88 und fuhren anschließend wieder ins Hotel zurück, da es begonnen hatte zu regnen. Wir trafen uns jede Stunde, um zu schauen wie sich das Wetter entwickelt hatte und wie wir den restlichen Tag gestalten wollten. Zur Auswahl standen eine Wanderung im Cang-Gebirge oder eine kleine Radtour entlang des Erhai-Sees.

Nach dem Mittagessen hörte es langsam mit dem Regen auf und die Sonne kam wieder durch. Da die Berggipfel aber immer noch stark Wolkenverhangen waren, entschieden wir uns für die Radtour am See. Es ging durch viele kleine Bauerndörfer und jede Menge Felder.

Kurz bevor wir wieder den Rückweg antreten wollten, entdeckte Hubert eine Menschenansammlung am Seeufer in einem der Dörfer. Er rief mir zu dort sei eine Strandbar zu der wir unbedingt hin müssten. Es stellte sich heraus, dass es zwar keine Strandbar war aber eine Hochzeitsgesellschaft. Als wir dort vorbei kamen und anhielten um uns das bunte Treiben anzuschauen, wurden wir sofort vom Brautpaar eingeladen uns dazuzusetzen und mitzuessen. Das ließen wir uns nicht zweimal sagen. Und sofort war für uns ein wenig Platz geschaffen und wir waren die Attraktion des Festes. Das war wirklich ein Erlebnis der besonderen Art. Wir mussten natürlich mit dem Brautpaar anstoßen. Mit Schnaps wie es in China Sitte ist und zwar dreimal. Danach noch Bier und ein guten Essens und als wir uns wieder auf den Heimweg machten waren wir gut gesättigt, etwas angetrunken und hatten einen unvergesslichen Nachmittag erlebt. Ein wenig schmunzeln mussten wir, als eine andere Gruppe Langnasen an der Hochzeitsgesellschaft vorbei fuhr und ihnen förmlich die Kinnlade herunter klappte, als sie uns inmitten der Hochzeitsgesellschaft sitzen sahen. Aber die machten den Fehler nicht anzuhalten und wurden somit auch nicht eingeladen. Tja, Pech. Die Rückfahrt verlief dann nicht so geradlinig wie es sonst der Fall war, aber wir kamen gut im Hotel an.

Den Abend ließen wir dann in zwei, drei Kneipen ausklingen, von denen es in Dali reichlich gibt, denn Dali ist seit den 90er Jahren ein Touristenmagnet. Zu Recht, denn hier lässt es sich schon eine Weile aushalten. Trotz des Tourismus findet man hier doch auch reichlich Entspannung.

Heute: Marco Polo Insider Tipps

Entlang der Seidenstrasse, 09.07. bis 04.08.2011

Das alte Wahrzeichen von Xi’an ist die Große Wildganspagode (652 n.Chr.), das neue Wahrzeichen sind die Terrakotta-Soldaten (210 v.Chr.), das liegt daran, dass letztere erst 1974 wiederentdeckt wurden und die Pagode schon immer dastand, mehr oder weniger unverändert. Terrakotta-Armee und Wildganspagode sind nicht wirklich Insider Tipps, um Enttäuschungen vorzubeugen. Sonst wären es ja auch keine Wahrzeichen. Die Stätten werden überrannt, dabei liegen die einheimischen Touristen inzwischen weit vorne. Die Reiselust der Chinesen ist ein relativ neues Phänomen und zieht sich inzwischen durch alle Schichten. Man will hier wie alle Urlauber vor allem eine gute Zeit haben, aber in diesem Stadium spielt sicher auch die Suche nach der eigenen Geschichte und Identität eine Rolle. Die Botschaften an den Sehenswürdigkeiten sind wenig subtil (5000 Jahre Geschichte! Ohnegleichen!), was die Sache natürlich einfacher macht.

Xi’an bw. Chang’an war ja tatsächlich ohnegleichen, das ist aber auch schon ziemlich lang her, etwa 1000 Jahre. Bis dahin war es Hauptstadt, der erste Kaiser von China, Qin Shihuangdi (reg. 221 – 210 v.Chr.), hat von hier aus als Reichseiniger und Despot geherrscht. China hat ein gespaltenes Verhältnis zu seinen Despoten, der erste Kaiser war grausam und rücksichtslos, trotzdem schwingt in den Bewertungen auch immer großer Respekt für seinen Willen und den Erfolg mit. Mao etwa, der Superkommunist, hat ihn als ein Vorbild bezeichnet und immer wieder die kurze Dynastiegeschichte der Qin gelesen. Noch ein Despot, dem meistens Bewunderung entgegengebracht wird. Die Terrakotta-Armee jedenfalls ist Ausdruck eines phänomenalen Verfolgungswahns, das ehrenvolle Ende jedes echten Despoten: abertausende von unterirdischen Soldaten, die den Kaiser noch im Tod vor seinen Feinden aus dem Osten beschützen sollten.

Viel netter ist die Geschichte der Großen Wildganspagode und viel sympathischer ihr Protagonist: der große Reisende Xuanzang, unser Vorbild! auch das Vorbild für unendlich viele chinesische Opern und Seifenopern. Anfang des 7. Jahrhunderts, zu Beginn der Tang-Dynastie, ist er nach Westen gereist, über Zentralasien und den Pamir nach Indien, um dort über den Buddhismus zu lernen und die echten Schriften zu studieren. Nach seiner Rückkehr, 16 Jahre später, wurde ihm zu Ehren die Große Wildganspagode gebaut. Das Tempelgelände drum herum wurde ausgeweitet, in ihm hat er bis zu seinem Tod die mitgebrachten Texte aus dem Sanskrit ins Chinesische übersetzt. Ihm laufen wir ab morgen hinterher, auf der Reise nach Westen. Zu seiner Zeit war das Reisen vielleicht langwieriger und schwieriger, aber immerhin hatte er den verrückten Affen Sun Wukong und Pigsy und Sandy an seiner Seite…