Bartlos in Xinjiang

Entlang der Seidenstrasse, 09.07. bis 04.08.2011

Das klingt im Nachhinein immer konstruiert, aber heute war ein perfekter Reisetag. Ein perfekter Reisetag hat für mich nichts zu tun mit Höhepunkten, Sehenswürdigkeiten, Endorphin-Ausschüttung, eher mit Unwägbarkeiten und der Bewegung an sich. Das passiert am besten langsam und auf dem Landweg. Wir etwa mussten heute sehr früh los und punktgenau ankommen, um dann die nächsten Stunden in Wolken von Unwissenheit dahinzutreiben, um schließlich ziellos durch eine neue Stadt zu radeln. Solche Gedanken kommen natürlich bevorzugt nach dem Abendessen und ein paar Gläsern Baijiu, der zusätzlich erhitzt, als ob das nötig wäre, die Straßen von Hami sind nachmittags wie leergefegt, man spricht von den heißesten Tagen des Jahres. Als wir um 6 Uhr abends an unseren Rädern gearbeitet haben war es noch immer über 40 Grad.

Um 4:30 Uhr morgens mussten wir los auf eine Harakiri-Fahrt durch die graue Wüste, erst grau im Dunkel und dann grau in der Dämmerung, die Straße geht 120km geradeaus. Eine Landschaft wie im Traum, wenn man aus seinen Träumen mal kurz erwacht. Die Sonne ging dann auf über einer Wüste aus Geröll und dann aus endlosen Hügeln von schwarzem Kies. Unser Zielort, Liuyuan, ist das Ende der Welt. Im Ort waren frühmorgens die Hauptstraßen gesperrt, wir sind also querfeldein über das Geröll geschleudert worden.

Den Zug T53 aus Shanghai kommend haben wir nur erwischt, weil er fast eine Stunde Verspätung hatte. Die Verspätung hat sich summiert, wir sind in eine endlose Schleife von Gütertransporten hineingekommen und vor dem Fenster strich die Wüste bzw. die heftigen Sandbewegungen dieser Tage wie in Zeitlupe vorbei. Nicht dass das etwas geändert hätte. Equilibrium. Unsere Fahrt hat fast doppelt so lang gedauert wie angekündigt. Die bemitleidenswerten Sandbrecher an der Strecke werden wütend angegriffen und mussten zum Teil bereits aufgeben. Aber unsere Zugbegleiterinnen waren reizend!

Immerhin wir sind angekommen. In Hami haben wir jetzt noch einmal ein gutes Hotel, ab übermorgen geht es zu Jurten und kasachischen Familien. Wir haben nachmittags endlich unsere Räder in Empfang genommen und sind damit ziellos durch die Gegend gefahren, man sollte nicht zu ambitioniert werden nach einer solchen Anreise, und wie so oft war das unser Glück. An Resten der alten muslimischen Viertel sind wir vorbeigekommen, an einigen versteckten Moscheen. In einer davon hat man uns gut gelaunt und gastfreundlich hofiert.