Was macht eigentlich

Entlang der Seidenstrasse, 09.07. bis 04.08.2011

– Ronaldinho? Er spielt bei Flamengo, man hat ihn ja aus den Augen verloren, den Guten. In China wird er ewig leben, und zwar auf Cowboyhüten. Ich kann nicht sagen, wann das Phänomen der Ronaldinho-Hüte aufgekommen ist, wahrscheinlich während seiner Glanzzeit bei Barca. Ein findiger Unternehmer hat jedenfalls irgendwann seinen Namen auf Cowboyhüte gedruckt und damit einen Klassiker der neueren chinesischen Hutmode geschaffen, seit Jahren sieht man diese Kopfbedeckungen nun, überall, auf den Köpfen von Wanderarbeitern, Touristen, Straßenkehrern.

Man müsste eigentlich nicht über Ronaldinho schreiben, wir haben ja wieder viel erlebt heute. Just jetzt kommen wir zurück von einer fürchterlichen Völlerei, aus einem weinumrankten Restaurant, drei uigurische Hochzeitspaare sind dort hintereinander eingelaufen. Erst um 22:00 trudelten die Leute ein und schlürften ihren Aperitif, etwa ein Gläschen Limonade. Wir sollten unsere Uhren auf Xinjiang-Zeit zurückstellen, sonst kapieren wir irgendwann gar nichts mehr. Man lebt ja doch sehr nach der Uhr.

Turfan wird seinem Ruf als die heißeste Stadt Chinas gerecht, man maß auch heute wieder gut über 40 Grad. Die Hitze ist erträglich, weil trocken, das Leben läuft einfach etwas langsamer ab. Radfahren wäre trotzdem kein Genuss gewesen, wir haben uns chauffieren lassen. Zunächst zum Emin-Minarett, dem Wahrzeichen der Stadt, einem wunderschönen Ziegelturm aus dem 18. Jahrhundert. Er steht inmitten von Weinbergen, das ist das andere Wahrzeichen Turfans: Weintrauben. Die Ernte ist in vollem Gang. Luftige Lehmgebäude verteilen sich über die Landschaft, zum Trockenen der Trauben. Die meisten davon werden nämlich zu Rosinen verarbeitet, für Wein sind sie etwas zu süß. Es ist ja auch überwiegend muslimisch hier (aber: auf der Rückseite der Eintrittskarte zum Emin-Minarett war Werbung für chinesischen Schnaps gedruckt. Das ist Pragmatismus). Selbstverständlich gibt es auch trockenen Roten aus Turfan, die erste Verkostung fiel durchschnittlich aus.

Wir sind dann weitergefahren zu dem Dorf Tuyoq. Man muss dort Eintritt zahlen, außerdem Eintritt zu den Mazar, den Gräbern islamischer Heiliger. Fast ein kleines Freilichtmuseum und zudem wurde dort gerade ein Film gedreht (über einen großen uiguirischen Führer, Name vergessen, Freund der Chinesen). Wir hatten dennoch eine sehr schöne und entspannte Zeit vor Ort. Zu den Gräbern pilgern die Gläubigen im Sonntagsstaat. Die Lehmarchitektur fügt sich herrlich in die Landschaft ein, in die Flammenden Berge. Wie die der Bezeklik-Grotten, die wir auch noch besucht haben. Von der großen Kunst ist vor Ort nur noch wenig übrig, erst kamen die muslimischen Bilderstürmer und zerkratzten fast alle Gesichter der buddhistischen Höhlenmalereien, dann kamen die Deutschen (Anfang des 20. Jahrhunderts, Albert Grünwedel und Albert von Le Coq) und schnitten die meisten Fresken von den Wänden. Diese liegen nun in Berlin-Dahlem, wenn sie nicht bei den Luftangriffen während des 2. Weltkriegs zerstört worden sind, man sollte mal wieder nach Dahlem und ihnen Respekt erweisen.