Gerichte-Geschichte

Südlich der Wolken, 16.07. bis 07.08.2011

Vor langer, langer Zeit gab es im Örtchen Mengzi in der Präfektur Diannan (dem heutigen Yunnan) einen gewissenhaften Intellektuellen, der sich auf die kaiserliche Prüfung vorbereiten wollte. Dazu muss man wissen, dass bei einer Beamtenprüfung die klassischen chinesischen Texte -also Konfuzius und Co- auf eine bestimmte Fragestellung hin zu analysieren und in Form eines Aufsatzes darzulegen waren. Dafür musste man die Werke vorher eingehend büffeln, denn sie standen während der Prüfung natürlich nicht zur Verfügung. Aber das nur als Hintergrundwissen.

Jedenfalls zog sich unser Student, nennen wir ihn in Ermangelung besseren Wissens einfach Yang, zum Zwecke des Studiums auf eine einsame Insel im Nan See zurück. Eine schmale Brücke verband das Ufer mit der Insel, und diese nutze Frau Yang täglich, um ihrem fleißigen Mann das Essen zu bringen. Doch oh weh, auf der Insel angekommen musste Herr Yang feststellen, dass das Essen kalt geworden war. Fast schon nicht mehr zu genießen. Und bekanntlich studiert ein leerer Bauch nicht gern.

Eines Tages jedoch schleppte Frau Yang eine Schüssel heißer Hühnersuppe über die Brücke und stellte auf der Insel entzückt fest, dass diese nicht nur warm, sondern gar siedend heiß geblieben war! Ihr kam eine Idee: Fortan brachte sie ihrem Gatten einen Bottich Hühnersuppe, kalte Reisnudeln und rohes Fleisch und Gemüse. Auf der Insel kippte sie alle Zutaten in die Brühe, welche noch heiß genug war, um die Ingredienzien zu garen.

Auf diese Weise wohlgenährt bestand Herr Yang die Prüfung mit Bravur, wurde ein angesehener Beamter und wenn er und seine Frau nicht gestorben wären, so lebten sie wohl heute noch. Das ist das Ende der chinesischen Version der Geschichte. Ich jedoch glaube, dass Herr Yang die Prüfung in den Wind geschossen hat und mit seiner Frau ein Restaurant eröffnete, welches als besondere Spezialität Über die Brücke Reisnudeln auf der Speisekarte führte. Denn so nannten sie das von Frau Yang erfunden Gericht. Und ich bin mir sicher, dass Frau Yang klüger war als ihr Mann…

Inzwischen und viele hundert Jahre später kann man Über die Brücke Reisnudeln in vielen Restaurants in Yunnan bekommen. Wir haben diese Frühform der Erlebnisgastronomie heute auch genossen, am Abend in einem Restaurant mit einer kurzen Geschichte von nur 105 Jahren. Aber geschmeckt hat es uns wie am ersten Tag. Dessen sind wir uns sicher!

Huch, jetzt habe ich doch glatt den heutigen Tag mit dem Abend begonnen. Was davor geschah: Frühes Aufstehen und Abfahrt Richtung Flughafen in Beijing bei strömenden Regen. Der Himmel schüttete, kannte kein Erbarmen und unsere Abreise fühlte sich eher wie eine Evakuierung an. Zu diesem Gefühl trugen auch die vielen Menschen am Flughafen und der um zwei Stunden verspätete Abflug bei.

Ankunft in Kunming bei heiterem Wetter und vergleichsweise milden 25 Grad. Im Schatten wohlgemerkt, denn in der Sonne spürt man die knapp 2.000 Höhenmeter, auf denen Kunming liegt, sofort. Kurze Pause und los zur Stadterkundung. Der Yuantong-Tempel ist natürlich ein Muss, auch wenn hier gerade umfangreich restauriert wird. Weiter zum Cuihu-Park, Garant für buntes Treiben und Alltagskultur. Sagte ich schon, dass mir Alltagskultur mehr liegt als Tempel und Paläste? Scheinbar nicht, aber dazu komme ich später noch. Nach dem Park ein Marsch durch Kunming, vorbei an neuen Bauten und der kaum noch vorhandenen Altstadt zu einem Restaurant, welches Über die Brücke Reisnudeln anbietet. Womit ich wieder am Anfang wäre: Vor langer, langer Zeit…


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2011/07/2011-07-20.gpx“]

Print Friendly, PDF & Email

Ein Kommentar:

  1. … ich schließe mich Jan`s Meinung an ……!!! Alles bla, bla ….. ! Weiter so, ich liebe bebilderte Märchenstunden !!!
    lg

Kommentare sind geschlossen