Soft-Sleeper + Schmutzbier

Entlang der Seidenstrasse, 09.07. bis 04.08.2011

Unglaublich dass wir hier im Zug sitzen und mal eben den Blog ins Netz stellen können, kurz hinter Korla. Wieder von Monika, mittlerweile unter tätiger Mithilfe der ganzen Bande (nur ich verschlafe wie immer fast die ganze Fahrt):

Zugfahren in China bedeutet eintauchen in das wahre Leben. Zu neugierigen, niedlichen Kindern – alle mit Einheits-Bürstenfrisur – schnarchenden Omas, energischen Zugschaffnerinnen. Eigentlich wäre ein Hardsleeper lustiger. Das ist offener und intensiver. Von Geruch bis Kommunikation. Wir haben die Luxusvariante mit 4 Betten erwischt und stapeln das Gepäck im oberen Bett. Michael rüttelt prüfend an der Aufhängung und wünscht dem Unterschläfer ‚viel Glück‘.

Die Sonne klatscht aufs Abteil – Windräder drehen sich still in der Landschaft. Berge ziehen vorbei. Zeitlupentempo. Dieter installiert wieder mal das GPS – kann ja sein der der Lokführer Hilfe bei der Routenwahl benötigt. Chinesen lugen in unser Abteil und fotografieren uns. Manchmal fragen wir uns, wer mehr Photos macht. Wir von ihnen? Vermutlich eher umgekehrt. Wer von uns nicht rechtzeitig hinter einen Kohlenhaufen hechtet oder sich in einem Gebüsch versteckt (was zugegebenermaßen in der Wüste eine echte Herausforderung darstellt) wird gnadenlos in digitale Pixel verwandelt und stolz der interessierten Verwandtschaft gezeigt.

Wir haben Muße den Kopf zurückzulegen und all die Erlebnisse zu reflektieren. Die mystischen Geschichten die uns Jan erzählt hat – von den flammenden Bergen, schwarzen Katzen, Spinnen die Höhlen zuweben, Prinzessinnen mit Eisfächer die die brennende Hügel zum Erlöschen bringen.

Aber auch weitere ganz reale, alltägliche und doch hochgeschätze Rituale wie das Schmutzbier. Das beginnt mit dem Einrollen in eine Stadt oder Dorf, die leicht klebrig-salzige Schweiß-Sonnencreme-Mischung auf der Haut und die Euphorie etwas getan zu haben. Das Triumphgefühl in der Kühltruhe eines winzigen, verstaubten Ladens exakt die benötigte Anzahl an gekühlten Tsingtao-Beer zu erbeuten. Das schmatzende Geräusch des Bierdeckel-Öffnens, die leicht beschlagene grüne Flasche in der Hand und der genussvolle erste Schluck….

Ganz skurril – unser Begleitauto-Fahrer hat uns zum Abschied 36 Flaschen geschenkt. Das mit dem Schmutzbier hat er wohl relativ schnell verstanden. Davon haben wir 5 Flaschen in den Zug gerettet. Schmutzbier geht auch im Zug… dann halt ohne Schmutz bzw. anderer Schmutz halt. Wir schauen aus dem Fenster – der Plan mit unseren letzten feuchten Tüchern die Scheiben von außen zu reinigen ist leider an mangelnder Zeit und energischem Zugpersonal das uns im letzten Moment am Aussteigen und Reinigungsvorhaben hinderte, gescheitert. Also lugen wir durch Staubschlieren hindurch: Grassteppe, sanfte Hügel, steil abstürzende Felswände, dazwischen ducken sich Jurten, schmiegen sich in Senken. Reiter auf gedrungenen Pferden galoppieren die Gleise entlang, dann eine Yakherde. Wir driften über das Gebirge auf knapp 3000 m so langsam in die chinesische Nacht….

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Ein Kommentar:

  1. Ich möchte noch eine dringende und außerordentlich wichtige Botschaft von Martin (Codename Obelix) an Volker übermitteln:

    Hallo Volker – hier spricht Obelix. Ich möchte hiermit entsprechend unseren verbindlichen Vereinbarungen über das Niederschlagvorkommen in der Wüste Taklamakan das zugesicherte alkoholische Getränk einklagen. Das Regenvolumen überstieg bei weitem die ‚Volker-Prognose‘ um das ca. 1500-fache. Ausgehend von der Berliner Abrede 1 Liter Bier pro einem Multiplikator bedeutet das ca. 1500 Liter Bier. Im Hinblick auf die doch insgesamt begleitungsbedingt angenehme Reise (damit meine ich die restlichen 6 Personen plus Ehefrau und Reiseleiter) bin ich bereit einem Vergleich auf pauschal 15 Liter Bier (oder 5 Flaschen Wein) zuzustimmen. Bedingung ist die Kreditwürdigkeit des Reiseleiters und die unverzügliche Einlöse in Kashgar. Anzumerken ist positiv, dass nur durch Jans geschickt Essensauswahl ein weiterer,starker Gewichtsverlust vermieden werden konnte. Alles in allem geht es mir also gut. Beste Grüße. Martin (nach Diktat an Monika verreist, Vermutliches Ziel: Kashgar.)

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