Shambala-lalalalala

Auf dem Dach der Welt, 27.09. bis 22.10.2011

Nur zerschlagene Gesichter beim heutigen Frühstück. Der reduzierte Sauerstoff in dieser Höhe lässt das Herz schlagen und manchmal den Kopf dumpf vor sich hin pochen. Die Atmung beschleunigt sich, die Kehle ist trocken. Das waren meine Phänomene heute Nacht: interessant, aber für einen wohligen Schlaf ungeeignet. Und den Anderen ging es ähnlich. Das wird nicht anhalten, es ist schon jetzt viel besser geworden. Die meisten von uns haben das gängige Kräuterzeug gegen Höhenkrankheit eingeschmissen (Rosenwurz/Hongjingtian), welches mir von Volker empfohlen wurde. Und wir haben ja auch drei Apotheker dabei, geballte Expertise für alle Lebenslagen. Die schlaflose Nacht ließ die Treppen des Potala trotzdem bis in den Himmel wachsen, was hysterisch war, wie sich heute herausgestellt hat.

Denn es war ein vielleicht etwas träger, aber auch ein sehr schöner Tag. Zum Potala soll man eigentlich nicht gleich am Tag nach der Ankunft, aber wir hatten keine andere Wahl. Für einen Besuch muss man sich vorher anmelden und bekommt dann ein Zeitfenster zugewiesen. Die Besucherquoten sind beschränkt und zu allem Überfluss nehmen die Goldenen Wochen gerade Fahrt auf (rund um den Chinesischen Nationalfeiertag am 1. Oktober scheint das ganze Land in Bewegung zu sein). Also schön, dass wir überhaupt die Ehre hatten…die Treppen gingen wider erwarten gut, Laba war in Topform und hat mit rollenden Augen und ausholenden Gesten seine Geschichten erzählt.

Der Sitz der Dalai Lamas (der ehemalige Sitz, muss man ja inzwischen sagen, daran wird sich wohl auch nichts mehr ändern) ist gewaltig, düster, prunkvoll. Ich spare mir mal geschichtliche Ausführungen, im Potala ist so viel passiert, das kann man nicht kurz abhandeln. Aber man kann die Bedeutung, die der Palast für die Tibeter hat, an deren Verhalten erkennen: von den alten Frauen, die mit der Gebetsmühle in der Hand die Kora (heilige Runde) um ihn drehen und sich dann davor niederwerfen. Oder von den Pilgern, die in den wenigen begehbaren Räumen die Butterlampen am Leuchten halten. Diese Pilger inmitten des Touristenflusses scheinen völlig aus der Welt gefallen zu sein.

Mit den Rädern hat es dann wieder länger gedauert als erwartet, aber das ist ja immer so. Wir bezahlen Leute vor Ort, die uns die Räder in Bestzustand vor das Hotel stellen sollen. In Lhasa hatten die Räder den langen Transport aus Beijing hinter sich, dann ist eine gute Wartung natürlich besonders wichtig. Tatsächlich sah es so aus: die Lenker waren verkehrt an den Vorbau montiert, die Reifen waren nicht aufgepumpt (weil es in ganz Lhasa keine ordentliche Pumpe für französische Ventile gibt), die Räder insgesamt waren mit einer dicken Staubschicht bedeckt etc. Es war noch viel zu tun. Irgendwann sind wir dann doch noch eine kleine Schleife zum Lhasa-Fluss und durch die Altstadt gefahren.

Das Abendessen im House of Shambala war gut. Shambala: das Reine Land des tibetischen Buddishmus, wir wurden dabei passenderweise bestens unterhalten von einer Gruppe Tschechen, die im Nebenraum zur Gitarre Kirchenlieder sangen. Und leider hatte ich meinen Fotoapparat dann nicht mehr dabei, denn eine schöne Szene waren die Panikkäufe auf dem Rückweg: Kartonweise Wein, der jetzt bis Kathmandu reichen muss.

Kleinstadtleben

Berge, Tempel, Thangkas, 24.09. bis 24.10.2011

70 Kilometer von Wuwei nach Yongchang, Sonnenschein bei Temperaturen zwischen morgens 9 Grad bis 20 Grad und schönem Sonnenschein, leicht anstegende ruhige Straße muit 550 hm.

Am Morgen haben wir noch recht interessante Gesprächspartener, eine Gruppe von Motorradfahrern aus Großbrittanien. Sie sind seit mehr als einem Monat untwerwegs und wollen noch bis Bangkok. Die schweren Maschinen vor der Tür sind schon beeindruckend, aber ich möchte nicht tauschen. In den schweren Kluften kann man sich kaum bewegen und dann jeden tag 600 Kilometer durch die Landschaft heizen. Der Reiseleiter der Gruppe ningelt ein bisschen, die wollen immer nur fahren und sehen sich kaum was an, sogar am Buddha in Zhangye haben sie keine Pause gemacht. aber egal, die zahlen gut, grinst mich der Uigure aus der Provinz Xinjiang an.
Das Wetter wird huete sehr schön, die Sonne strahlt klar vom Himmel und bald sind auch die frostigen 8 Grad aufgesaugt und wir haben optimale Radfahrtemperaturen. Der heutige Radtag ist einer der wenigen ohne größeren Erlebnisfaktor, es geht konstant und gleichmäßig mit 1% Steigung aufwärts, aber das merkt man gar nicht. Auch die Landschaft ist recht monoton, wir fahren durch eine weite, aber sehr trockenen Hochebene und es gibt auch nicht zu viele Dörfer und nur wenig Landwirtschaft. Links dagegen zieht sich am Horizont ein Ausläufer des Qilin entlang mit Gipfeln weit über 4000 Metern Höhe, die uns mit eisigen Schneegipfeln grüßen, hier unten ist alles nur recht öde und trocken, die Oasen liegen noch ein wenig weiter rechts in der Ebene.

Doch schon am frühen Nachmittag erreichen wir unseren Zielort Yongchang. Der ist nicht groß und wir brechen zu einem Spaziergang auf. In drei Stunden haben wir die ganze Stadt kennen gelernt. Im Zentrum wird ein gigantischer Platz errichtet mit Springbrunnen und hunderttausend Lampen. Außerdem gibt es ein Stadion, das für den Ort eigentlich überdimensioniert erscheint, aber vielleicht tummelt sich die Mannschaft in der chinesischen Liga etwas weiter oben.
Auf den Straßen sitzen überdurchschnittlich viele alte Männer beim Karten spielen, die meisten Uiguren mit grauen Bärten und runden Brillen, ein Bild, dass man eher mit dem China vor 30 Jahren verbunden hat. Aber gestern in Wuwei haben wir auf dem Markt noch einen Laden entdeckt, der immer noch Mao-Anzüge und Mao Mützen verkauft. Die mao Anzüge heißen in China nicht Mao Anzüge, sonder Sun Yat Zen Anzüge und das war der Gründer der bürgerlichen Republck China gute 20 Jahre vor Mao, der eben gerne ebensolche Anzüge trug.
Eigentlich bin ich auf der Suche nach einem kleinen Restaurant, in dem ich mit meiner Gruppe schon 2008 zum Essen war und die seitdem ein großes Foto unserer Radlergruppe im Lokal hängen haben, aber den Laden gibt es nicht mehr. Aber wir finden ein anderes nettes Lokal und haben ein leckeres Abendessen, Spezialität ist ein kalter Schweinebraten, dazu einige gemüsgerichte und man vermisst den Rotkohl und die Thüringer Klöße gleich nicht mehr!
Am Abend sitzen wir dann noch eine halbe beim Schlaftrunk aus unseren neu erstandenen Tassen, ab morgen geht es bei uns luxuriös zu, wir haben in eine schöne rote chinesische Thermoskanne und Kaffeepulver investiert und wollen die Passhöhen dann immer mit einem gemütlichen Tässchen heißen Kaffees begießen.

Seidenstraße – Am Rande von Tibet kratzen

Berge, Tempel, Thangkas, 24.09. bis 24.10.2011

65 Kilometer von Gulang nach Wuwei, 410 Höhnemeter nach unten, fast nix hoch, Besichtigung der weißen Stupa bei Wuwei und Stadtbummel, morgens frostige 8 Grad, dann viel Sonne bis 22 Grad.

Die Regenwolken haben sich verzogen und es ist klar, kristallklar und die Morgentemperatur beträgt frostige 8 Grad und fröstelnd suchen wir uns die erste Frühstücksbude. Wie kalt mag es hier im Winter sein und wie ungemütlich, wenn nur noch die kleinen Kanonenöfen in den Restaurants ein wenig Wärme spenden.

Um halb 9, als wir auf den Rädern sitzen, ist es glücklicherweise schon ein gutes Stück wärmer und so rollen wir einem leichten Tag entgegen. Kein einziger Hügel trennt uns von der Stadt Wuwei und die knappe Millionenstadt liegt auch noch gute 400 Meter tiefer.

Wir gleiten also nur so durch die Ebene und links von uns tauchen die ersten richtig hohen Berge auf, vielleicht schon Ausläufer des Qilin Gebirges mit Gipfeln über 6000 Meter.

Bis Zhangye sind wir auf einem zentralen Stück der Seidenstraße unterwegs, entsprechend bunt ist das Völkergemisch. Die Moslems, die Hui, dominieren und es gibt natürlich auch viele „reine“ Chinesen. An der Straße werden die frisch geschlachteten Schafe geschächtet, für den verwöhnten Mitteleuropäer nicht unbedingt der ästhetischste Anblick.

Dass die Region einstmals zu Tibet gehörte, daran erinnern nicht nur die Schnee bedeckten Eisgipfel, sondern auch ein Feld mit 88 weißen Stupa kurz vor Wuwei. Die Anlage ist gut gepflegt und in Schuss, aber kaum ein ii- oder gar ausländischer Tourist verirrt sich hierher. So wandern wir allein durch die große Anlage. im Zentrum steht ein großer weißer Stupa mit fasst 30 Metern Höhe nach allen Seiten flankiert von kleineren vielleicht 8 bis 10 Meter hohen Kegeln. Wir genießen den tollen Blick mit den Bergen im Hintergrund und die warme Sonne im Gesicht, schade, dass die Anlage kein religiöses Zentrum mehr ist, denn das würde ja auch tibetische Pilger anlocken.

Wenig später erreichen wir dann die Großstadt. Wir Mittagen noch am Rande in einem winzigen Laden mit 20 verschiedenen Sorten an Jiaotze, eine Art chinesischer Ravioli und essen natürlich viel zu viel, deshalb brauchen wir dann im Hotel noch eine kleine Pause, bevor wir in das quirlige und saubere Zentrum aufbrechen.

Die Einkaufstraße verbindet den ländlichen Charme mit der Moderne, das heißt, die Menschen sind nicht mehr so edel gekleidet, wie noch in Beijing, aber man steht ansonsten dem Großstadtleben in wenig nach. An einem Stand werden i-pod (nano) für 3 € verklingelt und die Dinger sehen nicht nur gut aus, sondern funktionieren auch. Wir schlendern die Fußgängerzone hoch und wieder runter und bleiben staunend am Fliegenden Pferd stehen. Die Bronzefigur eines galoppierenden Pferdes ist im Original nur 30cm groß und verstaubt hier im Museum von Wuwei, die Figur hat aber trotz ihres Alters von fast 3000 Jahren nichts an Lebendigkeit und Dynamik verloren und wurde deshalb zum Symbol der Provinz und der Tourismusindustrie Chinas.

Der Markt in Wuwei mit seinen moslemischen Kochständen zieht die hungrigen Städter abends an. Leider ist ein Teil des Marktes wegen Neubau geschlossen, aber in der anderen Hälfte wird gehandelt, was das Zeug hält, wir sind eben an der berühmtesten Handelsstraße der Welt.

Nach unserem mehr als ausgiebigen Mittag snacken wir abends nur ein wenig und schlendern zum Hotel zurück. Endlich gibt es wieder Internet.


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Ennui in der Business-Class

Auf dem Dach der Welt, 27.09. bis 22.10.2011

Flugzeit heute nur 1:15h, trotzdem sind wir von einer Welt in eine andere geflogen. Vom provisorischen Chaos Nepals hinein in das kontrollierte Tibet, vom grünen Monsun in die braune Bergwelt. Über 2000m Höhenunterschied (Lhasa liegt auf etwa 3600m), das wirkt sich gerade etwas auf das Bewusstsein aus. Wie in Watte ist das hier, eigentlich nicht unangenehm. Also, der Flug war zwar kurz und trotzdem waren wir den ganzen Tag dafür unterwegs, das Chaos braucht schließlich seine Zeit und die Kontrolle auch. 4km bis zum Flughafen von Kathmandu bedeuten 45min, 65km vom tibetischen Flughafen Gongkar nach Lhasa brauchen auch nicht viel länger. Außerdem wurde auf die lustige Nepal Zeit (+3:45) noch einmal 2:15 draufgeschlagen, in Lhasa herrscht selbstverständlich Beijing Zeit.

Mit dem Flug haben wir nettes Geld in die Gruppenkasse gespült. Im Vorfeld waren nur noch Business Class-Tickets zu haben, von Kathmandu aus geht der einzige internationale Flug nach Lhasa und der scheint beliebt zu sein. Gestern Nacht wurden wir von ernsten und entschlossenen Nepalesen kontaktiert, die uns unter allen Umständen einige der Tickets abkaufen wollten, kanadische Reisende konnten und wollten nicht auf das Business-Class Privileg verzichten, das ist verständlich. Wir haben sie die Hälfte unserer Tickets in die Economy-Class umtauschen lassen, für ordentliches Geld und Fensterplätze mit Everest-Blick. Auf dem Flug lasen die Kanadier die meiste Zeit Zeitung. Ich will nicht wissen, was der Veranstalter für diese Bequemlichkeit leisten und ausgeben musste: wie sie uns überhaupt ausfindig gemacht haben, und dann haben sie uns aufgelauert, verhandelt, Mittelsmänner eingesetzt, die Airline für die Namensänderungen bestochen.

Der Flughafen von Kathmandu macht seinem Land alle Ehre, verplant und höchst sympathisch. Gate 5 wurde uns angesagt, der Sicherheitsmann konnte den Schlüssel zum Gate nicht finden, also mussten alle von Gate 4 aus über das Rollfeld laufen. Vier von uns dann in der Holzklasse mit Blick auf Everest und Kollegen, die anderen vier in Business auf rechts, sich gelangweilt die Fingernägel feilend. Dabei hätte man von rechts herrlich den Kangchenjunga sehen können, den dritthöchsten Berg der Welt, im Grenzgebiet zu Sikkim.

In Gongkar war es dann viel unkomlizierter und längst nicht so martialisch wie erwartet. Unser tibetischer Guide heißt Laba und war nett und gesprächsbereit. In der Stadt haben wir dann unseren Olympiaradler Eckhard aufgelesen, der ist über andere Wege nach Tibet gereist und nun sind wir vollzählig, eine fast reine Männerrunde, verwegene Gesellen! Nur Silke vertritt die Damenwelt: eine Alexandra David-Neel unserer Zeit.

Der erste Pass

Berge, Tempel, Thangkas, 24.09. bis 24.10.2011

110 Kilometer von Yongdeng nach Gulang, über den 3015 Meter hohen „Krähenruf-Pass“, verregnete, kalte Abfahrt nach Gulang, ca. 8 bis 15 Grad.

Frühstück gibt es heute auf sehr Chinesisch, gedämpfte gebratene Teigtaschen, dann sitzen wir um 9 Uhr auf den Rädern und verlassen die kleine Stadt. Die ersten Kilometer herrscht wieder recht reger Verkehr und lässt dann auch nicht nach, dabei habe ich die Straße als sehr ruhig in Erinnerung. Die Ursache dafür erfahren wir recht schnell, die parallel laufende Schnellstraße ist wegen Umbau zur Autobahn komplett gesperrt, na so ein Mist auch!

Heute steht unser erster 3.000er Pass auf dem Programm, keine zu schwere Aufgabe, denn wir starten schon auf 2100 Metern Höhe und die ersten 50 Kilometer geht es mit 1 % mehr als seicht nach oben.

Die Landschaft ist wieder recht wild mit trockenen Hügeln, aber schon bald tauchen höhere Berge am Horizont auf und auf den Gipfeln liegt Schnee.

Die Bevölkerung besteht hauptsächlich wieder aus der Hui Minorität (Moslems), aber in Tianzhu erreichen wir den ersten tibetischen Landkreis in der Region. Es ist hier kaum möglich Tibeter unter den Leuten zu identifizieren, aber die Aufschriften in den Geschäften sind eben neben Chinesisch, manchmal in arabischer Schrift oder jetzt fast immer auch in Tibetisch. Auch die Häuser, die neu gebaut werden sind ab und an mit tibetischen Ornamenten bestückt.

Bis zum frühen Nachmittag, als es dann etwas steiler nach oben geht, sind wir schon auf 2700 Metern. Die Dörfer werden etwas kleiner und es dominieren kleine Lehmhäuser. Uns bleiben nur noch 300 Meter Höhe bis zum Pass und die sind auch recht schnell zurück gelegt.

Hier oben pfeift ordentlich der Wind und es sind nur noch 9 Grad und auf der anderen Seite sieht es noch ungemütlicher aus und wir rollen direkt in den Regen.

So wird die 40 Kilometer lange Abfahrt dann doch eher ungemütlich und sehr kalt, aber die letzten fünf Kilometer vor Gulang ist es wieder trocken und die Finger und Fußzehen haben noch einmal die Möglichkeit aufzutauen und wir kommen mit fast trockenen Klamotten ins Hotel, das wir erst im dritten Anlauf bewohnen dürfen.

Beim ersten Versuch wurden wir an ein anderes Hotel weiter verwiesen, da man angeblich keine Ausländer aufnehmen dürfe, da das zweite Hotel aber voll war, mussten sie uns dann doch nehmen, leider hatten nur die Hälfte der Leute eine warme Dusche, in der dritten Etage ging das warme Wasser dann erst am Morgen, aber das ist eben ländliches China.


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Durga Puja

Auf dem Dach der Welt, 27.09. bis 22.10.2011

Heute im Telegrammstil, denn es ist spät und will geruht werden:

Alle gut geflogen und gelandet. Alle aufrecht dem Ansturm, den Kathmandu den Sinnen bietet, standgehalten. Durga Puija oder Dasain, das größte hinduistische Fest des Landes, das Blut von Wasserbüffeln und maximaler Tumult. Außerdem kommt es plötzlich und sturzartig vom Himmel. Wie sich Straßen doch schlagartig leeren können, wo sich der Mensch doch überall hinquetschen kann. Kumari, die lebende Göttin, schaut kurz und huldvoll zu ihrem Volk hinunter (5 Jahre alt). Am Abend bekommen wir endlich unsere Tika, unser drittes Auge, gute Reise! Lang lebe Subeechya und ihr lang lebe ihr Vater Bharat!

Nachtfahrt im Land der Hui

Berge, Tempel, Thangkas, 24.09. bis 24.10.2011

72 Kilometer vom Flughafen in Lanzhou nach Yongdeng bei 15 Grad und Wolken, ruhige und belebte Straßen im Lande der moslemischen Hui Minorität, 500 hm

Ein zeitiger Flug wäre mir viel lieber gewesen, aber so können wir gemütlich ausschlafen und frühstücken, bevor um 9.30 Uhr das Taxi zum Flieger kommt. Dort kündigt sich das trübe Wetter in der Provinz Gansu schon an, der Flieger wird ordentlich durchgerüttelt, bevor wir gegen 14.30 in Lanzhou ankommen.

Die Stadt interessiert uns heute noch nicht, hier kommen wir am Ende der Tour noch einmal hin und haben auch einen Tag Zeit. Wir wollen endlich aufs Rad, auch wenn das Wetter gar nicht radelfreundlich ist, es nieselt ein wenig und ist trüb und der Wind bläst natürlich aus der falschen Richtung.

Nach Norden geht es leicht bergan auf einer leicht belebten Straße mit vielen kleinen Dörfern. Industrie gibt es nicht und ein kleiner Hof reiht sich an den nächsten. Welch arger Kontrast zum quirligen und weltstädtischen Beijing. Und bei dem trüben Wetter scheinen sich alle in ihre Häuser verzogen zu haben, außer einem Hirten, der auf seine drei Schafe aufpasst und ein Bauer, der seinen Acker mit dem Maultier umpflügt.

Erst in der nächsten Kleinstadt bekommen wir wieder mehr Leute zu Gesicht, meistens mit den weißen Mützen der Moslems. Wir sind im Gebiet der Hui Minorität, die sich ethnisch kaum von den Chinesen unterscheidet, das wichtigste Merkmal ist, es sind alle Moslems und sie sprechen Chinesisch und keine eigene andere Sprache. Die meisten sind Nachfahren moslemischer Händler, die sich entlang der Seidenstraße angesiedelt haben.

Die Schule ist gerade zu Ende und wir werden von vielleicht 50 Schülern und Kids umringt, echte Begeisterung, die Tour der France ist nix dagegen.

Bei schönem Wetter könnte die Landschaft grandios sein, zwischen den trockenen Hügeln überall kleine Dörfer und ein erstes Minarett ragt in die Höhe. Überall gibt es kleine Felder, die Gewächshäuser sind inzwischen abgeerntet, ebenso die zum Teil terrassierten Getreidefelder. Die Maisernte ist gerade im Gange und uns komme kleine Traktoren entgegen, die das Maisstroh zwei Meter nach oben und vier Meter in die Breite geladen haben.

Die letzten 20 Kilometer auf der Hauptstraße müssen wir dann im dunklen zurücklegen, mit dem späten Start sind die ca. 500 Höhenmeter nicht zu schaffen gewesen. Aber unser Begleitfahrer Xiao Pang gibt uns Licht und Schutz von hinten und so erreichen wir gegen 20.30 unseren Zielort Yongdeng. Am Ortseingang essen wir noch schlicht, einfach und gut, ein paar gebratene Fleisch und Gemüsegerichte und Reis.

Gegen 22 Uhr verlassen wir den Laden wieder und unser Hotel ist schnell gefunden, viel zu luxuriös für die angebrochene Nacht und nach der warmen Dusche ist nur noch Zeit zum Schlafen. Morgen wollen wir nicht zu spät los, knacken wir doch gleich die 3000 Meter Marke, das ist aber nicht zu schwer, denn hier nördlich von Lanzhou befinden wir uns schon auf 2100 Meter Höhe über dem Meeresspiegel und es ist natürlich auch schon viel kühler als gestern noch in Beijing.


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Es sind stürmische Zeiten

Auf dem Dach der Welt, 27.09. bis 22.10.2011

Sensationelle Neuigkeiten: meine Anreise nach Kathmandu verlief recht reibungslos. Zur Feier des Tages also ein kurzer Prolog, meine Gruppe kommt erst morgen früh hier an. Und ich scharre bereits respektvoll mit den Hufen: die Tibet-Tour wartet, erbarmungslose Winde, eisige Höhen, große Weiten, vollendete Ruhe.

Die Nacht in den Osten ist natürlich traditionell kurz, deshalb noch immer Schlafdefizit. In Bangkok hat eine nasse Wand gewartet. In Bangkok war ich eine Nacht, ich wohne dort am Rand der Chinatown, und siehe da, das vegetarische Fest der Auslandschinesen war mal wieder voll im Gang. Das sind enorme Feierlichkeiten die jährlich stattfinden, die schmalen Gassen sind mit noch mehr Essens-und Einkaufsständen als sonst verstopft, die meisten Leute bewegen sich in unbeflecktem Weiß durch die Gegend. Das Zentrum des Festes bilden ausgerechnet Tempel und Parkplatz direkt vor meinem Gästehaus, was einerseits spannend ist, anderseits höchste Ausgeglichenheit erfordert. Spätestens wenn die chinesische Operntruppe loslegt, das hat sie gestern etwa zeitgleich mit meiner Ankunft getan. Dann ist an Ruhe nicht mehr zu denken, und zwar Tag-und Nacht, eine knappe Woche lang. Vor ein paar Jahren war ich zufällig während der gesamten Dauer des Festes in meinem Gästehaus und kam mir ausgesprochen ruhebedürftig vor, eine Woche auf dem Balkon, den Blick träge über den Fluss schweifen lassen etc. Aber sie ließen sich natürlich nicht lumpen, die Opernstars. Bei diesen Opern gibt es nachts Stunden, da spielen sie praktisch für sich selber, was zutiefst rührend ist finde ich (wenn entsprechend ausgeglichen).

Also nicht viel Schlaf. Das Kantipur Temple House in Kathmandu wiederum ist ein Hort des Friedens, aber um es herum: Tumult, Tumult! Der Regen prasselt unberechenbar vom Himmel, der Sommermonsun hat das Tal noch immer im Griff, die Altstadtgassen dampfen und das Leben tobt wild und anarchisch vor sich hin.

Und täglich grüßt das Murmeltier

Berge, Tempel, Thangkas, 24.09. bis 24.10.2011

Einstiegstag in Beijing mit Besichtigung des Himmelstempels, dann Shoppen im „Kaufhaus der Großen Glücks“ und Besichtigung der Verbotenen Stadt und des Tiananmen Platzes.

Der erste Tag in Beijing ist für mich schon wie der bekannte amerikanische Spielfilm „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Der Wecker klingelt und ich gehe rüber ins Lüsongyuan-Hotel zum Frühstück und begrüße meine Gruppe und dann geht es los mit immer dem gleichen Programm.

Nach dem Frühstück geht es zum Geld tauschen und dann mit hunderttausend Chinesen in der U-Bahn zum Himmelstempel. Das Wahrzeichen Beijings, ein großer, runder Tempel aus der Qing Dynastie grüßt mit seinem blauen Dach schon von weitem. Nach dem gestrigen dunstigen Tag haben wir Glück und es ist ein fast klarer Tag und die Sonne scheint warm und herbstlich mild vom Himmel.

Das nutzen wie üblich die aktiven Rentner Beijings ebenfalls zu ihrer täglichen Visite im Park. Hier wird getanzt, Softball gespielt, Tai Chi gemacht, Schach gespielt und gestrickt und es wird gesungen und Musik gemacht. Das bringt unsere China und Beijing Neulinge zum Staunen und ist für den Kenner des Landes trotzdem immer wieder interessant. Besonders die Körper der ehemaligen Offiziere der Eliteeinheiten ziehen immer wieder die Blicke auf sich, die Männer kennen ihre Stärken und lassen sich auch schon mal recht stolz anfassen.

Wir pilgern dann durch die zwei Tempel des Heiligtums und teilen unsere begeisterung für die Halle der Andacht für eine gute Ernte mit den anderen hunderttausend Touristen hier im Tempel. Natürlich gelingt es uns am Echowall auch nicht, wie den krakelenden Chinesen ebenso, die akkustischen Besonderheiten der Anlage auch nur im geringsten wahrzunehmen. Höhepunkt im Tempel ist dann natürlich das Foto auf dem Mittelpunkt der Erde, für welches man richtig Schlange stehen muss.

Nach dem Tempelbesuch geht es dann zum Shoppingtempel auf der anderen Straßenseite, „Markt an der Roten Brücke“ heißt er, wurde von mir aber in „Kaufhaus zum Großen Glück“ umgetauft und heute traue ich mich auch einmal Fotos vom bunten Treiben im Laden zu machen. Wie immer funktioniert das System und ich habe noch nie jemanden gesehen, der das Kaufhaus verlassen hat, ohne etwas umzusetzen.

Am Nachmittag steht dann der Platz des Himmlischen Friedens auf dem Programm, wir schlendern über den Platz auf dem die Volksrepublik China 1949 ausgerufen wurde und auf dem jedes Jahr zum 1.Oktober eine große Miltitäparade abgehalten wird. Dafür hat man schon begonnen, den Platz festlich zu schmücken und huinderttausende von Blumentöpfen werden herangekarrt. Mehr als eine Million Menschen sollen auf den Platz passen und das obwohl der er mit dem Mao Mausoleum und dem Denkmal für die Volkshelden doch recht zugebaut wirkt.

Ich entlasse dann meine Gruppe in die Verbotene Stadt und besorge einen Tisch in einem kleinen Pekingentenrestaurant, in dem wir dann den Abend beschließen. Wir verputzen zu sechst eine ganze Ente mit der leckeren Haut, die mit Gurken und Zwiebeln in einen Pfannenkuchen gewickelt werden. Dazu gibt es dann noch Entenleber und ein paar Gemüsegerichte und hinreichend kühles Beijinger Bier. All zu spät wird es nicht, denn es wird noch ein oder zwei Tage brauchen, bis sich meine Gäste an die 8 Stunden Zeitunterschied zu Deutschland gewöhnt haben, aber der Einstieg ins Reich der Mitte ist gelungen……..eigentlich wie immer, denn „täglich grüßt das Murmeltier“.

Beijing – Stadt des gelben Dunstes

Berge, Tempel, Thangkas, 24.09. bis 24.10.2011

Ankunft in Beijing mit kleinen Hindernissen, Spaziergang durch die Hutongs und Besichtigung des Trommelturmes.

Heute herrscht typisches Beijinger Wetter, als ich mich am späten Vormittag auf den Weg mache, um die neue Gruppe abzuholen. Das heißt, eigentlich ist schönes Wetter und etwas Sonnenähnliches steht am Himmel. Davor aber hängt ein trüber Schleier und die Sicht ist erschreckend gering. Dabei ist die Smogbelastung der Stadt in den letzten Jahren spürbar geringer geworden, nicht zuletzt hat man vor den Olympischen Spielen 2008 viel in Umwelttechnologie investiert und die allerschlimmsten Dreckschleudern in der Umgebung für immer abgeschaltet. Trotzdem ist es im Winter immer noch hart in der Stadt, wenn in eiskalten Hochdruckwetterlagen sich der Rauch der Millionen Kohleöfen der kleinen Wohnviertel, Hutongs genannt, über der Stadt sammelt. Heute ist es dagegen der Sand und Staub aus der Wüste Gobi, der am Himmel hängt. Glücklicherweise ist es windstill, denn die so genannten „Gelben Winde“ können ziemlich unangenehm sein.

Natürlich trudelt der Air China Flug wie immer mit etwas Verspätung ein und meine Leute steigen wohlbehalten aus dem Flieger, bis auf Ursula, die fehlt und ist auch in Frankfurt nicht gesehen worden. Es stellt sich heraus, dass sie schon vorher in Russland unterwegs war und mit der Transsib vor zwei Tagen in Beijing angekommen sein wollte. Also heißt es nur abwarten und Tee trinken.

Viel ist immer vom Ankunftstag nicht übrig, die Zeit reicht noch, um durch die nördlich Hotongs zu spazieren und das Leben auf der Straße kennen zu lernen und neugierig die Chinesen beim Karten spielen, Schwätzchen oder beim nachmittäglichen Herumlaufen im Schlafanzug zu beobachten. Diese Unsitte hat die Beijinger Stadtregierung versucht auszurotten, aber schon am tag nach den Olympischen Spielen waren die Schlafanzugläufer wieder unterwegs. Das sind nicht etwa Entlaufene aus Heilanstalten, sondern nach der Arbeit wäscht sich der Chinese und schlüpft, weil es so schön bequem ist, eben in den Schlafanzug und läuft auch den Rest des Tages damit herum. Das gilt natürlich nicht für alle Chinesen, die neu gemachten Schlendermeilen um den Houhai See sehen da ganz anders aus. Hier kommen die chinesischen Touristen zum Shoppen und die Beijing Jugendlichen zum Schlendern und Snacken her und hier ist man eher überrumpelt von hauptstädtischem Flair und modischer Moderne. Die Frauen in gefährlich kurzen Röckchen und heißen Jäckchen und High Heels ziehen natürlich alle Blicke auf sich, während der durchschnittlich eher schlecht gekleidete chinesische Mann deutlich absticht.

Am Trommelturm haben wir Glück und erleben noch die abendliche Vorstellung der Trommler, ein Orkan aus Drumbeats in der hohen Halle des Turmes erzeugt von den fünf Trommlern auf fünf großen roten fassähnlichen Trommeln. Die Aussicht von oben ist leider grauenvoll wegen des trüben Wetters, man kann geradeso den auf der anderen Straßenseite liegenden Houhai-See noch genau ausmachen.

Pünktlich zum Abendessen taucht dann unsere verloren geglaubte Teilnehmerin Ursula auf, sie hatte im Hotel sogar einen Zettel hinterlassen mit ihrer genauen Ankunftszeit, aber den bekomme ich erst viel später zu sehen.

Das erste Essen ist dann ein Genuss, ich habe ein Dachterrassenlokal ausgewählt, das ist zwar nicht unbedingt der preiswerteste Laden, aber die Küche ist raffiniert und fein, also perfekt für den Abschluss eines ersten Tages in Beijing.