Das Blutbad

Auf den Spuren der Khmer vom 29.10. bis 27.11.2011
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Hinweis: Dieser Blogeintrag wurde von der Teilnehmerin Renate Exner verfasst. Vielen herzlichen Dank!
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Mental waren wir von Tommy bereits vorbereitet auf die Gefahren im Nationalpark: Bis zu den Elefanten könnten wir mit dem Rad an einem Tag leider nicht vordringen, dazu sei der Nationalpark zu groß. Die Tiger würden sichohnehin nicht zeigen und die Kobras seien im Grunde zu scheu. Worauf wir uns aber gefaßt machen müßten – sie sind nicht gefährlich, tun auch nicht weh, und manche Leute zahlen sogar dafür – seien die Blutegel. Bis wir zu diesen Blutsaugern vorgedrungen waren, lag allerdings eine Route mit mehr Anstieg als gedacht vor uns. Leider auch mit mehr Autoverkehr als üblich. Die Straße durch den Nationalpark ist tagsüber für PKWs geöffnet und wird momentan wegen der Überflutung der normalen Verkehrswege ausgiebig genutzt. So bekommen wir indirekt doch Auswirkungen der großen Flut zu spüren.

Am Eingang des Parks, gleich vor einem kleinen Tempel, erwarten uns dann alle Tiere auf einmal – allerdings aus Holz, sauber aufgereiht, als ob sie gleich in die Arche Noah einsteigen wollten. Leider ist der geplante Wanderweg gesperrt und wir müssen uns mit einem kurzen Abstieg zu einem kleinen Wasserfall begnügen. Das reicht aber, um einige scheue Warane und weniger scheue Hirsche und Affen zu sehen. Für die Blutegel müssen sich schließlich nur zwei tapfere Recken aus unserer Gruppe, Edgar und Ernst, opfern. Alle anderen kommen mit heiler Haut davon.

Hand auf’s Herz: Wer weiß, daß es auch einen weiblichen Buddha gibt? Auf unserer Radtour zurück ins Hotel werden wir angelockt von einer mehrere Meter hohen, goldenen Buddhastatue. Es handelt sich um Avalokiteshvara, den einzigen weiblichen Buddha, erzählt uns Andreas, unser Reiseleiter. Der Name stammt aus dem Sanskrit und sie ist die Göttin des universellen Mitgefühls. Wie passend – obwohl in unserem Fall ja schon das Mitgefühl mit Edgar und Ernst reichen würde. Avalokiteshvara steht auf einem gepflegten Rasen neben einem Kloster und einem prächtigen buddhistischen Tempel und kümmert sich sicherlich auch um die Kinder in der angeschlossenen Klosterschule.

Süßes Highlight am Nachmittag ist eine Spezialität der Region, die unser Foodscout Johann mit sicherem Auge auf einem quirligen Markt findet: Khao Lam! Klebreis gegart in einem Bambusrohr, vermischt mit schwarzen Bohnen und Kokosmilch. Einfach köstlich, und wir dürfen alle mal probieren!


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Wo ist das Wasser?

Auf den Spuren der Khmer vom 29.10. bis 27.11.2011
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Hinweis: Dieser Blogeintrag wurde von der Teilnehmerin Renate Exner verfasst. Vielen herzlichen Dank!
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Bangkok sollte der Ausgangspunkt für unsere Reise durch Thailand, Laos und Kambodscha sein. Nachdem die Wasserstandsmeldungen für den Chao Praya, der mitten durch Bangkok fließt, in den letzten Tagen vor dem Abflug aber immer dramatischer ausfielen und die Warnung vor einer möglichen großen Flut jetzt auch von offizieller Seite ausgesprochen wurde, mußten Andreas, unser Reiseleiter, und Tommy, unser thailändischer Guide, kurzfristig ein Auffanglager für die ersten zwei Tage finden. Morgens um sieben kommen wir in der Stadt der Engel an, alles in uns schreit nach einem Bett, denn ist es doch gerade 23 Uhr, das sagt meine innere Uhr mir unmißverständlich, aber Tommy, der uns am Flughafen in Empfang genommen hat, setzt uns in einen gut gekühlten Bus und findet, es sei doch gerade die richtige Zeit für einen Café, nicht wahr, Baby?

Unser Ziel ist also Khao Yai (= großer Berg), der älteste Nationalpark und eines der letzten Monsunwaldgebiete in Thailand. In diesem Jahr ist der Park genau 50 Jahre alt geworden und bietet noch mehr als 100 wilden Elefanten Lebensraum. Dort werden wir die ersten beiden Nächte in einem Resort Hotel verbringen.

Zwischen Dahindämmern, Zwischenstop am Früchteparadies und der ersten Version von Som Tam, dem fruchtig-scharfen Papaya-Salat, ohne den in Thailand kein Essen vollständig zu sein scheint, und der in den nächsten Tagen noch viele Versionen folgen werden, sind unsere Augen immer auf der Suche nach Zeichen der Überschwemmung. Aber die großen Becken neben unserer Route stellen sich als Fischfarmen heraus und die staubigen Straßen scheinen seit Wochen kein Wasser gesehen zu haben. Nach fünf Stunden Fahrt für 200 km wird aber klar, daß Tommy, bei dessen Schwester im Garten hinter ihrem Haus in Bangkok schon die ersten Krokodile gesichtet wurden, uns nur findig und mit Hilfe eines größeren Umwegs um alle „Wasserstellen“ herumgeleitet hat.

So Long, Tetrapode

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Heute aus der Welt der Tetrapoden in das schöne Hinterland. Tetrapoden, das sind die monströsen Wellenbrecher aus Beton und die scheinen an der taiwanischen Ostküste bitter nötig zu sein, vor allem in der Taifun-Saison (doch Vorsicht: in punkto Landerhaltung haben sie nicht gehalten, was sie versprochen haben. Wie uns allen das Beispiel Sylt nur zu deutlich vor Augen geführt hat).

Also weg von den Tetrapoden, durch onduliertes und kupiertes Gelände, eine abwechslungsreiche, sich durch grüne Landschaft schlängelnde Straße entlang. Flüsterasphalt und Verkehrsarmut. Für Fahrradfahrer sind die Strecken hier toll ausgebaut, immerhin davon sieht man einige, vor allem Rennradler. Es gibt speziell ausgewiesene Rastplätze, an strategischen Stellen findet sich offen zugängliches Fahrradwerkzeug (übrigens auch in allen Polizeistationen) und immer wieder aufmunternde Schilder, die meine Truppe glücklicherweise nicht lesen kann (etwa „Die nächsten 500 Meter wirst Du schnaufen wie ein Ochse“). Jetzt sind wir in Ruishui angelangt und schlapp von den leicht schwefeligen heißen Quellen im Hotel, es wartet der Feuertopf, der uns gewiss den Rest geben wird.

Die Gegend hier zittert, unmerklich aber immerzu: wir sind im East Rift Valley, wo die Eurasische Platte seit Jahrmillionen gegen ihr Philippinisches Gegenstück arbeitet. Das Tal zwischen Zentralgebirge und Pazifik ist herrlich und entlegen, nur ganz vereinzelt sind wir heute durch kleine Siedlungen gekommen. Die Zikaden haben einen Höllenlärm gemacht und dann wie auf Kommando aufgehört damit, die Luft duftet nach Obst: ausgedehnte Pomelo-Pflanzungen, Ananas-Plantagen, Orangenhaine. Der Reis steht hier noch in voller Ähre, im Norden war schon alles abgeerntet: wir nähern uns den Gegenden im Süden, wo drei Reisernten im Jahr möglich sind. Morgen früh geht es über den Wendekreis des Krebses, dann sind wir offiziell in den Tropen.


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Wo ist die Post – Bankomaten sind widerspenstig

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Monika schreibt über unsere letzten beiden Tage, gute Tage! Der Track ist natürlich verzerrt, die Bahnfahrt rechne man uns bitte nicht an. Also erstmal gestern, da sind wir in die Taroko-Schlucht gefahren…

„In der Nacht ist alles verfügbare Wasser vom Himmel gefallen. Nichts ist mehr oben – wir bleiben trocken. Der morgendliche Blick geht weit über das Tal, über die Reisfelder und die Berge. Handtellergroße Spinnen haben sich in Sicherheit gebracht und baumeln fröhlich direkt neben neugierig heraus gereckten Köpfen und erschrecken verschlafene Radler.

Jan hat uns den Tag als interessant angekündigt. Kleiner Sprachexkurs: Interessant heißt – der Tag wird anders als geplant, keine Ahnung was passiert, mal sehen. Spannend heißt – um Himmels willen, was machen wir jetzt bloß, das verschweige ich jetzt wohl besser. Also nur interessant. Wir wollen zur Taroko-Schlucht und hoffen dass diese trotzt Wassermassen passierbar ist. Eine Straße ist den Bergen ist es jedenfalls nicht. Ein Erdrutsch. Wir nehmen den Zug und unser Begleitfahrzeug einen großen Umweg. Die Bahnstrecke ist eingeklemmt zwischen hohen Bergen und Meer und die Schienen führen teilweise direkt am Strand entlang. Nach 90 Minuten klettern wir mit unseren Rennern aus dem Zug und radeln bergauf in die Taroko-Schlucht hinein. Am Anfang des schmalen Taleinschnittes weisen Schilder auf mögliche Behinderungen hin. Giftige Schlangen neben der Straße, bröckelnde Felsen über uns, Wanderer bitte Helme aufsetzen. Interessant halt.

Keine Sorge nichts passiert – und die Schlucht ist wirklich schön. Die Straße windet sich den schmalen Taleinschnitt entlang, führt über viele Brücken und durch Tunnels. Unter uns arbeitet sich der Fluss emsig tiefer ins Gestein, färbt das Wasser sedimentgrau und schleppt riesige Steine talwärts. An den Bergen kleben Tempel, hoch über uns alte Pfade mit baufälligen Brücken. Die Felswände brechen senkrecht ab. Auf dem Rückweg erwischt uns doch noch eine Straßensperre – ein Bagger muss einen großen Felssturz beseitigen und schiebt emsig das herabgefallene Erdreich hin und her.

Inzwischen hat uns Root auch noch eingeholt. Heftig winkend kommt er uns im GIANT-Bus entgegengefahren. Er hat Gas gegeben, jetzt Hunger und lädt die Radler, die sich weit hochgewagt haben zu eine Portion Stinke-Tofu am Imbissstand ein. Das schmeckt und riecht wie es heißt. Heiko kauft hektisch einen Nussriegel, den wir uns teilen um den Geschmack loszuwerden.

Jetzt dürfen wir bergab sausen, dann eine superschöne Strecke direkt am Meer entlang. Wenig befahren, der Wind schiebt von hinten, wiegt Binsen und Palmen. Noch mehr positive Meldungen? Ja gerne – es gibt ausnahmsweise keine Berganfahrt zum Hotel. Wir rollen langsam in der Dämmerung in die Stadt. Einfahrten in die Stadt sind meistens sehr interessant. Heißt: anders als geplant. Oft wuselig, man verliert und verfährt sich, findet sich wieder, dafür das Hotel nicht. Neonreklame blinkt, aus Garküchen dampft es, der Essensgeruch ist vielversprechend. Die taiwanesischen Straßenreinigungswagen sind eifrig dudelnd unterwegs und eine Gefahr für orientierungslose Radler die länger an Kreuzungen herumstehen. Es soll schon vorgekommen sein, dass sie einfach verräumt wurden. Alles geht gut. Root ist wieder vor uns – hat sein Sprechfunkgerät umgehängt und lotst uns. Morgen ist Ruhetag.

Am nächsten Tag dürfen wir ausschlafen. Manche von uns wälzen sich erst kurz vor 11 Uhr aus den Betten. Andere sitzen angezogen wie Eskimos beim Frühstück. Die Klimaanlage ist voll aufgedreht. Wir ducken uns im letzten Winkel des großen Raumes wie eine Herde Schafe zusammen und retten fröstelnd die letzten Frühstücksutensilien. Heute ist Ruhetag. Eigentlich. Aber es gibt eine Menge zu tun. Wo ist das Postamt und sorgt dafür dass die Urlaubsgrüße ankommen? Welcher Bankomat spuckt Geld aus und nicht nur ‚Sorry‘ und nutzlose Quittungen. Und was bringe ich bloß den Verwandten mit? Wir strolchen über Märkte – Socken, gefälschte Sonnenbrillen, frische Fische, Glitzerschmuck direkt nebeneinander. Wir kaufen Essstäbchen und Ingwertee – finden funktionierende Bankomaten. – essen Nudeltaschen und mischen uns unsere scharfe Soße selbst zusammen.

Eine kleine Truppe macht sich per Fahrrad auf den Weg ans Meer. Nur Ruhe geben, das können wir dann auch nicht. Was für eine schöne Fahrt! Wir besuchen den Fischereihafen. Große Harpunen sind an den Fischerbooten befestigt und wir überlegen welches Abendessen damit wohl erlegt wird. Das schön gefärbte Meer wirft heftige Wellen mit Wucht an den Strand und der Wind zupft an uns.

Das Abendessen gibt es auf dem Nachtmarkt. Und dazu jede Menge Spiele die wir aus Jahrmarktzeiten kennen. Mit Bällen auf Dosen oder mit Pfeilen auf Luftballons werfen. Die Gewinne sind dann wahlweise Kuscheltiere, Wasserpistolen oder Comicbuttons.“


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Zum Geleit

Berg und Wasser, 08. bis 29.10.2011

Heute ist der Tag des Abschieds gekommen.
Gestern hatten alle die Möglichkeit, zu tun und zu lassen was sie wollten. Keine nervige Katharina, die den Ton angibt und nach deren Pfeife man tanzen muss.
Zum gemeinsamen Abendessen, ein letztes Mal, trafen wir uns dann wieder. Noch einmal leckeres chinesisches Essen schlemmen. Sigi (Also Sigi, du siehst auch ich bin lernfähig) bekam seine geliebten Stangenbohnen.
Zum gebührenden Abschluss, warf Karl-Heinz ein, müsse man zu dieser „letzten“ Gelegenheit eigentlich unser Stammlokal der vorangegangenen beiden Abende aufsuchen, um da (erneut) das Spirituosenregal zu plündern.
Gesagt getan. Die Bedienungen begrüßten uns schon laut lachend, sie waren unseren Anblick schon gewohnt, auch den von Heinz vorm Schnapsregal. Gebührend beschlossen wir den Abend mit einigen Bieren und drei Flaschen Schnaps der Marke „Roter Stern“.
Es war schon spät, als wir das Lokal verließen. Als letzte Gäste ließen wir nur Koch und Bedienung zurück, eifrig damit beschäftigt eine Unmenge Knoblauch zu schälen, wie es schien, eine allabendliches Ritual.

Heute morgen letztes Frühstück dann eine kurze Verschnaufpause bevor ich meine Gruppe vor zur Kreuzung bringen werde, wo der Fahrer, ein quadratischer Beijinger – mehr breit als hoch-,schon auf uns wartet.
Silke und Andreas haben die Zeit noch genutzt, um nach Geschenken zu fahnden (unter anderem für mich, hihi). Sigi eröffnet mir in der Zwischenzeit, dass er in der vergangenen Nacht von unserem Abschied geträumt hätte. Alle hätten geweint, bis auf ihn und Hans.
So hochdramatisch fällt der Abschied dann doch nicht aus. Der Fahrer bugsiert die Koffer in den Minibus und scheint am liebsten so schnell wie möglich die Passagiere hinterher schieben zu wollen. Also kurz und schmerzlos, aber herzlich. Ein letztes Mal winken und dann verschwindet das Gefährt im Beijinger Verkehrsgetümmel. Und ich bleibe allein zurück.
Kurze Zeit später mache auch ich mich auf, in entgegengesetzter Richtung zum südlichen Flughafen der Stadt. Ich komme pünktlich zweieinhalb Stunden vor Abflug an. Wie gut, dass mein Flug (nach Chengdu) dann auch gleich zweieinhalb Stunden Verspätung hat. Wie anders ist dieser Flughafen als sein großer Bruder im Nordosten. Hier geht es zu wie auf dem Bahnhof (damit meine ich einen chinesischen Bahnhof). Es ist so laut, dass man keine Durchsage verstehen kann. Am Gate hat sich eine Menschentraube gebildet (nicht nur mein Flug hat Verspätung). Ein paar Witzbolde und Krawallmacher sind auch dabei. Dann gibt es endlich eine Essenlieferung für die Wartenden. Ein Aufschrei geht durch die Menge und alles rennt zur Ausgabe, egal ob in Turnschuhen oder auf 12-cm-Absätzen. Kurze Zeit später ist nur noch einvernehmliches Schmatzen zu hören und es herrscht zu ersten Mal so etwas wie Ruhe.
Dann wird auch mein Flug aufgerufen.
Im Flugzeug. Der alte Mann neben mir lacht die ganze Zeit. Aus dem Augenwinkel sehe ich, die „drei Damen vom Grill“ in der Sitzreihe nebenan. Sie beobachten mich. Die eine schaut schnell weg als ich mich unvermittelt umdrehe, die andere muss lachen.

Hier noch einmal ein großes Dankeschön an meine Gruppe, die jetzt im Flugzeug nach Frankfurt sitzt. Es war eine schöne Reise. Unkompliziert und entspannt, einfach angenehm eben, mit einem rasanten Beginn in Guilin und einem hochprozentigem Ende in Beijing.

Komfortzone

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Der Regen prasselt gegen das Fenster und der Wald davor lebt. Wir sind in einer Anlage die uns beim Schlussanstieg viel Mühe gekostet hat, aber jetzt sehen wir durch die Regenschwaden die Ebene von Yilan vor uns, mit allen ihren Lichtern. Satt, komfortabel, warmgeduscht. Ich hatte gerade eine Tour in Tibet, da hatten wir kaum mal heißes Wasser und manchmal auch keinen Strom – Johannes, der uns ein paar Tage hier in Taiwan begleitet hat, musste laut lachen als ich ihn gefragt habe, ob es bei der nächsten Übernachtung heißes Wasser gibt. Plötzlich stellen sich solche Fragen nicht mehr denn wir sind auf Taiwan, man hat hier schöne Hotels und zuverlässig gutes Essen, wie beruhigend, zur Abwechslung!

Johannes musste heute leider wieder los, ein altgedienter und trotzdem begeisterter Reiseleiter, ich denke mal dass er uns auch in Zukunft helfen wird. Ich hatte ihn letztes Jahr bei der Erkundung kennengelernt, dieses Mal hat er zunächst für uns gejobbt und ist dann aus freien Stücken weiter mitgefahren, dabei wurde er gemocht und war uns eine große Hilfe (und jetzt haben wir vor lauter Aufregung unser Gruppenbild mit ihm vergessen…). Unser Team hier ist auf ohnehin Trab und sehr professionell, das hat Monika ja schon geschrieben. Fang ist unsere Fahrerin und würde furchtbar gerne selber austreten, früher hat sie ihr Geld bei Radrennen verdient. Und Gen hat bis heute Abend wie der Athlet schlechthin gewirkt, was ja manchmal auch nicht so aufregend ist, heute hat er einige Gläser mit uns getrunken und irgendwann sogar das Rauchen angefangen, d.h. das Eis ist endlich gebrochen.

Eine herrliche Landschaft wieder heute! Teeplantagen säumten unseren Weg, wir sind in einem der wichtigen Anbaugebiete von Taiwan und wurden dazu sogar museal eingeführt, nämlich im Teemuseum von Pinglin. Vor allem Oolong und Baozhong-Tee von hier sind bekannt, beides halbfermentierte Teesorten, wobei der Bazhong fast noch ein Grüntee ist. Die Teepflanzungen sind immer schön anzuschauen, das Wetter hellte gegen Mittag auf, Affen kreischten im Gebüsch, erst zum Nachmittag verdunkelte sich das Firmament erneut und jetzt regnet es wieder. Wetter durchwachsen aber alles passend, sehr schöner Tag mal wieder.


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Richtung Norden

Berg und Wasser, 08. bis 29.10.2011

Wir sind fast am Ende unserer Reise angekommen. Heute steht das letzte große Highlight auf dem Programm – Die Besteigung der großen Mauer. Unsere Fahrt führt uns durch den morgendlichen Berufsverkehr in nördlicher Richtung aus Beijing heraus. Nach etwa anderthalbstündiger Fahrt sehen wir in der Ferne die Mauer über hohe Bergrücken kriechen.
Wir erklimmen erst den östlichen Teil. Außer uns weit und breit keine Menschenseele. Erst am Wendepunkt unserer kleinen Wanderung kreuzt sich unser Weg mit dem einer chinesischen Reisegruppe, die ebenfalls, nur aus der anderen Richtung, an ihrem Wendepunkt angelangt sind.
Nach einem guten Mittagessen bei schöner Aussicht, herrlichstem Wetter mit blauem Himmel und Sonnenschein, entschließen wir uns auch den westlich von der Straße gelegenen Abschnitt der Mauer zu besteigen.
Am Eingang hat sich ein Trupp Frauen breitgemacht die uns Ansichtskarten, Bücher und Obst verkaufen wollen. Bei Siggi haben sie Erfolg,er kauft eine Khaki, findet sie allerdings ziemlich langweilig im Geschmack, „wie Kohlrabi mit Zucker“. Außerdem verursacht sie wohl ein dermaßen pelziges Gefühl auf der Zunge, dass sie seiner Meinung nach besser als Betäubung vor einer Zahnbehandlung geeignet ist.
Außerdem müssen wir Wegezoll zahlen: 2 Yuan für den Aufstieg, der uns über eine ziemlich wackelige Leiter auf das Bauwerk führt.
Da keiner von uns Lust hat diese Leiter wieder herunterzusteigen, wählen wir für den Abstieg einen Weg, den wir auf der anderen Seite der Mauer entdeckt haben. Auf halber Strecke versperrt uns eine alte, sichelschwingende Frau den Weg. Sie weist auf ein Schild, auf dem in ungelenker Handschrift geschrieben steht, dass auch hier 2 Yuan „Wegezoll“ fällig werden. Ohne Wiederrede zahlen wir, die Frau scheint nicht zu Scherzen aufgelegt. Unten angelangt, stranden wir in einer Art Hinterhof. Der Weg hier ist durch ein Tor, welches mit einer Eisenkette gesichert ist, versperrt. Ein Hund kündigt laut bellend unsere Ankunft an. Die Dame des Hauses erscheint auf der Veranda, etwas später gefolgt von ihrem Mann, der noch dabei ist, seine Hose richtig anzuziehen.
Sie begrüßen uns lachend und erklären erfreut, dass der Weg durch dieses Tor 2 Yuan pro Person kostet. Als kleinen Obolus dürfen wir ganz umsonst die aus Brettern zusammengezimmerte Brücke über den Fluss zur Straße benutzen.
Dann geht es zurück nach Beijing. Eine rote Sonne begleitet uns auf unserer Fahrt, die, kaum angekommen hinter dem Häusermehr versinkt.

Grün

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Es ist das satteste Grün, das man sich vorstellen kann. Man versteht auch ganz gut, wie das kommt: es nieselt, die Luft ist warm und feucht und das ist für hier noch trocken. Gestern an der Küste war die Vegetation anders als heute, man sah Bambus an allen Ecken und Enden und in das Land hinein auch kleine Reisfelder. Heute in den Hügeln war dichter Wildwuchs, immer wieder Areka-Palmen und Bananenstauden. Riesige Schmetterlinge, manchmal sahen sie aus wie kleine Vögel.

Unser Ausgangspunkt war Jiufen, ein kleiner Ort, der während der japanischen Okkupation (1895-1945) zur Goldgräberstadt ausgebaut und später von der taiwanischen Regierung in diesem Sinne weitergeführt wurde. In den 70ern war nicht mehr viel Gold zu holen, Jiufen wurde aber wieder populär durch den Film „Stadt der Traurigkeit“, der 1989 herauskam. Das ist einer der großen taiwanischen Filme (was vielleicht absurd klingt, aber Taiwan hat wirklich eine ganz besondere, großartige Filmkultur). In „Stadt der Traurigkeit“ wird Geschichte, Politik und das Problem mit der taiwanischen Identität sehr poetisch verarbeitet, danach gab es einen Run auf das schöne Städtchen Jiufen, extrem pittoresk.

Es ist schwer zu jubilieren, wenn man den halben Tag im Regen gefahren ist, aber warum eigentlich nicht? Die Strecke war ruhig und wunderschön, die Blicke gingen in wolkenverhangene Berge und in Täler mit rauschenden Bächen, chinesische Tuschemaler hätten sich die Finger wundgekritzelt. Nix los auf dem Weg, alles ruhig, das Wasser hat uns heute die Geräuschkulisse geliefert. Und die Ankunft war auch eine Überraschung: erstmal war man an der Abzweigung zur Herberge ein paar Kilometer vorbeigefahren (klingt ja nicht schlimm, aber über die 20% Steigung bergan zurück haben sich auch nicht alle gefreut), zweitens mal über unser Resort hier. Liebevolle, großzügige Zimmer, feinstes Essen, ein spätes Bad im Strom davor. Und nach dem Essen ein kräftiger Schluck Gaoliang (58%), so muss es weiter gehen, das Wetter kann uns egal sein.


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Ich glaub‘, es wird heller….

Berg und Wasser, 08. bis 29.10.2011

Beijing – es ist grau und kalt. Wir sitzen im Frühstücksraum des Lu Song Yuan und halten uns bibbernd am heißen Kaffee fest. Es ist noch nicht spät genug im Jahr und so sind die Heizungen noch nicht angestellt. Die einzige Möglichkeit ist die angeblich warme Luft aus der Aircondition. Doch selbst bei dreißig Grad kann man eine Wärmeentwicklung nur erahnen.
Zu allem Übel ist der Wasser-Boiler im Hotel kaputt. Gute Nachricht, die neuen Teile sind bestellt, schlechte Nachricht, die Reparatur erfolgt frühestens am Nachmittag.
In unserem Kleinbus ist es mollig warm, leider müssen wir den verlassen. Wir besuchen den Himmelstempel, die Pekinger Einkaufsstraße Dazhalan, laufen über den Tiananmen Platz zur verbotenen Stadt. Dort erstmal bei einem Kaffee aufwärmen. Heinz und Simone machen dabei die Bekanntschaft eines Chemnitzer Ehepaares. Durch den Kaiserpalast wälzen sich Menschenmassen. Die asiatischen Reisegruppen sind gut an ihrer einheitlichen Kopfbedeckungen zu erkennen und an ihrer jeweiligen Reiseleitung, die sich mit Micro und Megaphon lautstärketechnisch gegenseitig Konkurrenz machen. Eine Mädchenklasse, einheitlich in gelbe Jacken und Pandamützen gekleidet, marschiert teilweise im Gleichschritt durch die Sehenswürdigkeit. Sie sind ziemlich begeistert von Heinz‘ neuerworbener Kopfbedeckung, einer Mütze in Form eines Huhnes.
Zwischenzeitlich äußert der eine oder andere, dass es doch offensichtlich heller und auch etwas wärmer werde. Pures Wunschdenken. Als wir nach der verbotenen Stadt auf dem Kohlehügel ankommen, sind alle schon wieder ziemlich durchgefroren. Selbst der Marsch auf die Spitze hat uns nicht gerade gewärmt. Der Einzige, der nicht wirklich unzufrieden mit den Temperaturen zu sein scheint, ist Siggi. Der bietet für hundert Yuan warmkuscheln an.
Also schnell den Fahrer angerufen und zurück ins Hotel, wir hoffen inständig auf heißes Wasser, dass dauert aber noch eine Stunde. (Ich versuche mit dem neuen Wasserkocher die Wanne zu füllen, scheitere aber kläglich.) Also lange Pause und dann zum Abendessen. Wir probieren mal Taiwanesisch. Die Portionen und die Bierflaschen sind allerdings so klein, dass wir diese Mahlzeit als Vorspeisen-Gang betrachten und nach bezahlter Rechnung in ein Hunan-Restaurant überwechseln, wo die Portionen und die Bierflaschen eine entsprechende Größe haben.
Und für mich gibt es, zurück im Hotel, erstmal eine heißes Bad.

Beijing – Wetter für die Götter

Berg und Wasser, 08. bis 29.10.2011

Betrachtet man das Höhenprofil des heutigen Tages, haben wir heute die Königsetappe vor uns. Es geht hoch in die Lüfte in das ca. 2000 km entfernte Beijing.
Der letzte Tag in Guilin hat uns schon ein wenig eingestimmt auf das Klima, welches uns dort erwartet.
Es ist kalt und riecht nach Herbstluft, aber die Sonne scheint und der Himmel ist BLAU!
Wir bunkern schnell unser Gepäck im Hotel und machen uns auf, die letzten Strahlen der nachmittäglichen Sonne zu genießen. Durch das Gassengewirr der Beijinger Altstadt spazieren wir zum Trommelturm und genießen oben angekommen den Blick entlang der Nord-West-Achse zum Jingshan-Park.
Es bläst ein kühler Wind hier oben. Noch verwöhnt von den heißen Tagen die hinter uns liegen, sind wir viel zu kalt angezogen. Silke fantasiert von Vliesjacken und Daunenmänteln. Dennoch entschließen wir uns das letzte Tageslicht zu nutzen und unternehmen noch eine Spaziergang um den Houhai-See. Vollends durchgefroren
kehren wir ins Hotel zurück um uns vor dem Abendessen noch ein bisschen aufzuwärmen.