Deutsche brauchen Bier

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Gut dass man beim Schreiben nicht lallen kann, ich müsste mich sonst schwer zusammenreißen. Aber so habe ich noch nette Gesellschaft und zwar zu fortgeschrittener Stunde, im Hotelzimmer, von anderen angeschlagenen Menschen, außerdem kann man den Text gleich nochmal durchlesen und nüchtern tun (eine meiner liebsten Teilnehmerinnen hat lange Ton für den WDR gemacht und von den Trinksitten des internationalen Journalismus berichtet, da fühlt man sich in solchen Situationen wieder gut und als Weisenknabe). Zumindest werde ich Zeit haben, mein Mitbewohner singt noch mit ein paar anderen der Bande und wird vermutlich erst spät ins Zimmer gröhlen und poltern. KTV gab es gerade im Taipeh-Stil, d.h. in einem großen luxuriösen Tempel des schiefen Gesangs.

Wo das Thema heute schon der Alkohol ist…ich hatte gestern ein Telefoninterview mit der taiwanischen Nachrichtenagentur, Eckhart als ehrwürdiger Gruppenältester (d.h. für Chinesen der Wichtigste unserer Gruppe) wurde auch befragt, insgesamt wurden zahlreiche Komplimente ausgetauscht. Wir sind die erste organisierte Radreisegruppe, die aus Europa auf die Insel kommt, das schenkt uns einige Aufmerksamkeit. Man weiß natürlich weltweit, was die Deutschen können und was sie nicht können, vor allem Bier trinken können sie, wir haben diesem Stereotyp zumindest nicht entgegengewirkt. Die Dame am anderen Ende der Leitung hat uns begeistert nach unserem Bierkonsum befragt, der ist für die Menschen hier tatsächlich hoch, man trinkt auf Taiwan – ganz anders auf dem Festland – nicht so viel Alkohol sondern eher Tee. Unser neuer Betreuer, der seit ein paar Tagen aufgeregt wie ein kleiner Schmetterling um uns herumschwirrt, hatte sie in dieser Hinsicht auch schon vorbereitet. Der heutige Artikel der Agentur schließt logischerweise mit den Worten:“These guys love beer,“ Hsu said. „Instead of drinking tea while sitting in a boat on Sun Moon Lake, they drank tons of Taiwan Beer.“ Was für eine hysterische Aussage, die Biertrinker unter uns haben gemächlich ihr Feierabendbier geschlürft und basta, mehr nicht. Passend hierzu hat uns Herr Hsu heute in die Taiwan-Bier-Brauerei geschleift, ich glaube er sah uns dort kurz vor der kompletten Glücksseligkeit, aber lag auf dem Weg und wir haben uns ehrlichgesagt auch nicht gewehrt. Lang lebe die Taiwan Liquor and Tobacco Company!

Es ist und bleibt nass, von innen und von außen. Letzte Nacht war Regen und kleine Käfer haben sich in die Trockenheit unseres Hotels geflüchtet, Invasion! David hat heute Morgen 14 von den kleinen Tieren aus seinem linken Schuh geschüttelt, der Schuh stand auf unserem Balkon. Dann sind wir durch den Regen nach Taizhong gefahren, mit Zwischenstopp im Zen-Kloster Tai Chung Chan, das war vielleicht wieder ein Schauspiel. Ganz anders als das letzte große Kloster am Foguangshan, man war hier am anderen Ende des buddhistischen Spektrums: monumentale, kühle Eleganz. Eine stille kleine Nonne mit leuchtenden Augen hat uns durch die Anlage geführt. Danach haben wir Fleischersatzgerichte gegessen und sind mit dem Zug nach Taipeh weitergefahren.

Jetzt sind wir also wieder hier, am Anfangspunkt unserer Tour, so schnell geht das und so gut hat man sich wieder mal verstanden. Auch Ute und Volker sind abends dazugekommen, ganz erfüllt von ihrem eigenen Taiwan-Erlebnis. Feuertopf-Essen, Karaoke singen.

Berge, Berge, Berge

Goldenes Dreieck, 05.11. bis 30.11.2011

Die Königsetappe steht auf dem Programm. 95 Kilometer und 1765 Höhenmeter. Das wird spannend. Es ist noch bedeckt und etwas kühl heute morgen, also steht der nächsten Nudelsuppe nichts entgegen. Etwas verspätet brechen wir dann auf und rollen uns langsam ein. Einige Kilometer leichtes Auf und Ab durch ein schmales Flusstal. Dann, hinter einer Brücke, beginnt der erste der drei großen Anstiege, die uns heute erwarten. Wir schrauben uns langsam durch den tropischen Bergurwald nach oben und das Feld zieht sich auseinander. Die Beine sind schon ein wenig schwerer geworden, als wir die erste Passhöhe erreichen, aber dafür meint es die Sonne jetzt wieder gut mit uns. Was sich in der Spitzengruppe abspielt, können wir hier im hinteren Drittel des Feldes nur erahnen. Alfons, unser Schlosser scheint das Feld nach Belieben zu dominieren und presst die letzten Öltropfen aus der Kette. Deswegen hat er auch immer am meisten Hunger. Wieder im Tal machen wir also eine Pause bei gebratenem Reis und rechnen unsere Chancen aus, noch vor Einbruch der Dunkelheit unser Ziel zu erreichen. Das Ergebnis ist umstritten, aber vorsichtig optimistisch und wir entschließen uns, es ohne motorisierte Unterstützung zu versuchen. Der nächste Anstieg entwickelt sich zu einer zähen Angelegenheit, wenn auch in schöner Umgebung – durch schattige Wälder geht es auf einer einsamen Straße langsam aber stetig dem zweiten Pass entgegen. Normalerweise sind die Straßenränder in China von einer mehr oder weniger dicken grauen, braunen oder roten Staubschicht überzogen. Hier dagegen sammeln sich langsam die Blätter auf der Straße und an den Rändern blühen Blumenteppiche – ein ziemlich ungewohnter Anblick. Das liegt an der neuen Autobahn, die jetzt unten durch das Tal führt und fast den ganzen Verkehr absaugt. Von hoch oben können wir ab und zu auf sie herabblicken und freuen uns, dass sie uns Lärm und Staub vom Leibe hält. Der zweite Pass ist endlich geschafft, wir liegen noch gut im Rennen und der dritte Berg ist dann gar nicht mehr ganz so hoch und fast schon ein Kinderspiel. Zum Abschluss gibt es dann noch eine schöne lange Abfahrt und abends ein feines Essen und natürlich ein wohlverdientes Bier.


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