Schleudertrauma Bangkok

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

22. Tag, 6.1.2012
Von Luang Prabang nach Bangkok

Schon gestern abend haben wir nach unserer Ankunft in Luang Prabang Abschied von Yong und dem Fahrer genommen. Yong hat dazu auch seine Freundin in das Restaurant an der Mekong-Promenade mitgebracht, die hier lebt. Er selbst wird bald wieder nach Vang Vieng zurückkehren, wo seine Familie lebt. Wir haben uns größte Mühe gegeben, auf die Schüchternheit der jungen Dame Rücksicht zu nehmen und behutsam ins Gespräch zu kommen. Dass der Austausch trotz allen begrenzt geblieben ist, ist dennoch nicht verwunderlich. Privater Kontakt mit Ausländern ist auch hier, wo sie stellenweise fast schon in der Überzahl sein dürften, für die meisten Laoten eine seltene Erfahrung. Kommt dazu noch die Sprachbarriere (die trotz Englischkenntnissen besteht) und die konventionelle Zurückhaltung der Lao, entsteht daraus eine ordentliche Herausforderung für jede Unterhaltung. Gut, dass wir mit dieser Konstellation schon durch die Kommunikation mit unserem Fahrer sehr erfahren sind. Und wer sagt denn, dass man nicht auch einfach einmal gemeinsam essen kann, ohne eine Riesenkonversation daraus zu machen?

Yong ist der Gruppe mit seiner jungenhaften, verschmitzten Art schon ein wenig ans Herz gewachsen, und auch er scheint sich ganz wohl mit uns gefühlt zu haben. Entsprechend langatmig und wortreich fällt der Abschied aus. Natürlich ist er trotzdem am Ende erleichtert, endlich mit seiner Freundin alleine um die Ecke biegen zu können. Ein schönes Paar, denke ich und erinnere mich an seine Beschreibung: When I ask her for money, she just gives it to me. She’s such a nice girl. Beneidenswert, der liebe Yong.

Das Thema unserer letzten Stunden in Laos heißt: Die Kip müssen raus. Also ziehen wir los. Am Ende kehren alle erfolgreich zurück, jeder hat auf seine Weise die letzten Devisenreste verabschiedet. Typisches Rückreiseritual. Ich habe noch ein paar Spezialitäten erstanden, um zu Hause meine Freunde mit laotischer Küche bekannt zu machen: Getrocknete schwarze Pilze, große gefaltete Flussgrasstücke und die fantastischen Erdnüsse mit Kaffir-Limette und Chili haben noch gut in den Koffer gepasst.

Aus der familiären Atmosphäre des winzigen Flughafens von LPB mit seinen zeitlupenartigen Abläufen werden wir dann durch die Raum-Zeit-Schleuse geradewegs zum Verkehrsdrehkreuz Südostasiens geschleudert, dem gewaltigen Bangkoker Flughafen Suvarnabhumi (dessen Name übrigens eine Recherche lohnt). Es geht weiter zu unserem Hotel im Altstadtbezirk Banglamphu und von dort quer durch die Stadt zu einem der höchsten Hoteltürme. Wir besuchen die Freiluftbar auf dem Dach, um uns zur Einstimmung einen Überblick über die Stadt zu verschaffen. Die Aussicht ist toll, die Getränke auch. Nur mit dem trubeligen Großstadtambiente tun wir uns nach der ubiquitären Ländlichkeit der letzten Wochen einigermaßen schwer. Da hatte man schon fast vergessen, was ein Snob ist, und plötzlich ist man von Dutzenden umgeben. Nicht zu reden von den modischen Abstrichen, die wir als Fahrradreisende zu machen gewohnt sind – und die wohl an wenigen Orten so offensichtlich werden wie im edlen Ambiente um uns herum. Das Schleudertrauma trifft uns alle, manche mehr, andere sanfter.

Ein Glück immerhin, dass wir hier oberhalb des 60sten Stocks nichte mehr Hitze, Luftfeuchte und Lärm der Straßen dort unten ausgesetzt sind. Das hätte uns sicher in diesem Moment völlig niedergebügelt.

Die Moral: Nichts gegen Bangkok, aber wer gerade länger in Laos war, braucht zur Begegnung mit der Stadt starke Nerven.

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