Drei Pferde und neun Gefährten…

Die Oberen Schluchten des Yangzi, 15.09. bis 07.10.2012

Von Liuqing nach Shanmei am Yangzi-Ufer, 15 km, 4 Stunden reine Gehzeit, leichter Aufstieg bei Hitze

… so sind wir unterwegs. Mittlerweile gewöhnen wir uns an das tägliche Ritual. Wir stehen beim ersten Licht auf, packen unsere sieben Sachen und evtl. die Zelte zusammen, frühstücken ein wenig Müsli und warten auf die Pferde. Die sind meist über Nacht auf einer Wiese angebunden und wollen erst gefüttert werden. Mit Verladen des Gepäcks (zuerst eine Decke über den Pferderücken, darüber ein einfacher Holzsattel geworden, zum Schluss werden die Säcke und Taschen mit einfachen Seilen in drei Handgriffen verschnürt) dauert das Ganze etwa eine halbe Stunde.

In den 1930er Jahren war der Österreicher Josef Rock in dieser Gegend für den National Geographic unterwegs, hat Pflanzen bestimmt und die Naxi-Sprache erforscht. Wegen der kriegerischen Zeiten hatte er etliche Begleiter dabei und sein kleines Handgepäck, darunter goldenes Besteck und eine Faltbadewanne. Ganz so exzentrisch sind wir nicht, aber schon nahe dran, denke ich insgeheim und unterdrücke mein schlechtes Gewissen beim Blick auf unsere Bündel. Trotzdem legen die zierlichen Pferdchen ein unglaubliches Tempo vor, bei dem wir nicht mehr mitkommen.

Heute verlief der Weg zunächst entlang einer kleinen Straße recht eben am Berg. Die neugebaute Straße war aufgrund von Erdrutschen nicht mehr befahrbar und fing schon an zu verwildern. „Diese Baumaßnahme hätte man sich sparen können“, meint Lutz dazu. Lucy hat Angst, dass uns die „öffentliche Straße“ nach den winzigen Pfaden vom Vortag zu langweilig sein könnte. Aber so haben wir Zeit zum Schauen, Fotografieren und zum Plaudern. Am Mittag erreichen wir Fengke, eine größere Ortschaft, die sogar ein Restaurant mit großen Stühlen hat (kleine Hocker sind ganz nett, aber nach einem Marsch gewöhnungsbedürftig). Auf dem Abstieg zum Yangzi-Ufer kommen wir an der Grundschule (die Kids haben gerade Pause und essen in den Klassenzimmern ihren Reis, nur die mutigsten trauen sich näher an uns heran) vorbei und schlängeln uns durch Mais- und Tabakfelder zur Hütte des Fährmanns. Eigentlich wollten wir am Ufer Zelten, aber der Wasserpegel ist zu hoch. Hochwasser oder Staudamm? Für Hochwasser fließt der Fluss hier zu träge dahin, ich tippe auf einen Staudamm, was der Fährmann bestätigt. Der Energiehunger hinterlässt leider auch hier Spuren. Hier weiß keiner so genau, wo sich der Damm befindet, da muss ich wohl später googeln.

„Ihr könnt doch auf der Baustelle der Brücke campen, da ist es eben und um sieben gehen die Arbeiter nach Hause. Es sind fast alles Locals, also ein ganz sicherer Ort“. Ich traue meinen Ohren nicht, auch Lucy schüttelt leicht entsetzt den Kopf, als wir mit dem Fährmann nach alternativen Zeltplätzen suchen. So alternativ wollten wir es doch nicht haben und landen wieder mal im Hof des netten Gastgebers.


Print Friendly, PDF & Email

Kommentare sind geschlossen.