Ho Ho Ho Chi Minh

Tal des Roten Flusses, 28.02. bis 22.03.2015

Kultur und Revolution in Hanoi.

Bisher hatten wir in Vietnam hauptsächlich Natur gesehen (und in Sapa so gut wie gar nichts), heute in Hanoi daher eine volle Packung Kultur.

Erste Station Ho Chi Minh. Der ist zwar schon seit 46 Jahren nicht mehr unter uns, aber ihm zu Ehren – und gegen seinen ausdrücklichen Willen – hat man seine Leiche einbalsamiert und in ein Mausoleum gesteckt. Damit man ihn auch heute noch begaffen betrachten kann. Einmal im Jahr wird die Mumie nach Russland geschafft, weil man sich dort mit dem Aufpäppeln verstorbener Staatmännern bestens auskennt, Lenin lässt grüßen. Liebesgrüße aus Moskau sozusagen, quasi eine Frischzellenkur für den vietnamesischen Revoluzzer. Wer weiß, vielleicht schicken die Chinesen ihren Mao auch immer auf Urlaub nach Moskau, damit die drei, also Lenin, Mao und Ho Chi Minh, einmal im Jahr eine gute alte Zeit miteinander verbringen können.

Wie gesagt, wenn Herr Ho nicht gerade in Moskau weilt kann man ihn in seinem Mausoleum in Hanoi besichtigen. Täglich außer Montags und Freitags. Heute ist Freitag, also keine Audienz für uns. Mir war das ganz recht, an so einer Wachsfigur vorbeidefiliert zu werden ist reine Zeitverschwendung. Kenne ich von Mao in Beijing. Da steht man mindestens 50 Minuten in der Schlange, um dann für fünf Sekunden einen Blick auf – was oder wen eigentlich? – zu werfen. Viel lieber hätte ich Ho Chi Minh im realen Leben getroffen, muss eine interessante Persönlichkeit gewesen sein.

Somit nur ein Gruppenbild vor dem Mausoleum, das auch noch bei leichtem Nieselregen. Gleich um die Ecke des Mausoleums liegt der Präsidentenpalast (Station Zwei). Der hat zum Glück auch Freitags geöffnet. Hier gibt es imposante und bescheidene Gebäude zu besichtigen, die imposanten von außen und die bescheidenen (ein Holzhäuschen auf Stelen, welches der bescheidene Ho Chin Minh sich hat aufstellen lassen) auch von innen.

Hinter dem Präsidentenpalast das Ho-Chi-Minh-Museum (Station Drei). Auf zwei Etagen die letzten 150 Jahre der vietnamesischen Vergangenheit mit Schwerpunkt auf HCM, Unabhängigkeit und Revolution. Interessant, aber spätestens hier wurden unsere Beine lahm und wir wünschten uns auf die Räder zurück.

Vierte Station: Das ethnologische Museum. Ähnlich wie China ist Vietnam ein Land mit vielen Ethnien. Die meisten von ihnen lebten sogar ursprünglich auf dem Gebiet des heutigen Chinas und wurden im Laufe der letzten zwei-, drei-, vier- oder fünfhundert Jahre durch den Hanchinesischen Bevölkerungsdruck in Richtung Süden gedrängt. In die Länder, die heute Vietnam, Laos, Thailand, Kambodscha und Myanmar heißen. Oder sogar noch weiter. Mehrere Sippen der Hmong zum Beispiel haben es bis in die neue Welt geschafft. Wer hat den Film Gran Torino gesehen?
Neben den Hmong (welche sich darüber hinaus noch in Untergruppen unterteilen) leben in Vietnam 52 staatlich anerkannte Minderheiten. Die Hauptgruppen werden im ethnologischen Museum von Hanoi vorgestellt, ihre Riten und viele Exponate im großen Gebäude auf zwei Ebenen, ihre Häuser im Freigelände dahinter.

Fünfte Station: Futter! Die Mittagszeit war angebrochen (genauer: schon längst überschritten), höchste Eisenbahn für eine Schale Pho. Also Reisnudelsuppe. Eigentlich ein vietnamesisches Nationalgericht, aber bisher hatten wir leider nicht viel davon. Heute dafür umso leckerer!
An dieser Stelle ein kleiner Exkurs: Vietnamesisches Essen. Hier muss ich gestehen, dass ich vor der Reise ziemlich skeptisch war. Denn die Küchen der von mir bisher bereisten südostasiatischen Ländern, nämlich Laos und Thailand, hatten mich nicht sonderlich vom Hocker gehauen, da zu eintönig. Aber das, was uns von Dan, Sinh und dem Smutje in der Halong Bucht aufgetischt wurde war durchweg lecker und abwechslungsreich. Nur beim Würzen könnten sich die Vietnamesen noch eine Scheibe bei den Chinesen abschneiden.
Unsere Schale Pho heute mit erstklassigem Rindfleisch konnten wir zum Glück mit reichlich Chili nachwürzen. Könnte ich bitte noch eine Portion haben? Leider nein, denn es wartete…

Sechste Station: Der Literaturtempel. Fast tausend Jahre lang, vom ersten nachchristlichen Jahrhundert bis zum 10. Jahrhundert, wurde Vietnam von den Chinesen regiert. Erst 938 entsteht der erste eigenständige Staat. Viele Dynastien sollten folgen. Wie stark der Einfluss der Chinesen auf die Gesellschaft, die Politik und Kultur der Vietnamesen war und ist zeigt sich überdeutlich im Literaturtempel von Hanoi. Der Name ist ziemlich irreführend, denn hier handelt es sich keineswegs um eine religiöse Stätte. Zwar wird heutzutage ziemlich massiv der Begründer der chinesischen Gesellschaftsstruktur, Meister Kong (im Westen als Konfuzius bekannt), ge- und verehrt. Aber die ganze Anlage war im Prinzip nichts anderes als eine Schule für angehende Beamte. Eine Penne. Kein Wunder somit, dass sich vietnamesische Uniabsolventen diese feinen Gebäude für ein Fotoshooting aussuchen. Ihr Fotoshooting habe ich für mein Fotoshooting ausgenutzt. Hoffentlich verzeiht mir Meister Kong diese Respektlosigkeit.

Letzte Station: Wasserpuppentheater. Steht ebenfalls ganz weit oben auf der Liste der must see in Hanoi. So hat man mir gesagt, so habe ich es hingenommen und nie hinterfragt, was es damit eigentlich auf sich hat. Jetzt weiß ich es. Und werde nicht mehr verraten. Nur so viel: Wirklich sehenswert!

Mit dem Fallen des Vorhangs im Wasserpuppentheater ist praktisch auch unsere Reise zu Ende gegangen. Uli und Heiko haben kurz nach dem Theater ihre Heimreise nach Deutschland angetreten, wichtige Angelegenheiten bedurften ihrer Anwesenheit.
Christiane, Sandra, Ulrich und ich haben noch ein gemeinsames Abendessen mit etwas Resümee eingenommen. Morgen fliegen Ulrich und ich zurück, der Flieger nach Shanghai für Christiane und Sandra geht dann am nächsten Vormittag.

Von daher beende ich hiermit den Blog zu unserer Reise durch Südchina und Nordvietnam, ab und an am Roten Fluss entlang.

Meine sonst übliche Statistik fällt diesmal eher kurz aus: 800,6 Kilometer haben wir alle gemeinsam mit den Rädern zurück gelegt. Heiko und Ulrich noch etwas mehr, wie viel genau teile ich ihnen noch persönlich mit. Wir hatten drei Platten, keinen Kettenriss, keine sonstigen Pannen. Und besonders: keinen Sturz. Das ist ja das eigentlich Wichtige!

Danke, danke, danke: Christiane, Sandra, Uli, Heiko und Ulrich für die unschlagbar nette Begleitung. Xiao Luo und Xiao Ding für die unschlagbar liebenswürdige Begleitung. Sinh und sein Team für die unschlagbar professionelle Betreuung. Allen Leser für die unschlagbare Geduld.

Und last but not least viele liebe Grüße an Tante Anni 😉

[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2015-03-20_Hong151.gpx“]

Print Friendly, PDF & Email

Kommentare sind geschlossen.