It’s Bicycle Repair Man!

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

Tagesausflug in Zhongdian. 42 km bei idealem Radwetter. Arbeitseinsatz im Grasland!

Der übrig gelassene Hühnerkopf zeigt keine negativen Auswirkungen. Das Wetter bleibt schön!

Fast können wir unser Glück nicht fassen: Laut Wetterbericht hat es 16 Grad und Regen. Laut eigener Wahrnehmung und Messung 21 Grad und Sonnenschein. Zum ersten Mal, seit ich in Zhongdian bin, steige ich entspannt aus den heißen Quellen, die der tradtitionelle Abschluß unserer Radtour in die Umgebung Zhongdians sind.

Um die 45 Grad hat das Heilwasser. Da kommt einem schon bei dem Gedanken, das Bad zu verlassen, das kalte Bibbern. Heute steigen wir alle entspannt aus der öffentlichen Badewanne, die heute eine lärmende Schulklasse bei Laune hält und genießen die spätsommerliche Wärme.

Am Vormittag sind wir zum Dabao Si geradelt, einem heiligen Hein knapp 20 Kilometer von Zhongdian entfernt. Noch bei meinem letzten Besuch erzählte einer der Mönche, dass der Tempel schon seit Jahrhunderten eine Schutzfunktion für Tiere hätte. Hühner, Ziegen, sogar Kühe kämen hierher, um ihren Frieden und vor allem Gnade beim Schlachter zu finden, sagte der Mönch, und zeigte mit ausladender Geste auf die Ziegenherde, die Kühe, die Hühner, die es sich auf dem Tempelgelände gemütlich gemacht hatten.

Nun umfasst ein hoher Zaun das Tempelgelände. Die Gebetsfahnen, einst unkoordiniert kreuz und quer zwischen den Bäumen gespannt, wirken seltsam geordnet. Die mystische Stimmung, die den Tempel immer ausgemacht hat, ist ebenso verschwunden wie die Tiere, die nun vor verschlossener Tür mähen, muhen und gackern. Eine versprengte Ziege, die den Sprung über den Zaun gewagt hat, wird von einem jungen Mönch an einem Strick zum Tor heraus gezerrt. Kein Paradies für Tiere mehr!

Ob das gut für das Karma der Mönche ist? Die, so der tibetische Glaube, bei einem verfehlten Mönchsleben als Hund wiedergeboren werden?

Aber wir tun etwas für unser Karma, oder zumindest für die Völkerverständigung. Auf dem Hinweg zum Dabao Si hatten wir eine kurze Rast in einem tibetischen Dorf gemacht. Die Dorfjugend, besser gesagt, ein halbes Dutzend Jungs umkurvte uns mit ihren Rädern. Vor allem der Jüngste hatte sichtlich Spaß daran, den Langnasen seine Radkünste vorzuführen.

Auf dem Rückweg saß er traurig neben seinem Fahrrad auf der Straße. So bunt und doch fahruntüchtig!

Langsam fahre ich an ihm vorbei, denke an meine beiden Kinder. Dem Jungen kann doch sicherlich geholfen werden!

„Stopp!“, rufe ich nach vorne. Drehe um, schaue mir den Schaden an. Die Kette, besser gesagt, lose verbundene Kettenglieder, die von getrocknetem Lehm zusammengehalten werden, ist vom Ritzel gesprungen.

Klarer Fall: Hinterrad lockern, Rad nach untern schieben und die Kette wieder aufziehen. Rüdiger hat glücklicherweise eine Kombizange dabei, die ich auf Tagesausflügen in der Regel im Hotel lasse. Zehn Minuten schrauben und drehen, ziehen und spannen Rüdiger und ich am Rad, unter dem skeptischen Blick der Dorfjugend.

Anton und Michael dokumentieren den Vorgang fotografisch und dann blicken wir in ein strahlendes Gesicht: Die Kette sitzt wieder auf dem Ritzel und die Dorfjugend kramt in ihren Englisch-Kenntnisse: „Thank you very much!“

Gern geschehen!

Nichts kann uns aufhalten

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Fahrt von Shangluo nach Shanyang bei wechselnder Bewölkung – 30 km hinauf, 30 km herunter

Nichts kann uns aufhalten – nicht mal ein Erdrutsch. So ungefähr sollte ich das hier wiedergeben. Stimmt aber auch. Kaum haben wir die letzten Häuser von Shangluo hinter uns gelassen, stehen wir auch schon wieder. Über die Straße ist eine Mauer gebaut, mit einem blauen Tor drin. Hier ist unübersehbar geschlossen. Dahinter ist die Straße auf einer längeren Strecke unter einem Stück Abhang verschwunden. Etwa 200 m weiter oben steht ein Bagger auf einem Felsvorsprung und baggert sich seinen Standplatz weg. Große Felsbrocken poltern zu Tal. Xiao Yang steht auch schon da und telefoniert mit einem Kumpel aus der Stadt. Da sei wohl nichts zu machen, meint er und wir müssten mit dem Auto eine Umfahrung über die Autobahn nehmen, was außerdem bedeutet, dass wir zweimal fahren müssen, weil nicht alle Platz haben. Xiao Yang packt gleich an und schnappt sich ein Rad, um es auf den neuen Heckgepäckträger zu wuchten. Daraus entwickelt sich etwa folgender Dialog:

Chinese: Ok, wir packen die Räder rauf. Komm hilf mir mal.
Deutscher: Na warte mal kurz. Wir gucken uns das lieber erstmal an. Wie macht man das überhaupt fest?
Chinese: Oh. Das weiß ich auch nicht. Hab ich vergessen. Na wir tun‘s erstmal rauf.
Deutscher: Hmm, gibt’s nicht ne Bedienungsanleitung dazu? Dann könnten wir mal nachsehen.
Chinese: Ja schon, aber hab ich vergessen. Irgendwie mit den Bändern hier. Wir probieren das einfach mal.
Deutscher: Hmm, also gut, probieren wir’s mal…

Das mit dem Probieren funktioniert dann auch tatsächlich und es war auch gar nicht besonders kompliziert. Das erste Rad ist schon fast befestigt, als sich plötzlich eine neue Möglichkeit auftut. Ein Mann aus dem Dorf sagt uns, dass die Straße nur an dieser Stelle gesperrt ist und man das aber umgehen kann, wenn man über die kleine Brücke gleich nebenan geht und dann dem Fußpfad an der Staumauer entlang folgt. Es wäre ganz einfach zu finden und er muss auch gleich da lang. Nur die Räder müsse man tragen. Da wir alle keine richtige Lust auf Autofahren haben, schicken wir Xiao Yang alleine auf die Autobahn und nehmen den Weg über die Brücke. Zu Beginn kann man noch fahren, bald schieben wir aber und zu guter Letzt müssen wir unsere Räder dann tragen. Radfahren und Wandern hatten wir schon jetzt wird es also zur Abwechslung mal Rad-Wandern. Als wir uns unterhalb der Staumauer vorbeimühen sind wir recht froh, dass uns die Bauern behilflich sind und auch dass offenbar gerade Niedrigwasser herrscht und die Staumauer geschlossen bleibt.

Danach haben wir die Straße erstmal ein Stückchen für uns alleine und können in aller Ruhe den Anstieg bis zum einzigen Pass heute beginnen. Es folgen 30 km Abfahrt bis zum Hotel, ein kurzes Erfrischungsgetränk und dann geht es gleich nochmal los auf einen kurzen Ausflug zu einer alten Pagode aus der Tangzeit, die sich ganz in der Nähe befindet. Die wird aus allen erdenklichen Richtungen abgelichtet, außerdem entdecken wir noch ein paar versprengte Terrakottakrieger, die hier hinter Schloss und Riegel gebracht wurden und genießen die Aussicht über die Stadt. Am großen Platz vor dem Hotel finden wir einen ganze Reihe von merkwürdigen Spielzeuggefährten, die auf willige Benutzer warten und aussehen wie Strandkörbe mit überdimensionierten Rädern. Leider ist mir die korrekte Bezeichnung unbekannt, aber ich fände Rollatoren ganz passend, wenn der Begriff nicht schon vergeben wäre. Wir probieren also mal einen aus und im Nu sind auch die anderen alle ganz plötzlich besetzt. Man möchte uns wohl ganz gerne noch eine Weile länger dabehalten, was wahrscheinlich den Tagesumsatz um 500 % steigern würde, aber wir wollten noch nach etwas Gegrilltem Ausschau halten, nachdem uns das gestern nicht vergönnt war. Also verabschieden wir uns vom Platz des Volkes und machen uns auf den Weg zum Nachtmarkt, wo wir dann auch schließlich fündig werden.

[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2015-09-19_San152.gpx“]