Baustellen und Flüsterasphalt

Die Drei Schluchten des Yangzi, 09.09. bis 04.10.2015

Königsetappe mit 112 km und 1465 Höhenmetern von Pingli nach Zhenping

Heute morgen ist es zwar immer noch recht trüb, aber zumindest regnet es nicht mehr. Wir verlassen Pingli und biegen gleich am Ende des Ortes in das nächste Seitental ein, das uns auf leicht ansteigender Strecke weiter in die wolkenverhangene Berglandschaft hineinführt. Ab und zu fängt es nochmal an zu tröpfeln, aber mehr schafft der Regen heute nicht. Auch die Prognose für die nächsten Tage sieht mittlerweile wieder etwas besser aus. Dietmar verkündet ja schon seit Tagen hartnäckig gutes Wetter wie von seiner App vermeldet, aber meistens hat er dann doch das falsche Pingli, Shuhe oder Zhenping erwischt. Also keine feuchten Sachen heute – stattdessen warten wir auf kilometerlange Baustellen, die uns den Tag vermiesen wollen. Aber das wollen wir doch erstmal sehen.

Die ersten 25 km sind schnell weggerollt, danach beginnt der steilere Anstieg, wo irgendwann die Baustelle beginnen soll. Ich hatte mir endlose Kolonnen von stinkenden, bis zum Rand mit Kies und Steinbrocken beladenen LKWs und Slalomfahrten zwischen Schlammlöchern und Bulldozern vorgestellt und uns, wie wir nach den ersten 5 km kleinlaut ins Auto steigen. Tatsächlich sind auf den nächsten 20 km an 3 oder 4 Stellen am Straßenrand einige Bauarbeiter beschäftigt, aber es ist nichts in Sicht, was uns in irgendeiner Weise nennenswert behindern könnte.

Bis hinauf zum Pass ist die Straße gut wie eh und je. Auf der anderen Seite ist sie sogar noch besser. Nagelneuer Asphalt und man muss keine Angst haben, dass man auf der Abfahrt plötzlich einen Schlag bekommt, wenn man mal nicht richtig aufpasst. Später kommen dann zwar doch noch ein paar Stellen dazu, an denen die Straße noch nicht fertig ist, wo noch gebaut wird oder man noch auf der holperigen alten Straße fahren muss, aber im Großen und Ganzen ist alles gut zu fahren. Wir sind sehr froh, dass wir uns so entschieden haben und es uns nicht haben entgehen lassen, die landschaftlich sehr schöne Strecke mit dem Rad zu fahren und feiern das würdig mit einem großen Hühncheneintopf.


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Schneller als die Sonne

Die Oberen Schluchten des Mekongs, 15.09. bis 07.10.2015

73 km von Deqin nach Cizhong. Endlich Regen…

Vielleicht waren wir einfach zu leichtsinnig!

Anton, unser Wetterfrosch (während ich das schreibe, fällt mir zum ersten Mal die Ähnlichkeit zu Elmar Gunsch auf!) postulierte gestern Abend mal wieder „es könne ja gerne die ganze Nacht durch regnen!“. Hat es dann auch getan. Am Morgen dann noch ein paar Tropfen und dann sich ständig besserndes Wetter.

In wilder Schussfahrt geht es hinab zum Mekong, 1.200 Höhenmeter auf 20 Kilometern. Gerade, als wir das Mekong-Tal erreichen, bricht die Sonne durch die Wolken. Unsere Augen glänzen. Alles gut!

Zu früh gefreut!

Erst bläst uns ein Orkan entgegen, der selbst den Gegenwind auf der „längsten Abfahrt der Welt“ auf dem Friendship Highway zwischen Lhasa und Kathmandu in den Schatten stellt. In seinem Sog zieht er eine Regenfront mit, die es in sich hat. Wie Nadeln treffen uns die Regentropfen. Innerhalb von wenigen Minuten sind wir pitschnass. Immerhin, der Wind lässt nach!

Nach einer guten Stunde ist der Spuk vorbei, und die Sonne zeigt sich. Hält immer gut zwei Kilometer Abstand von uns.

„Schnell, bevor die Sonne uns erreicht!“, rufe ich Anton zu, als ich ihn überhole. Anton lacht, hält an und macht ein Foto vom sonnendurchflutenden Mekong-Tal, zwei Kilometer entfernt, im Norden.

Irgendwo zwischen Sonne und Regen erreichen wir Cizhong.

Der Küster sei gerade weggefahren, erzählt unser Herbergsvater und telefoniert dem Schlüssel der Kirche hinterher, wegen der wir nach Cizhong gekommen sind.

Die Kirche wurde Ende des 19. Jahrhunderts gebaut und 2003 restauriert. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts hatte Papst Gregor XVI die Tibet-Mission auf den Weg gebracht und in den nächsten Jahrzehnten 44 Missionare auf ein im Wortsinne religiöses Himmelsfahrtskommando geschickt. Weniger als die Hälfte der Missionare überlebten, fielen unbekannten Krankheiten, Banditen und lokalen Intrigen zum Opfer.

Der tibetischen Theokratie waren die Eindringlinge ein Dorn im Auge, vor allem, als diese anfingen, Land aufzukaufen und an leibeigene Bauern zu verschenken. Mit dem Bau der Schmalspureisenbahn Haiphong-Kunming und der damit verbundenen Ausweitung des französischen Einflusses auf Yunnan pilgerten Anfang des 20. Jahrhunderts weitere Missionare in den Südwesten Chinas. Vor allem im Mekongtal konnten sich einige der Priester eine Basis schaffen und erlangten durch ihr soziales Engagement den Respekt vor allem der einfachen Leute.

Neben der Kirche in Cizhong entstanden entlang des Mekong in dieser Gegend 13 weitere Gotteshäuser. Nur wenige sind heute noch erhalten, jedoch eilt keiner der anderen Kirchen ein vergleichbarer Ruf voraus. Oft sind es einfache Backsteinhäuser ohne nennenswerte Dekoration.

Unser Herbergsvater streckt den Daumen nach oben und begleitet uns zur Kirche. Immer wieder ein Erlebnis!

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