Letzte Abfahrt Baishou (und ein Abgesang auf Siding)

Berg und Wasser , 04. bis 26.10.2015

87 Kilometer von Rongshui nach Baishou. Anstrengend weil warm, weit und hoch.

Die Stecke von Rongshui nach Baishou ist landschaftlich mit die schönste auf unserer Tour Berg und Wasser. Dazu noch ziemlich verkehrsarm und überwiegend gut asphaltiert. Sie hat nur zwei kleine Wermutstropfen: Sie ist bergig und lang. Zu den bereits erwähnten 87 Kilometern gesellen sich noch 1.300 kumulierte Höhenmeter. Das ist richtig heftig, wenn man wie wir damals Schrotträder untern den Hintern und viel Gepäck hinterm Hintern hat. Diese unglückliche Kombination hatte ich bereits mehrfach beschrieben.

1995 sind wir ziemlich zeitig gestartet. Wir wussten in etwa wie lang die Strecke ist, aber von den vor uns liegenden Bergen wussten wir nichts. Das wussten wir erst, als wir kurz vor Stockeduster und ziemlich erschöpft in Baishou ankamen. Froh, überhaupt ein Hotel dort vorzufinden. Das war zwar ziemlich –äh– einfach, aber zur Not hätten wir auch unter der nächsten Brücke geschlafen.

Die Jahre darauf haben wir die Strecke in zwei Etappen aufgeteilt. Ungefähr auf halbem Wege zwischen Rongshui und Baishou liegt das Bergarbeiterdörfchen Siding. In Siding sagen sich Wasserbüffel und Panda gute Nacht, dort ist nie etwas los. Das schon seit bestimmt mehr als 200 Jahren. Ich denke Sie haben nun das richtige Bild vor Augen.

Aber in Siding gab es eine Unterkunft, ein staatlich geführtes Motel. Extrem rudimentäre Zimmer, aber immerhin mit einer eigenen Nasszelle. Die bekam in den Folgejahren einen Upgrade, als man Gasboiler für warmes Wasser nachrüstete. Dass keiner von denen jemals in die Luft geflogen ist grenzt an ein Wunder, denn die Verlegung der Gasleitungen wurde ganz offensichtlich nicht von einem Fachmann durchgeführt.

Ich mochte dieses Motel recht gerne, genau so wie ich Siding lieb gewann. Schließlich können nicht viele Menschen von sich behaupten, dass sie jemals am Arsch der Welt waren. Wer mal in Siding übernachtet hatte war es.

Die Gasboiler blieben leider die einzige Innovation, ansonsten wurde rein gar nichts unternommen, um die Wohnsituation zu verbessern. Mit der Folge, dass sie sich immer mehr verschlechterte. Bis der Zeitpunkt gekommen war, an dem es schlichtweg untragbar wurde dort zu übernachten. Das war auch der Zeitpunkt, an dem wir die Tour mit Begleitfahrzeug und besseren Rädern anboten. Siding flog also wieder aus dem Programm.

Mir wurde heute richtig nostalgisch ums Herz, als wir in Siding unsere Mittagspause mit gebratenen Reisnudeln einlegten. Zuvor hatten wir bereits schweißtreibende 40 Kilometer hinter uns gebracht. Wie schon gesagt ist die ganze Strecke recht bergig. Das Motel hat inzwischen seine Tore geschlossen. Wahrscheinlich weil keine Gruppe ausländische Radfahrer mehr jedes Jahr vorbei kommt. Den Torbogen am Ortseingang hingegen gibt es noch immer. Der stammt bestimmt aus den 1950er Jahren und wird noch die nächsten 20 Jahre dort stehen, wenn die Beton- und Metallkonstruktion bis dahin nicht nachgibt.

20 Kilometer vor Baishou endet die letzte Abfahrt, ab dort geht es nur noch leicht wellig weiter. Wir erreichen das Ende der letzten Abfahrt kurz vor 16 Uhr. „Jetzt müssen wir nicht mehr hetzen, lasst uns gemütlich fahren“ verlautet die Gruppe. Dann folgt eine wilde Windschattenfahrt und genau um 17 Uhr erreichen wir unser Hotel. Die spinnen, meine Teilnehmer!


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