Gute Nacht Welt auf’m Fensterbrett liegt’s Geld (…oder irgendwo auf der Landstraße zwischen Weishan und Nanjian)

Entlang der Teestraße, vom 25.09. bis 17.10.2016

40 km rollen lassen nach Nanjian

Acht mehr oder weniger anstrengende Radtage liegen nun vor uns. Also genießen wir noch den Vormittag im idyllischen Weishan. Ich beginne meinen Tag mit frittiertem Ölgebäck und einer Sojamilch. In der Fressbude gegenüber haben es sich Tobi und Axel bei einer dampfenden Nudelsuppe gemütlich gemacht. Dann stürzen wir uns, jeder für sich, ins morgendliche Gewusel. Es ist Markt. Obst, Gemüse, zerteilte Schweineköpfe, Bürsten, Höckerchen und vieles mehr für den täglichen und nicht täglichen Gebrauch wird feil geboten. Ein junger weißbekittelter Zahnarzt und seine etwas angealterte Helferin versuchen vorwiegend ältere Herren von ihren Diensten zu überzeugen. Mit Erfolg, wie man sieht:

Kurz vor zwölf trudeln dann alle nach und nach im Innenhof unsere Hotels ein. Gepäck wird verladen, Räder geprüft. Gottseidank kein Plattfuß dabei. (Gestern Morgen überraschte uns Uli mit seinem ersten – und ich hatte doch sooooo gehofft endlich mal eine Tour ohne platten Reifen zu waren. Hoffnung dahin!) Dann geht es los. Nur etwa 40 km, nur bergab, zurück nach Nanjian. Das Wetter ist wunderbar, die Bananen schmecken (v.a. Joachim) und wir rollen ohne nennenswerte Zwischenfälle dahin. Moment! Etwa 10 Kilometer vorm Ziel, Joachim, Kaspar und meine Wenigkeit sind gerade nach einer kurzen Pause dabei den Endspurt anzutreten, kommt uns ein (angeblich von Adrenalinstößen geschüttelter) völlig entspannt wirkender Uli entgegen gestrampelt.

Was war geschehen? Irgendwo zwischen Weishan und Nanjian muss Uli seinen Rücksack verloren (inklusive Geldbeutel etc.) haben. Nun war er auf der (verzweifelten) Suche. In dieser Situation kommt uns unser Begleitfahrzeug wirklich zugute. Zwar trauen wir Uli durchaus und möglicherweise als Einzigem zu, diese Strecke mehrmals hoch und runter zu fahren, aber im Auto sind die 20 Kilometer, bis zum Fundort seines Rucksacks doch schneller zurück gelegt.

Ich warte währenddessen – irgendwo im großen Yunnan an einer Landstraße in einem lieblichen Tal. Beobachte vorbeifahrende Mopeds, Lastwagen, Eselkarren und die wiederum mich. Ab und an ein langgezogenes Huppen, Ab und an wird ein „Hallo“ gelacht. Ein Fahrschulwagen kriecht an mir vorbei, während es von einem anderen Auto ungeduldig überholt wird. Wieder ein Auto, noch eins, ein Moped. Minutenlang. Was denkt man sich wohl, wenn so eine Langnase wie ich mit einem hässlichen, schreiend grünem Helm und zwei Rädern irgendwo zwischendrin am Straßenrand hockt?

Meine Gedanken gehen auf Wanderschaft: Heute Mittag noch witzelte Uli nach meiner Frage ob ich seinen Pass gleich behalten solle, ob ich die Verantwortung denn tragen wolle und erzählte mir gleichzeitig, dass er heute morgen sein Portemonnaie vermisst, es aber schließlich unter der Bettdecke wieder gefunden habe – ein Omen?

Nach einer kleinen Ewigkeit sehe ich Xiao Ding’s Wagen um die Kurve biegen. Darin ein sichtlich erleichterter Ulrich, mit dem ich mich dann gemeinsam auf den Weg mache. Ein paar Kilometer weiter unten sammeln wir noch Axel und Tobi ein, die in einem Pavillon am Wegesrand auf uns gewartet haben und so kommt es, dass wir in unserer Anfangsformation (Axel, Tobi, Uli und ich) Richtung Nanjian radeln. Uli ist so beruhigt, dass er eine der leidigen Erhöhungen auf der Fahrbahn übersieht und beinahe stürzt.

Am Strassenrand, der gesäumt ist von Reis-, Mais- und Gemüsefeldern, stehen überall Fahrzeuge die gerade mit Bergen von Reisstroh beladen werden. Auf den kleinen Äckern wird fleißig gearbeitet. Reis geschnitten, Erde zerpflügt.

An der Einmündung nach Nanjian treffen wir die übrigen vier Radler wieder. Joachim versorgt uns mit leckerem Biskuit, dann machen wir uns an die letzten zwei Kilometer bis zum heutigen Etappenziel.


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