Umwege sind das Zen des Radfahrers

Radweltreise-Erkundung Indonesien, vom 01.06.2017 bis 30.06.2017

Über die Felder von Pangandaran nach Borobudur. Weiterhin heiß und sonnig, leider Ostwind, die falsche Richtung!

„Wie habt ihr denn DIE Strecke gefunden?“, heißt es oft auf unseren Touren, wenn wir mal wieder auf Schleichwegen durch Dörfer kurven.

„Mit dem Finger auf der Landkarte“, antworten wir zuweilen, wenn uns der Schalk im Zenit über dem Nacken sitzt.

„Durch viele ungewollte Umwege“ wäre die ehrlichere Antwort.

Obwohl – unsere ersten Touren, vor immerhin mehr als 20 Jahren haben wir tatsächlich mit dem Finger auf der Landkarte geplant. Einfach, weil es damals noch kein Google Maps, Here Maps, Komoot, Open Cycle Maps und Baidu Maps gab. Heute entsteht eine neue Tour mit einer Grundidee, die meist auf gewisser Landeserfahrung fußt, und dann intensiver Recherche in den entsprechenden Kartenportalen. Routen werden geplottet und wieder verworfen, Höhenprofile über GPS Visualizer abgerufen und dann steht die Tour auf dem Papier.

Und wird dann bei der Erkundung meist doch wieder umgeschmissen, nicht als Ganzes, aber im Detail. Denn Nichts ersetzt die eigene Erkundung in der Tourplanung.

Nun gut, deswegen bin ich nun also in Indonesien. Weil Indonesien Teil der Radweltreise ist.

Und weil wir eine eigenständige Radtour durch Indonesien planen.

Und deswegen fahre ich hier zuweilen umsonst, aber nicht sinnlos steile Anstiege durch Reisfelder hoch, nur um dann zu merken, dass der Weg doch im nächsten Dorf endet. Dabei sah der Weganfang so gut aus! Asphaltiert, ohne Verkehr, nette Leute, die mir zuwinken. Immerhin, das indonesische Wort für Sackgasse habe ich schon aufgeschnappt. Klingt wie das chinesische „Hundun“, Chaos.

Kommt hin.

Aber ich will nicht meckern, nicht über die Monstersteigungen, die teils unbefestigten Feldwege und die Hitze. Nicht über den Ramadan, mit dem ich mich inzwischen gut arrangiert habe (inzwischen weiß ich auch, dass die Supermärkte und Garküchen nur im Ramadan kein Bier anbieten (dürfen). Falls der eine oder andere Leser Indonesien gedanklich schon von der Reiseliste gestrichen hat: Schmutzbier ist auch hier gesichert!).

Die Fahrt ging erst von Pangandaran durch recht dichten Wald nach Cilacap. Von hier wollte ich eingentlich weiter bis Kebumen brausen, sammle an diesem Tag aber besonders viele Umwege und schaue mir lieber diese doch recht interessante Hafenstadt an. Dann geht es weitgehend am Meer entlang bis kurz vor Kebumen und gerade rechtzeitig vor dem allabendlichen Regenguss ins Hotel. Die Strecke nach Kebumen ist grandios, gute 20 Kilometer geht es durch ein steiles Küstengebirge hoch und runter, mit dichter Vegetation, malerischen Dörfern und teilweise atemberaubenden Ausblicken aufs Meer.

Und auch die Strecke von Kebumen nach Borobodur lohnt sich. Die ersten 15 und die letzten 10 Kilometer führen auf der Hauptstraße, die restlichen knapp 60 Kilometer geht es durch Reisfelder und Sekundärwälder teils herausfordernd steil bergauf und ebenso herausfordernd bergab durch die ländliche Idylle. Was mir auffällt ist der relative Wohlstand hier auf dem Land. Die indonesischen Städte erinnern mich ja an China vor etwa 20 Jahren. Die Dörfer sind alles andere als reich, aber strahlen eine gewisse Situiertheit aus. Kein Dreck entlang der Straße. Keine halb eingefallenen, windschiefen Häuser. Keine Kinder in zerrissenen Kleidern, denen der Dreck bis zum Hals steht. Bescheidener Wohlstand und anscheinend gut funktionierende Dorfstrukturen. Das mag in anderen Teilen Indonesiens anders sein, in Zentraljava scheint es den Leute auf jeden Fall gut zu gehen. Und zuweilen weht mir dann auch gegen Mittag der Duft von Essen herüber, ein Zeichen dafür, dass es nicht alle Dorfbewohner so ernst mit dem Fasten nehmen.

Was mir auch auffällt: Es gibt kaum Hunde auf Java! Und die wenigen Exemplare blinzeln nur kurz müde in die Sonne, wenn ein Radfahrer vorbeifährt. Was für eine Erholung im Vergleich zu Thailand vor vier Monaten!

In Borobudur blicke ich nun von meinem Zimmer über die Reisfelder und freue mich darauf, dass es die nächsten Tage nun ein wenig ruhiger zugeht. Morgen Besichtigung und Fahrt nach Yogyakarta. Dort dann zwei Ruhetage und dann weiter gemächlich in Richtung Osten.

Aber dann warten die Berge auf mich.

Ich bin gespannt!

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3 Kommentare:

  1. Die Muslime stellen so 90 Prozent der Einwohner der Insel Java. Doch ist die nicht-muslimische Minderheit deutlich sichtbar; für diese gelten die Fastengebote nicht. Mir fiel auf, dass viele unserer Studenten in Yogyakarta christlich getauft sind.
    Die «Universitas Gadjah Mada» in Yogya hat 55’000 Studenten, weil ich kurz dort unterrichtete habe ich die Ehre, mit der Alt-Rektorin Prof. Ir. Dwikorita Karnawati und ihrem Ehemann über Facebook befreundet zu sein.

  2. „kaum Hunde auf Java…“
    Kein Wunder, mein muslimischer Besuch von Yogyakarta erkundigte sich, ob es Hunde in meinem Haus gebe. Nicht? Aufatmen.
    Der Hund gilt als „unrein“, nach jeder Begegnung sind die Hände zu waschen.
    Da ist es schon einfacher, man hat keinen Hund.

  3. Volker Haering

    Hallo Thomas,
    sehr sympathisch! Zumindest aus der Warte des Reiseradlers!

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