Akklimatisieren und Einrollen

Auf dem Dach der Welt, 17.09. bis 12.10.2018

Besichtigungstag in Lhasa: Potala-Palast und Kloster Sera, Abholen der Räder, 15 km Einrollen

Der Potala-Palast ist ein Muss. Trotz der vielen Ticketkontrollen und des begrenzten Zeitfensters – ab Betreten der „roten Etage“ bleiben 50 Minuten für die Besichtigung – ist die ehemalige Residenz der Dalai Lamas selbst als Museum noch eindrucksvoll. „Es gibt drei Farben am Gebäude: weiß, gelb und rot“. erklärt unser Guide Suonian, der nebenbei noch eine kleine Kneipe in der Altstadt betreibt und gestern bis spät in die Nacht Freunde bewirtet hat. Rot steht für Religiöses und kennzeichnet die Gemächer und Audienzräume der Dalai Lamas. Gelb steht für Macht. Die weißen Etagen waren reine Verwaltungstrakts. „Die schweren Vorhänge sind wie in den Nomdenzelten aus Yakwolle gefertigt. Sie weisen Wasser ab, lassen aber Sternenlicht durch“. In Gedanken schaue ich in einer lauen Sommernacht in die unendliche Weite des Sternenhimmels, nicht schlecht.

So erfahren wir allerlei über die Geschichte und Architektur dieses stolzen Bauwerks, während wir die vielen Treppen zu den obersten Etagen erklimmen. Es klappt zwar schon besser mit dem Treppensteigen als gestern, aber die Höhe macht sich immer noch bemerkbar. Leider ist fotografieren in den Innenräumen nicht erlaubt. Oder glücklicherweise, denn bei den vielen bunten, reich verzierten Kapellen, Privathallen, Audienzräumen, Grabstupas und Mandalas wären wir sonst nie weitergekommen.

Nach einem Mittagessen in den Hinterhöfen der Altstadt holen wir unsere Räder ab. Der neue UCC Radladen liegt etwas außerhalb, ist gut sortiert und voller Bilder des stolzen Inhabers und seiner Radfreunde. „Ich drehe noch schnell eine kurze Runde, nehmt euch schonmal eure Räder“, meint der Chef und ist mit seinem neuen bike auf und davon, nachdem er anerkennend meinte, Kogas seien in China eine Seltenheit. Er selbst sei auch schon nach Nepal gefahren, tolle Sache. Ich freue mich immer wieder, solche Radfreaks in China zu treffen. Franz und Ramon decken sich noch mit Trikots ein, wir übrigen mit Trinkflaschen, machen ein Gruppenfoto vor dem Laden und verabschieden uns von den Jungs vom Radladen. 

Zum Einrollen fahren wir ins nahe Kloster Sera. Annika ist noch nicht in China geradelt, da eignet sich die kurze Etappe zum Gewöhnen an den Stadt- und Gegen- und Querverkehr. Sera ist wie das Kloster Kumbum in Xining eines der sechs wichtigen Universitäten des Gelug Ordens. Wir sind noch rechtzeitig da, um den Mönchen beim Debattieren zuzuschauen. Es geht recht laut und lebhaft zu. In Paaren verinnerlichen die Mönche den vorher gelernten Text. Der Stehende stellt Fragen, der Sitzende muss antworten, und das stundenlang. Am besten funktioniert das Fragen, wenn man dabei auf und ab läuft, die Gebetkette schwingt und am Ende laut in die Hände klatscht.

Beim Einstellen der Räder im Hotelinnenhof treffen wir eine Brasilianerin, die in bestem Deutsch begeistert nachfragt, wie es denn mit dem Radeln in Tibet sei. In Südamerika könne sie aus Erfahrung Uruguay als Radland empfehlen. Wir plaudern noch eine Weile und gehen dann mit unserem eigentlichen Guide Tashi zum Abendessen. Lhasa ist voller unterschiedlicher Orte und Menschen. 


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Ja wo gucken sie denn?

Tag 174 der Weltreise: 107 km Fahrt von Wanzhou nach Zhongxian mit rund 1800 Höhenmetern bei bewölktem Himmel und ein wenig Regen. Von Andreas Kraus.

Das Hotel in Wanzhou und seine Belegschaft ist wirklich sehr nett. Auf unsere Bitte hin bereiteten sie das Frühstück eine halbe Stunde früher vor, damit wir um 08:00 Uhr würden abfahren können. Überhaupt ist das Hotel anscheinend nagelneu und sehr geschmackvoll eingerichtet. Zwar ist der Eingang und einer der Aufzüge etwas arg unscheinbar und eher schrottig, aber wenn man es mal bis in die Lobby im 11. Stockwerk geschafft hat, offenbart sich ein sehr schnuckeliges, stilvolles und blitzsauberes Hotel. Als wir mit dem Frühstück fertig waren und mit den Koffern zu den Rädern in die Tiefgarage fuhren, kam die Chefin persönlich mit und verabschiedete uns. Toller Service!

Die Etappe war heute deutlich urbaner als die Tage zuvor. Bislang fuhren wir oft kilometerweit durch relativ einsame Landstriche aber heute hörte die Bebauung eigentlich kaum auf. Im Grunde fuhren wir von einem Dorf in das nächste. Überhaupt ist hier in der Region um Wanzhou eine quasi großstädtische Gelassenheit zu spüren. Insbesondere merkt man das daran, dass wir nicht mehr so angeglotzt werden und die Leute nicht mehr alle 2 Minuten fragen ob sie mit uns ein Foto machen können. Wir werden fast schmerzlich ignoriert.

Um die Mittagszeit fing es dann an zu regnen und wir waren froh, relativ bald in einem kleinen Restaurant einkehren zu können, das unsere Begleitmannschaft ausfindig gemacht hatte. Es gab Nudelsuppe oder gebratene Kartoffeln. Das bringt einen über die nächsten 50 km . Denn heute war die Etappe wieder recht anspruchsvoll. 107 km mit 1800 Höhenmetern ist kein Pappenstiel. Das ständige Auf und Ab zermürbt ganz ordentlich und macht über kurz oder lang die Beine schlapp.

So waren auch alle froh, als wir kurz nach 18:00 Uhr diese anstrengende Etappe hinter uns hatten und im Hotel einrollten. Zum Abendessen wollte keiner mehr weit laufen müssen mit seinen schweren Beinen, deshalb wählten wir das erstbeste Restaurant, das groß genug war um uns alle 14 zu bewirten. Es gab genug gekühltes Bier und das Essen war auch lecker. Was will man mehr? Schlafen werden wir heute Abend sicher alle gut und morgen wieder ausgeruht an die nächste schwierige Etappe gehen.

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