Im Schatten des Jadedrachen

Chinesische Landpartie, 05. bis 27.10.2018

Wanderung durch die Tigersprungschlucht, ca 20km, 1000Höhenmeter

Auch heute stand Ausschlafen nicht auf dem Programm. 18 km lagen vor uns und zwar keine leichten. Umso besser, dass wir nicht mit chinesischem Frühstück in den Tag starten mussten. Wie schaffen die das? Man braucht doch was ordentliches im Magen. Zum Beispiel Pancakes. Und Kaffee. Genau das gönnten wir uns.

Pünktlich wie die Maurer machten wir uns dann auf den Weg. Anfangs verlief alles noch unspektakulär. Wir verliefen uns ein wenig auf einer Weide. Wir wunderten uns schon, der Weg schien nicht für Menschen gemacht worden zu sein. Zum Glück fanden wir den Weg dann doch und konnten endlich richtig anfangen zu wandern.

Es ging relativ bald steil bergauf und wir fingen schon an zu schwitzen. Gleichzeitig war es noch relativ kalt. Grade rechtzeitig kämpften sich die ersten Sonnenstrahlen über den Berg und wärmten uns ein wenig auf. So ließ es sich aushalten.

Bevor so richtig Freude am Wandern aufkam, stellte sich uns eine erste Herausforderung. An einem Häuschen kam uns eine Herde Ziegen entgegen. Sowohl wir, wie auch die Ziegen blieben stehen um die Situation einzuschätzen. Ihr Anführer blickte uns fragend an. Wir mussten aneinander vorbei, es gab keinen anderen Weg.

Der Ziegenkönig bewegte sich langsam auf mich zu und ich bereitete mich auf einen Kampf vor. Unvermittelt fing er jedoch an mein Bein abzuschlecken. Ein Zeichen des Friedens. Bevor auch noch die anderen Ziegen auf den Geschmack kamen, gingen wir schnell weiter. Die erste Prüfung war überstanden.

Der Trail war sehr angenehm zu wandern, zwischendurch gespickt mit etwas herausfordernden Abschnitten und begleitet von immer imposanteren Ausblicken. An einigen Stellen flossen Bäche den Berg hinunter. Das Wasser war klar, kalt und lud zum Trinken ein. Nach und nach begegneten wir auch anderen Reisenden. Viele Europäer, viele Koreaner und auffallend wenig Chinesen.

Wir lagen gut in der Zeit und gönnten uns neben einer längeren Mittagspause auch noch eine Auszeit für einen Kaffee. Über uns immer wieder der Jadedrachenschneeberg, der immer weiter ins Blickfeld rückte und die Kulisse sehr alpin erschienen ließ. Grade als wir uns so richtig entspannten donnerte es auf der anderen Seite und eine Gerölllawine toste den Berg runter. Schön, dass das so weit weg war.

Am Nachmittag wurde auch die Vegetation zunehmend alpiner. Vorher Sträucher, jetzt Nadelgehölz. Zwischendurch aber auch Kakteen und kleinere Bambuswälder. Sehr abwechslungsreich.

Dann auf einem engen Weg standen plötzlich drei Pferde. Oder waren es Esel? Oder Maultiere? Was immer sie auch waren, sie standen im Weg und machten keine Anstalten Platz zu schaffen. Sich eng an ihnen vorbei drängen wollten wir nicht. Hätten sie nach uns ausgeschlagen, hätte das nicht nur sehr weh getan, wir wären auch die Schlucht hinunter gepurzelt. Ich hätte gerne von meinem Bambusstock Gebrauch gemacht, der mich treu durch den Tag begleitet hatte. Dirk jedoch bewies, dass Gewalt keine Lösung ist, redete den Tieren gut zu und lotste uns ohne Probleme vorbei. Ein kleiner Hieb konnte trotzdem nicht schaden.

Der Wanderweg war zwischendurch immer wieder anstrengend, belohnte jedoch jeden Aufstieg mit fantastischen Ausblicken über das Tal. Mehr Spaß kann Wandern fast nicht machen. Das sahen längst nicht alle Reisenden so: Immer wieder begegneten wir Touristen, die sich von Pferden, Eseln und Maultieren den steilen Pfad hoch tragen ließen. Über so was konnten wir nur den Kopf schütteln.

Nach mehr als 20 km kamen wir dann endlich am Naxi Family Guesthouse an, wo wir herzlich empfangen wurden. Eine Terrasse gab es auch wieder. Dies wird wohl vorerst das letzte Mal sein, dass wir zum Jadedrachenschneeberg hinauf blicken. Immerhin haben wir mehr als genug Fotos aus wirklich jeder Perspektive gemacht. Hoffentlich tröstet uns das.

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