Der Trubel beginnt

Entlang der Teestraße, 24.09. bis 16.11.2017

Von Heijing nach Chuxiong, 76 km, fast 1.000 Höhenmeter

Heute fahren wir unseren ersten kleinen Pass. Insgesamt kommen, auf weitgehend wenig befahrener Straße, knapp 1.000 Höhenmeter auf 76 Kilometer Strecke zusammen.

Es ist der 1. Oktober, ab jetzt hat ganz China acht Tage Ferien. Wer kein Geschäft hat oder als Verkäufer arbeitet, ist in dieser Zeit üblicherweise unterwegs. Flug- und Zugtickets sind meist lange im Voraus ausverkauft und Sehenswürdigkeiten platzen aus allen Nähten. In Heijing werden heute die Ausflügler erwartet. In den Gassen sind Stände aufgebaut, von Nudeln über Schuhe und Kleidung wird alles Mögliche angeboten. Ich bin froh, dass wir das Örtchen anders erlebt haben. Am etwas ausgelagerten Bahnhof warten schon die Minibusse, um Touristen nach Heijing zu bringen. 

In Guangtong, einem winzigen Durchgangsort, in dem wir unsere Nudelsuppe schlürfen, gibt es eine Moschee. Wir dürfen zwar nicht in die Gebetshalle gehen, bekommen aber im Innenhof einen Eindruck, wie die hiesige Gemeinde hier zusammenkommt. In Yunnan leben 26 anerkannte ethnische Gruppen, zu denen auch die muslimischen Hui zählen. Die Vielfalt der Kulturen und Landschaften ist eines der Dinge, die mich an Yunnan immer wieder fasziniert.

In der ersten Tageshälfte überwinden wir wieder die steilen kurzen Anstiege, die wir bereits von der Hinfahrt her kennen. Nach dem Mittagessen fahren wir über unseren ersten kleinen Pass. Die Landschaft ist grün, eine Hügelkette taucht hinter der nächsten auf, die Straße ist gesäumt von Eukalyptus und hier und da flattern Schmetterlinge durch die Luft. In der Nähe wurden Schnellstraßen und eine Autobahn gebaut, daher haben wir diese Straße fast für uns allein. So könnte es von mir aus weitergehen.

Aber wir sind in China, und ein paar Kilometer vor der Stadteinfahrt nach Chuxiong ist die Straße aufgefräst. Wir holpern also wieder einmal durch eine Baustelle. In Chuxiong merkt man dann, dass die Feiertagswoche begonnen hat. In der etwas an Suzhou erinnernden neu gebauten Altstadt ist Vergnügen angesagt: bunte Stände, Fressbuden, flanierende Chinesen, laute Musik, wie auf dem Jahrmarkt. Wir entscheiden uns heute für die Spieße, die in einer eigenen Gasse angeboten werden, das Bier kommt aus der Thermoskanne. Später am Abend sitzen wir noch gemütlich im Hotelinnenhof, in dem auch viele chinesische Ausflügler untergekommen sind. Urlaub macht hier die ganze Familie gemeinsam, und in einem Doppelzimmer verschwinden meist drei Generationen: die Omi und das junge Paar mit dem kleinen Kind. Wie so häufig „auf dem Lande“ (dabei würde Chuxiong gut und gern in Europa als größere Stadt durchgehen) sind wir ein beliebtes Fotomotiv, und mit Westlern kann man auch prima sein Englisch testen. Mal sehen, was und in dieser Woche noch erwartet.


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Ausspannen im Salzdorf

Entlang der Teestraße, 24.09. bis 16.11.2017

Von Lufeng nach Heijing (92 km) und Ruhetag in Heijing

Der Radtag führt durch verschiedene Flusstäler, rechts und links Reisfelder. Den größten Teil fahren wir auf einer kleinen Stichstraße, die uns mit kurzen, aber knackigen Anstiegen herausfordert. Es folgt ein Ruhe- und Besichtigungstag im alten „Salzdorf“ Heijing.

Den größten Teil der Radstrecke fahren wir auf einer verkehrsarmen Stichstraße, die wir in zwei Tagen wieder zurückfahren werden, daher folgen die Bilder später. Die Hitze und die steilen kurzen Anstiege machen uns anfangs noch zu schaffen. Nach einem heftigen Regenschauer in der Mittagspause haben wir uns weitgehend eingeradelt. Wir zahlen der etwas holprigen Straße Tribut, Werner hat den ersten Speichenbruch der Tour.

Heijing ist ein kleines Dorf in den gefühlt hinterletzten Hügeln Yunnans, das es einst mit der Gewinnung und dem Handel von Salz zu einem gewissen Wohlstand gebracht hat. Unser Hotel liegt direkt vor einem konfuzianischen Tempel, in dessen Garten es sich herrlich entspannen läßt. Carola und Kalle überlegen, einfach ganz hier zu bleiben und sich vorerst vom Radfahren zu verabschieden.

Im Laufe des Tages besichtigen wir das Anwesen der Familie Wu, ein stattlicher Bau mit eigener Bühne und unzähligen Zimmern. Aufgebaut ist das mehrstöckige Holzgebäude wie das chinesische Zeichen für König, „Wang“. So bekommen wir eine Ahnung, wie gut diese Familie vom Salz leben konnte. In einem Tempel etwas oberhalb von Heijing treffen wir eine Nonne, die hier allein lebt und das Gebäde nach und nach restauriert.

Schließlich erfahren wir auch, wie man in Heijing bis in die 80er Jahre das Salz gewonnen hat: zuerst wurde die Salzlake aus den Stollen getragen, über ein Rad zu verschiedenen Filtern geführt, danach in Becken vorgetrocknet und schließlich in großen Köpfen gekocht. Der gewonnene Salzkegel wurde dann zersägt und schließlich gehandelt.

Besser noch als bei Tag ist Heijing allerdings bei Nacht. Noch haben wir das Örtchen für uns allein, ab morgen startet die chinesische Feiertagswoche, dann ist vielerorts mit Touristenströmen zu rechnen. Hier einige Impressionen aus Heijing, bei Nacht:


Strecke vom 29.09.2017[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2017-09-29_Cha173.gpx“]

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Blumen und Baustellen

Entlang der Teestraße, 24.09. bis 16.11.2017

Von Anning nach Lufeng, 78 km, warm

Es ist Sommer geworden. Das Handy von Xiao Luo, unserer Fahrerin, zeigt gegen Nachmittag 26 Grad. In der Sonne ist es sicherlich noch wärmer. Gemütliche Fahrt durch hübsche Täler, unterwegs ein paar obligatorische Baustellenstücke.

Unsere erste richtige Radetappe führt uns zunächst durch ein kleines Flusstal. Rechts und links eine gelbe, entfernt an Goldregen erinnernde, Blütenpracht. Der Verkehr hat deutlich abgenommen. Der Reis ist in dieser Gegend schon geerntet, auf einigen Feldern wird noch auf traditionelle Weise mit der Hand gedroschen.

So radeln wir gemütlich durch die Landschaft. An einem Traubenstand können wir einfach nicht vorbeifahren und müssen auch gleich noch vom lokalen Traubenwein kosten. Der schmeckt leicht vergoren und ist etwas gewöhnungsbedürftig. Nach einem leichten Anstieg folgt eine tolle Abfahrt und direkt darauf das Mittagessen in einer kleinen Nudelbude. Renate lernt dazu noch wichtige Vokabeln, wie zum Beispiel die verschiedenen Worte für Schärfe: „la“ ist Chilli-scharf, „ma“ kommt vom Sichuanpfeffer. Der betäubt ähnlich wie Nelke und wird gerade vom Opa des Familienrestaurants in einer großen Schüssel von den Ästen gezupft. Die Vokabeln für hübsche Frau und fescher Typ hatten wir schon heute früh beim Frühstück gelernt.

Ein paar Baustellenstücke gibt es auch. Und Dinosaurier, denn in der Nähe liegt eine Fundstelle der Urzeitriesen. Wir begnügen uns heute mit einer Rast unter den Nachahmungen und sind schon gegen drei Uhr an unserem Zielort angelangt. Nach der Fahrt in zunehmenden Hitze gönnen wir uns ein kühles Bier und genießen den Rest des Tages im verschlafenen Städtchen Lufeng.


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Kurztrips

Entlang der Teestraße, 24.09. bis 16.11.2017

Stadttag in Kunming und Fahrt nach Anning, 40 km

Unsere Radtour entlang der alten Teestraße startet mit zwei Kurztrips: ein Stadttag in Kunming und ein erster Radeltag, der mit seinen 40 km gut in diese Kategorie fällt.

Die Anreise war keine einfache, zumindest nicht für mich, weil mein Anschlussflug gute acht Stunden verspätet war. So haben wir uns als Sechsergruppe erst beim Frühstück, also der obligatorischen Nudesuppe, getroffen. In der Provinzhauptstadt Kunming standen in erster Linie Erledigungen auf dem Plan. Geld tauschen, letzte Dinge für die Reise einkaufen und unsere Räder in Empfang nehmen. „Drei Wochen seid ihr unterwegs“, seufzt die Chefin des Radladens mit einem neidischen Seitenblick – sie ist ebenfalls leidenschaftlich gern auf Tour – und stellt uns noch einen ihrer Kunden vor: ein Journalist, der Rad fährt und Marathon läuft. Interessante Leute trifft man hier. Überhaupt hat man in Kunming Zeit für einen Plausch. Eine ältere Dame, die wie wir am Bankschalter wartet, hört, dass wir aus Deutschland und Österreich sind. „Ich fliege im Januar nach Europa, auch nach München… ist es dort kalt, muss ich eine dicke Jacke einpacken?“ Und schon ist man im Gespräch.  

Gesehen haben wir doch noch einiges: den buddhistischen Yuantong-Tempel, die Sänger, Tänzer und Spieler vom Cuihu-Park, die Überbleibsel des alten Vogel- und Blumenmarktes und viele Stände und Verkäufer am Wegesrand. Dazwischen natürlich auch die moderne Stadt mit unzähligen Wolkenkratzern, zu der Kunming sich gerade entwickelt. Die neue Altstadt, also ein paar Straßenzüge, die im alten Stil neu aufgebaut werden, können wir diesmal nicht besichtigen. Die Baustelle hat neuerdings einen Zaun bekommen und es sieht so aus, als sei „Kunming Old Town“ im nächsten Jahr fertig. Den Abend beschließen wir mit einem leckeren Essen im Lao Fangzi, einem traditionellen Haus, das tatsächlich alt ist und nicht in letzter Zeit neu aufgebaut wurde.

Der erste Radtag zu den heißen Quellen in einem Tal hinter Anning, eine eigentlich kurze Etappe, wird durch den Bau der U-Bahn in Kunming und ein Stück verkehrsreicher Schnellstraße zur ersten echten Herausforderung. Hinter Anning werden die Straßen kleiner und ruhiger. Jetzt fällt auch auf, dass wir uns sehr weit im Süden befinden: die Vegetation wird dichter, Palmen und Bananen säumen den Straßenrand, große Schmetterlinge flattern hier und dort, die Temperaturen erlauben Radeln im T-Shirt, das Kader-Kurhotel bietet Massage an… sprich, der Urlaub kann beginnen.


Strecke vom 27.09.2017[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2017-09-27_Cha173.gpx“]

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