Entlang der Burma-Pipeline

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Ich war gerade noch mit Karin und Josef auf ein schnelles Fassbier in der Trinkhalle gegenüber, neben uns haben ein paar Tische gebannt und entzückt auf den Fernseher an der Wand geschaut: Tom und Jerry. Das war rührend! Wann war das noch, als man kaum erwarten konnte, bis Tom und Jerry kam? Hier im Land gibt es inzwischen auch Murdoch und alle hängen vor den Premier League-Spielen, aber das ist ein relativ neues Phänomen. Die Zeit, in der Tom und Jerry im großen medialen Brei untergeht, kommt erst noch.

Die letzten zwei Tage sind wir doch noch die Burmastraße entlanggefahren, der Titel unserer Reise ist zur Zeit ja etwas missverständlich. Wir mussten sie kurzfristig umstellen, ursprünglich wären wir nahezu die gesamte Burmastraße abgefahren. Doch über die Grenze zu China kommt man derzeit nicht, im Grenzgebiet gibt es Konflikte, wie man hört Streitigkeiten um geplante Staudämme. Mittelfristig soll der Grenzübertritt wieder möglich sein, vorausgesetzt man reist am gleichen Grenzort auch wieder aus. Also erstmal schlechte Vorzeichen für den eigentlichen Reiseverlauf, was sehr schade ist, aber in unserem Fall wurde das bisher sehr gut kompensiert…

Die Burmastraße ist schon besonders, ihre Geschichte ist hochinteressant. Eine ewig umkämpfte Route der Japaner, Briten und Chinesen während des zweiten Weltkriegs, wichtig aber bereits viel früher: die südliche Seidenstraße fand hier ihren Weg von Südwestchina nach Indien und schließlich nach Europa. Mit der Wirtschaftsmacht Chinas gewinnt auch die Burmastraße nun, wie die Seidenstraßen im Norden, immer mehr an Wichtigkeit, der Verkehr rollt bislang vor allem in Richtung Westen, chinesische Waren. Für die andere Richtung ist gerade ein enormes Projekt im Bau: eine Erdgas-Pipeline, die China mit Erdgas aus dem Golf von Bengalen versorgen soll, mächtigen Rohre zieren den Straßenrand, Schneisen werden geschlagen.

Aber zu uns: lange Strecken haben wir hinter uns gebracht, vor allem gestern, da ging es schwer auf und ab. Über die Gokteik-Schlucht durften wir diesmal gemeinerweise nicht auf dem Viadukt rollen, das hieß rein in die Schlucht und wieder raus aus der Schlucht, im Gegensatz zum Bergfahren ist das psychologisch ungeschickt. Aber Top Leistungen, alle sind super gefahren, Josef schnurrte die meiste Zeit vorneweg wie ein gut geöltes Metronom. Es muss an seinem Brooks-Sattel liegen, der scheint ein natürlicher Fortsatz seines Körpers zu sein. Die Landschaften waren schön, einige Flächen davon allerdings abgeholzt und brandgerodet, jetzt wächst dort vor allem die Purgiernuss. Von der letzten Regierung wurde deren Anbau der hässlichen Purgiernuss flächendeckend verordnet, man soll daraus Biodiesel gewinnen, leider ist davon bis heute nichts in Produktion und jetzt wachsen überall diese Sträucher. Die Leute hier sind sich inzwischen sicher, dass das mal wieder eine dieser verrückten Direktiven war, die dem Aberglauben der Machthaber geschuldet sind.

Die Sache mit dem Aberglauben in Burma ist bizarr und hat schon die krassesten Folgen gehabt. Besonders bekannt dafür war der berüchtigte Machthaber Ne Win, der von den 60ern an für 25 Jahre die Fäden des Landes in der Hand hielt. Ne Win träumte 1970 davon, auf der linken Straßenseite ums Leben zu kommen, und schon wurde der Straßenverkehr auf Rechtsverkehr umgestellt – noch heute hat der Großteil der Fahrzeuge das Lenkrad auf der rechten Seite, ziemlich verwirrend. Ne Wins Glückszahl war die Neun, weshalb er 1987 nahezu alle gültigen Banknoten entwerten und durch solche ersetzen ließ, die durch 9 teilbar sind, 45 Kyat-Scheine, 90 Kyat-Scheine, vier Fünftel aller Ersparnisse gingen dadurch verloren.

Ich mach jetzt mal Schluss, es war ein langer Tag, die Erdbeerstadt Pynoolwin, die lange Abfahrt hinunter in de heiße Ebene, Marionetten-Theater in Mandalay. Die Sache mit dem Grüßen schleift gerade etwas, ich vergesse es ehrlichgesagt auch einzufordern, das muss besser werden. Seid gegrüßt!


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Endlich wieder Sättel putzen

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Der heutige Eintrag ist von Mutti, nicht zu verwechseln mit Mama, das ist für unsere Guides Karin. Sie hat ihn in den Mittagsstunden geschrieben, abends haben wir dann noch Bleiklopfern und Papierschöpfern bei der Arbeit zugesehen, interessant aber auch deprimierend. Kyaukme ist landesweit bekannt für diese Spezialisten, sie arbeiten in kleinen Betrieben für sehr wenig Geld, vor allem zur Herstellung von Opfergeld. Das geht dann nach China, wohin sonst…also, besten Dank, liebe Mutti:

„Heute geht’s uns gut – was nicht heißen soll, dass es uns sonst schlecht geht ! Wir dürfen ausschlafen und wieder aufs Rad – Juhu! – Erst um 10 Uhr soll unsere moderate Radetappe beginnen. Genüsslich liegt man im Bett und lauscht den vielfältigen Geräuschen die in und ums Haus spätestens ab 6 Uhr den neuen Tag verkünden. Vögel zwitschern mit den fleißigen Schwatzwaschfrauen im Hof um die Wette, nebenan sind Handwerker beim Hausbau, die ersten Guesthouse-Gäste knallen die Türen, Hähne krähen und bald schon beginnt der Singsang der Schulkinder ganz in der Nähe : Vorsingen – nachsingen, vorsingen – nachsingen, die nachsingende Schar wird immer ungeduldiger, lauter und schneller. Interessant, denkt man – welch ein Unterschied zu deutschen Schulen…. Wer nun aber meint, erst um 9 Uhr frühstücken zu können, hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Alles abgeräumt. Mit Müh und Not ergattert man (in diesem Fall ich) noch einen Instantkaffee und drei Scheiben Toast. No eggs

Dann geht’s endlich nach vier Faulenzertagen wieder aufs Rad, jeder ist gierig. Nur rund 36 km und etwa 500 Höhenmeter, aber immerhin. Ideale Temperatur jetzt hier auf dem Shan-Plateau. Maungmaung schießt in seiner unverkennbaren Technik, Knie ausgestellt, locker drauflos, wir keuchen hinterher, den Blick fest auf das Hinterrad des Vorderen und den Straßenbelag gezurrt – es gilt Schlaglöchern und Unebenheiten auszuweichen. Wir sind auf der legendären Burmastraße, der wichtigsten Verbindungsstraße zwischen China und Burma, Handelsweg, was heißt, dass wir den heißen Atem und das laute Hupen der dicken Laster im Rücken spüren. Die schwarzen Dieselwolken verärgern unsere Lungen. Hin und wieder gelingt es jedoch, einen Blick auf Umgebung, Land und Leute zu werfen. Reisfelder, hohe Teakholzbäume, der allgegenwärtige hohe Bambus, Bananenstauden, hohe ausladende Baumkronen , Gemüse- und Obstplantagen säumen den Weg. Dazwischen immer wieder kleine Dörfer, die meisten bestehend aus einfachen Einraum-Holzhäusern auf Pfählen mit Blätterdach. Luxus ist, einen Brunnen in erreichbarer Nähe zu haben, ansonsten wird Wasser oft mit zwei Eimern und Stange auf der Schulter herangeschleppt.

Als Kuriosum entdeckt man (neben vielen anderen Kuriositäten) den Motorradsupermarkt (hunderte von kleinen Beutelchen hängen an allen Seiten des Vehikels, umringt von neugierigen Käufern) oder den freihändig fahrenden Mönch auf dem Motorrad, seinen Helm schwenkend. Nach dem gestrigen Klostererlebnis sind wir etwas desillusioniert , was unsere Vorstellung vom erhabenen, meditativen klösterlichen Leben angeht . Immer wieder winken uns lachende Menschen zu. Unterwegs eine relaxte Kaffeepause mit dem süßen Kondensmilch- Instantkaffee und schon sind wir, eigentlich noch energiegeladen, in unserem nächsten sauberen Domizil – in Kyaukme. Die obligatorische Nudelsuppe und das Schmutzbier warten. Morgen soll es als Ausgleich den ultimativen Härtetest geben: 110 km, 1500 Höhenmeter!?“


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Unser Leben als Shan-Prinzessinnen

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Morgens frieren unsere Guides wie die Schneider, es hat zu dieser Zeit vielleicht gerade mal 15 Grad hier oben und deshalb laufen viele Menschen mit Pudelmützen und gefütterten Jacken durch die Gegend. Maungmaung kommt aus Yangon, Aungaung aus der Nähe von Bagan, also beide aus der brütend heißen Tiefebene, soviel zum Thema „Gefühlte Temperatur“. Für uns ist das Klima sehr angenehm, kein Wunder, dass die Ortschaften entlang der alten Burmastraße beliebte Rückzugsgebiete der Briten waren. Man konnte hier elegant den Tropenkrankheiten entgehen und musste nicht ab 9 Uhr morgens mit Gin gegen die Malaria antrinken.

Unser Tag war wie Urlaub, was ist denn jetzt los?! Ab dem späten Morgen ein entspannter Halbtages-Ausflug, ab dem Nachmittag döst jeder vor sich hin. Zunächst mit den schönen Dothawaddy flussauf gefahren, Bambusflößer schwammen an uns vorbei, früher hat man hier Teak den Fluss runter treiben lassen. Die meisten Dörfer am Ufer haben keine Straßenanbindung und sind nur auf dem Fluss oder, die Metropolen, mit der Mandalay-Lashio-Bahn zu erreichen, die dann einmal am Tag kurz hält. Heute ist der Zug ausgefallen, das passiert wohl öfters und das heißt auch, dass wir ziemlich Glück hatten gestern.

Die Wanderung zu einem alten Waldkloster, durch Bambushaine und an Ananas-Plantagen vorbei, hat Spaß gemacht. Die Belegschaft des Klosters war jung und fidel, als wir kamen, war sie dabei, sich einen Bollywood-Streifen mit Sharuk Khan anzuschauen. Ein lustiger Anblick: tanzende und singende, ihre Hüften schwingende Frauen, davor eine Gruppe von Novizen mit offenen Mündern. Ihnen scheint es gut zu gehen dort im Wald, sie tollen herum und laufen auf Stelzen durch die Gegend, uns haben sie mit Tee und Obst bewirtet. Das ergibt logischerweise schon wieder Mönchsfotos, aber das lässt sich ja ohnehin kaum umgehen in Burma. Ständig laufen rote Roben oder, noch schöner, die leuchtend rosafarbenden Gewänder der Nonnen durchs Bild.

Geführt durch dieses Gebiet der Shan wurden wir übrigens von einem Palaung und von Yoyo, einem Bamar. Dieser hat mich schon das letzte Mal auf dem kleinen Ausflug begleitet, ein Schlitzohr. Damals feuerte er Anspielungen auf das Regime ab, heute hat er vor allem gegen die Chinesen gewettert: die blaublütigen Blumen auf den Wiesen nennt man hier in der Gegend „Chinesische Gänseblümchen“, weil sie alles überwuchern. Die jungen Teakbäume am Rand stehen hilflos da und warten auf die Chinesen, usw. China leigt hier gleich um die Ecke, in ganz Burma ist es allgegenwärtig. Yoyo hat uns später eine kurzweilige und unaufdringliche Führung durch ein kleines Shan-Dorf gegeben, die Brandschutzmaßnahmen dort waren interessant (ein paar mit Wasser gefüllte Plastikbeutel vor den Hütten) und auch, wie die Leute hier so ihr Geld verdienen. Z.B. indem sie mit Handarbeit Viehfutter für den Markt in Lashio – also wieder für die Chinesen – herstellen.

Man bezeichnet uns Ausländer in Burma übrigens gerne als Byebyes, warum wohl, ein etymologisches Wörterbuch wäre jetzt hilfreich. In China sind wir Laowais, in Thailand Farang, in Laos Falang, in Burma also die Byebyes. Wir selber wären lieber Shan-Prinzessinnen, aber ok, man nimmt was man kriegt. Eine Österreicherin hat vor einigen Jahrzehnten im Ort Hsibaw gewohnt, sie war mit dem lokalen Saobwa verheiratet (dem Shan-Fürsten der Gegend). Danach hat sie ein Buch geschrieben, welches nett zu lesen sein muss. Wir haben uns an ihre ehemalige Residenz gepirscht und Fotos gemacht, die wir aber nicht an dieser Stelle veröffentlichen sondern an die Neue Revue verkaufen werden.

Meine Gruppe scheint noch Siesta zu machen und ich finde keinen Grüßwilligen. Also Folge 9 der Rubrik Wir Grüßen wieder von mir, an Xiuxiu, sie soll nicht zu viel arbeiten!

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Sweetwater

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Heute unser drittes Abenteuer „Bahnfahren in Burma“. Die Hürden werden höher gestellt, es soll ja nicht langweilig werden: sind wir diesmal mitten in der Nacht losgefahren, unser Bustransfer zum Bahnhof ist nicht aufgetaucht, und schließlich Sodom und Gomorra im Zugabteil. Die Strecke selber war Kinderfasching, wir sind ja mittlerweile so belastbar, 12 Stunden sitzen wir auf einer Pobacke ab.

Also, morgens um 3 standen wir ausgeruht in der Lobby und waren voller Tatendrang, das kann man sich sicher gut vorstellen. Der Busfahrer zum Bahnhof hat verschlafen, zum Glück konnte Maungmaung auf den vereinsamten Straßen um das Hotel herum ein Sammeltaxi aufgetreiben (die Stadt ist nachts ohne Strom, nur vereinzelt durch Generatoren, alles ist dann zappenduster und still). Und bald saßen wir – 10 Leute, unser komplettes Gepäck auf dem Dach – in einer kleinen Rumpelkiste auf dem Weg zum Bahnhof. Das Taxi hat mit Ach und Krach durchgehalten, wir haben rechtzeitig den Zug erwischt.

Dann wieder Bahnfahrt, die alte Diesellok musste erst von der Tiefebene auf das Shan-Plateau hochkeuchen, bis man endlich im ersten großen Ort Pynoolwin angekommen war, waren bereits 5 Stunden vergangen ( 80km entfernt). Die Höhe war stolz auf das Bahnhofsschild von Pynoolwin notiert, 3098 feet, und die Luft war hier schon viel frischer. Nach dem tropischen Süden und der trockenen, weiten Tiefebene wurde die Landschaft herber und hügelig, sehr schön. Das Gokteik-Viadukt durfte unser Zug zwei Stunden später überqueren, etwas ängstlich und im Schritttempo. Als die Briten es vor über hundert Jahren gebaut haben, galt es als ein Wunderwerk des Brückenbaus. Mittlerweile ist es angejahrt und die Gegend darum soll noch dazu vermint sein, auch die Shan, die hier die Mehrheit stellen, hatten ihre Kämpfe mit dem staatlichen Militär auszufechten und das Viadukt war dabei strategisch von großer Bedeutung.

Schön auch die Bahnhöfe, viele gab es ja nicht. In einem Nest am Ende der Welt (vielleicht ist „Nest“ schon zu viel gesagt, ich glaube es war tatsächlich nur eine Hütte, das Bahnhofshäuschen), standen wir eine dreiviertel Stunde. Wir haben auf den Gegenzug gewartet und uns in einem Sergio Leone-Film gewähnt. Träges Dasein, zäher Fluss der Zeit, herrlich. Ein paar Händlerinnen sind die Gleis auf und ab geschlendert, ansonsten haben sie sich in den Schatten gedrückt und Kürbiskerne geknackt. Mittags um vier sind wir schließlich angekommen im netten kleinen Städtchen Hsibaw, nach bewältigten 200km, das macht stolz!

Und am interessantesten war es ja ohnehin im Abteil selbst, vor allem das Zugpersonal konnte überzeugen. Man konnte prima Betel mit ihnen tauschen und wurde dafür im Gegenzug stets mit einem gutmütigen Blubbern beschenkt. Ansonsten haben sie es mit ihrer Aufsichtspflicht nicht so genau genommen, für Stationen wie der Gokteik-Schlucht herrscht ja eigentlich Fotografier-Verbot. Bier und Gold Royal Whiskey machte unter der Belegschaft die Runde, es wurde laut geschnarcht, es wurde sich sogar liebgehabt (unser Wagonchef hatte sein Mädchen dabei. Was unter den Longyis vor sich ging, gab kaum Raum für Spekulationen, zumindest laut den beschämten Aussagen von Daniela und Karin).

Die Zugfahrten sind jetzt erstmal rum und damit hoffentlich auch das Thema „Ich denke oft an Piroschka“ (BRD 1955, mit Lilo Pulver, Gustav Knuth und Gunnar Möller). In diesem Sinne: Folge 8 unserer Rubrik Wir Grüßen: Karin grüßt Petra, Kyra Kyralina ist auch da!

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Wer wickelt Bernd?

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Um unsere Kleiderwahl dem Land angemessener als bisher zu gestalten, haben wir heute morgen eine Weberei in Amarapura besucht. Amarapura ist eine Hauptstadt der letzten Dynastie, etwa 15km südlich von Mandalay. Die Kongbaung-Könige hatten keine feste Thronfolge, ständig haben sich potentielle Anwärter belauert und abgeschlachtet, um einen Neubeginn zu starten hat man dann jeweils den Palast abgebaut und an neuer Stelle wieder aufgebaut, die anderen Bauten verwitterten dann vor sich hin. Amarapura war die zweitletzte dieser Hauptstädte, die letzte war Mandalay.

Das bekanntest Fotomotiv Burmas gibt es in Amarapura zu fotografieren, die märchenhaft schöne U Bein-Brücke, die längste Holzbrücke der Welt. Wir haben das in der Morgendämmerung getan, was für eine Stimmung! Noch keine Reisebusse, dafür Berufsverkehr, auf Rädern und zu Fuß, und natürlich Mönche auf dem Weg zum Almosengang. Die Brücke haben wir abgeschlendert und sind dann mit dem Boot zurück, und dann flugs in eine der Webereien. Amarapura ist nämlich auch bekannt für seine traditionellen, handgefertigten Textilien.

Das traditionellste aller burmesischen Kleidungsstücke, nämlich den Longyi, hat sich dann doch nur Bernd zu kaufen getraut, seitdem legt er ihn nicht mehr ab. Das ist mal konsequent! Der Longyi ist Wickelrock sowohl für Frauen als auch für Männer, es gibt ihn in verschiedensten Mustern und Stoffen, er dient als langes oder hochgewickelt auch als kurzes Beinkleid, als Handtuch oder Sichtschutz, die Möglichkeiten sind wirklich unerschöpflich. Es gehört aber auch eine gewisse Technik zum Longyi, und da die erst gelernt sein will, muss Bernd nun ab und zu von unseren Führern gewickelt und verknotet werden.

Mandalay und Umgebung ist das Zentrum des burmesischen Kunsthandwerks. Neben den Webereien von Amarapura haben wir nur für die Steinmetze und Goldschläger Zeit gehabt, vor allem die Goldschläger sind einzigartig. All die Goldplättchen, die landesweit auf Buddha-Statuen gedrückt werden, ehrfürchtig und wunscherfüllt, kommen aus einem kleinen Bezirk von Mandalay. In hochkonzentrierter Knochenarbeit wird auf dem Gold so lange herumgeschlagen bis es platter ist als ein Strich auf Papier.

Und die Großen Drei haben wir mittlerweile ebenfalls abgehakt: neben der Shwedagon Pagode und dem Golden Rock waren wir nun auch der bei der Mahamuni Statue, die von besagten Goldplättchen inzwischen völlig unförmig geworden ist. Natürlich haben auch wir nachgeholfen, jedenfalls die Männer unter uns. Frauen dürfen sich der Statue nicht nähern, kapiere das wer will, in Sichtweite vom Buddha sitzen die Burmesinnen in andächtiger Meditation, während wir Touristen uns um die Statue knipsen. Immerhin männlich. Wie dem auch sei, wir könnten uns entspannt zurücklehnen. Was wir natürlich nicht tun werden. Höchstens mal ein Mittagsschläfchen dann und wann.

Nur Alfred war leider die meiste Zeit unpässlich heute und hat seine Zeit lieber auf dem Klo verbracht. Lisa hat ihm Gesellschaft geleistet, bestimmt nicht auf dem Klo, aber wahrscheinlich besorgt davor. Und ab und zu hat sie besorgt „Alfred?“ geflüstert. Er hätte aber auch nicht so gedankenlos sein und das gelbe Bändchen einfach abmachen müssen, welches uns ein Mönch vor ein paar Tagen um das Handgelenk gebunden hat. Armer Alfred. Er grüßt in der Rubrik Wir Grüßen Folge 7 aber herzlich seinen Personalchef Brian.

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Schollen gucken

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Mandalay, „where the old flotilla lay“ usw. usf., immer wird das Kipling-Gedicht im Zusammenhang mit Mandalay zitiert, noch immer muss das arme Mandalay alte Kolonialphantasien bedienen. Dabei war Kipling nicht mal in der Stadt der letzten burmesischen Könige, ich glaube er war überhaupt insgesamt nur drei Tage in Burma oder so. Da sind wir ja schon länger hier, vielleicht sollten wir anfangen, Gedichte zu schreiben. Einen guten Einblick haben wir heute wieder bekommen, und zwar nicht geschenkt. Im Vergleich zur letzten Bahnfahrt war das heute Magnetschwebebahn, damit es nicht zu einfach wird haben wir einfach die Länge ausgedehnt, 15 Stunden sind wir im Zug gesessen.

Von Niederburma nach Oberburma, längs durch die Tiefebene, wie die Briten damals. Dabei haben wir auch einige Teakwälder und Sägewerke vorbeifahren sehen, das Holz hat das Empire im 19. Jahrhundert besonders gereizt, aber der wichtigste Grund für die Eroberung dieser Gegenden war wohl der Zugang nach China, durch die Hintertür. Ein ständiger Wettlauf mit Frankreich, welches das gleiche Ziel über Vietnam zu erreichen versuchte. Jetzt hat sich alles umgekehrt, China kommt massiv nach Burma und zeigt vor allem in Mandalay Präsenz. Es geht um Edelsteine, Jade und Heroin, und auf staatlicher Ebene um Erdöl und Erdgas. Der chinesische Einfluss ist wohl auch einer der Hauptgründe der vorsichtigen Öffnung des Landes, selbst die Generäle empfinden die Abhängigkeit als zu einseitig und zu erdrückend.

Der Titel des heutigen Blogs kommt von Karin, es ging über plattestes Land, das dürfte ihr als Hamburgerin natürlich besonders gefallen haben. Gegen Mittag hat sich dann rechterhand das Shan-Plateau erhoben, da werden wir irgendwann hochmüssen, ob Karin will oder nicht. Es war vor allem eine kontemplative Sache, diese Zugfahrt, entspanntes Geratter und weite Blicke. Das Warenangebot im Zug war gut, wenn auch etwas redundant, ein Mädchen dürfte mit ihren Maiskolben auf dem Kopf fünf Stunden hin-und hergelaufen sein, was für ein Job. Auch Klamotten und Körperlotionen wurden verkauft, also alles, was das Herz begehrt.

Surreal war vor allem die neue Hauptstadt des Landes anzuschauen, nebst 8-spuriger, komplett verlassener Zufahrtstraße. Die Juntaregierung ist 2005 in diese „Stadt der Könige“ (Nay Pyi Taw) umgezogen, seit 2000 wurde daran heimlich gebaut, niemand weiß genau warum. Die Botschaften weigern sich jedenfalls bisher, aus Yangon wegzuziehen, jetzt sitzen 35 000 Menschen in einer Kunstwelt, die einem Reiseführer zufolge die fünffache Fläche von Berlin haben soll.

Viel Zeit heute, auch Mutti hat sich ihre Gedanken gemacht, tapfer war sie wie alle anderen auch!

„Inzwischen sind wir zu alten Hasen im Zugwesen mutiert. wir reisen upper class und das will was heißen: Nicht auf ordinären Holzbänken sondern in Salonsesseln versuchen wir uns zu räkeln, wenn wir auch hin und wieder zum Schunkeln oder Hüpfen gezwungen werden, folgen den schnellen Gangüberquerungen der niedlichen, huschenden Mäuslein, genießen den Charme eines total abgewohnten Zugabteils mit Ventilatorenatrappen an der Decke. Doch der Zugwind durchs offene Fenster ( Scheiben zeigen sich uns nicht, nur schwer gangbare Rolläden) hält unsere Hitzewallungen in Grenzen, auch wenn die Mittagshitze über der Landschaft wabert. Immerhin befinden wir uns im Expresszug von Myanmar mit sage und schreibe fast 55 Stundenkilometern Höchstgeschwindigkeit. Und das bedeutet eben gucken, staunen, fotoshooting, essen, trinken, schlafen, lesen von 8 Uhr morgens bis 22 Uhr abends : taram taram taram taram – unser Mantra.
Immer wieder babylonisches lautes Stimmengewirr an den kleinen Durchgangsbahnhöfen, auf denen Familien ihre Siesta abzuhalten scheinen, friedlich auf den Gleisen ihr Vesper verzehren, Unmengen von Körben, Säcken, Tüten… warten. Sobald der Zug einfährt, stürmt es von allen Seiten in und an den Zug, Sprachgewirr, Babylon eben und jeder will uns und allen anderen Reisenden was Gutes tun.“

Zum Abschluss Folge 6 unserer Rubrik Wir Grüßen: Bernd grüßt alle die sich heute den Arsch abfrieren in Deutschland. Bitte nicht böse sein, denn das ist Bernds Humor, und uns ist hier fast ZU heiß.

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Dealer

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

SO wird Bago nie das neue Paris werden, immerhin wird es wie die französische Modemetropole auf der letzten Silbe betont. Die Boutiquen der Stadt richten ihre Aufmerksamkeit eher in Richtung China. Ich würde nie behaupten, dass Daniela und Karin ihre neuen Blusen nicht sehr gut stünden, aber revolutionieren werden sie unsere Modewelt damit nicht (und die Ankündigung am Ortsschild vom „plastic-made free bago“ sind damit auch nicht gerade wahr geworden). Immerhin sind sie um die Hakenkreuz-Symbole rumgekommen, das ist nicht selbstverständlich, die Jugend trägt das Emblem sehr selbstbewusst. Auch das Wort „Nazi“ wird gerne in der Mode verarbeitet, auf welche Weise auch immer, also wirklich das Nazi-Hakenkreuz und nicht die buddhistische Swastika. Wie man hört war das früher ein Protestsymbol, wie auch die Wehrmachts- helme, die hier gerne von Motorradfahrern getragen werden, aber losgelöst von seiner Geschichte. Vielleicht wie bei uns Che oder Mao oder Ähnliches, das kaum hinterfragt wird.

Während die Damen in der Boutique waren, habe ich nebenan bei einem feinen Elektrofachhändler einen Wasserkocher gekauft, das Gerät stand wohl schon eine Weile und musste erst getestet werden. Dazu musste der Chef erst sein Licht ausstecken, mehr Steckdosen waren nicht vorhanden, wir standen also im Dunkeln rum , bis ein kollektives Raunen durch die Bude ging, das rote Lämpchen am Kocher war angegangen. Leider hatten wir nur wenig Zeit für Bago, natürlich wären auch hier Unmengen von Pagoden und alten Gebäuden zu besichtigen gewesen, auch diese Stadt hat eine große Historie. Doch obwohl wir die Radetappe kurzentschlossen abgekürzt hatten, kamen wir ziemlich spät und erschöpft an, es war ein heißer Tag und der Wind kam vor allem von vorne.

Apropos Mode, Daniela hat sich dazu noch folgende Gedanken gemacht:

„Flip Flops. Was bei uns ein teuer verkauftes Modeaccsessoire, ist in Burma die billigste Möglichkeit, eine Nation in Bewegung zu halten. Für ein paar Cent kann man sie überall erwerben. Selbst die Träger, die faule oder fußlahme Touristen den heiligen Berg Kyaikto hinauf und hinunter tragen, tun dies in Flip Flops und geben so den Geräuschbackground auch für unseren Wanderung ab: vier Mann im Takt, schlap schlap, schlapp, schlapp. Die hageren Gestalten rudern gegenläufig mit den Armen, damit die dicke Thailänderin nicht in einer der Souvenirbuden ladet anstatt wohlbehalten auf dem Berg, um sich den Golden Rock anzugucken.“

Lisa hat diese Schlepperei am Golden Rock übrigens an den Abtransport von Versehrten im 30jährigen Krieg erinnert, ein schöner Vergleich.

Mein Dealer ist fort und ich mache mir Sorgen. Das war unser Fahrer für Südburma, uns verband ein stilles Verständnis und eine Unterhaltung, die sich auf grunzende Laute beschränkt hat (wie es halt so ist, wenn man den Mund voller Betel hat). Bei uns hat sich dieser wundervolle Zeitvertreib ja leider noch nicht durchgesetzt, deshalb hier nochmal kurz erklärt: Die Betelnuss kommt von der Areka-Palme, sie wird zerkleinert und in mit Kalk bestrichene Blätter gewickelt, Zusätze sind z.B. Anis, Nelke oder Kautabak. Bei den zahllosen Ständen bestellt man mit kurzen prägnanten Kürzeln, „91“, „62“, dann wissen die, welche Mischung gemeint ist. Das Zeug wirkt erfrischend, man speichelt wie ein überhitzter Hund. Mein Dealer wusste natürlich genau, was ich wollte, bei voller Fahrt kam er mit seinem Transporter vorbei und reichte ein Portion rüber. Und die Pakete, die er mir am Anfang des Tages zugesteckt hat, wurden auch immer größer.

Fotos für Partnerschaftsgesuche sollte ich nächster Zeit nicht machen. Der Friseur in Thaton hat mir einen richtig dämlichen Haarschnitt verpasst und das rote Betelzeug setzt sich bereits an meinen Zähnen fest. Folge 5 unserer Rubrik Wir Grüßen kommt daher heute von mir und richtet sich dem Anlass entsprechend an Karmen, in ihrer Funktion als Zahnärztin, mit Bitte um einen Termin für professionelle Zahnreinigung, in der zweiten Märzwoche.


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Meritenbeladen

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Auch heute wieder ein wunderbarer Tag, wie immer wunderbare Motive: pastorale Idylle im Wechsel mit schönem Urwald, der Kautschuk hat sich noch nicht so durchgesetzt, kommt aber leider auch immer mehr. Lustige vorsintflutliche Fahrzeuge, buddhistische Mönche und Nonnen als fester Bestandteil der Alltagskultur, sehr schöne Menschen, das muss man zugeben. Fein anzuschauen. Und angenehm! Unglaublich freundlich, aber eher zurückhaltend, die Kinder machen einen auch nicht so fertig wie die in Laos und Kambodscha, mit denen man ständig um die Wette jubelt.

So etwas klingt immer ein bisschen nach schlechter Ethnographie aus dem 19. Jahrhundert, aber wenn es doch stimmt…wenig Zivilisations- krankheiten, die Leute gehen aufrecht und grazil über ihre Staubstraßen, Frauen balancieren scheinbar mühelos riesige Körbe auf ihren Köpfen. Nur Maungmaung fällt ein wenig aus der Rolle, der radelt vor uns her als geht es um sein Leben, auf niedrigster Frequenz, die Knie ausgestellt, mit schwankendem Oberkörper. Ich glaube so richtig gewohnt ist er es nicht, eine Horde hechelnder Ausländer im Nacken zu spüren, der Arme.

Aber eigentlich sind wir auch elegant dahingeglitten. Am Straßenrand gab es Geflochtenes vom Bambus, Stühle, Liegen, Matten, Körbe. Dazu alles, was die Kokos-und Zuckerpalmen am Weg so hergeben. So richtig geschockt hat mich eigentlich nur der Junge im VfL Wolfsburg T-Shirt, man kann es auch übertreiben. Fußball ist auch hier ganz groß, gerade läuft hier Seria A in der Lobby, die Leute schauen sich alles an und zocken dazu wie verrückt.

80km sind wir gefahren, dann in einen rustikalen LKW verladen und halsbrecherisch den Berg Kyaikto hochgebrettert worden. Die letzten Kilometer zum Goldenen Felsen mussten wir noch steil bergan wandern, andere Touristen haben lokale Dienstleister unterstützt und sich in Sänften hochtragen lassen. Und jetzt sind wir an einem der großen Pilgerziele des Landes gelandet. Nach der Shwedagon-Pagode und all den anderen Pagoden auf dem Weg lassen sich unsere Meriten schon jetzt kaum mehr in Worte fassen. Den Rest unseres Lebens werden wir so richtig die Sau rauslassen können, da kann gar nichts mehr schiefgehen!

Folge 4 unserer Rubrik Wir Grüßen: Doris grüßt Jochen, Mutti grüßt, wer hätte das gedacht, Vati. Natürlich vermisst sie ihn sehr. Meine Familie beherrscht diesen Blog nach Belieben!


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Goldenes Land

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Wir sind im Goldenen Land gelandet, in Suvarnabhumi. Hinter diesem Titel sind einige Länder her, das scheint in dieser Hinsicht eine Art südostasiatisches Shangri-La zu sein. Die Glas-Palast-Chronik der burmesischen Herrscher berichtet jedenfalls von einem prachtvollen Königreich der Mon rund um Thaton, der Stadt in der wir uns befinden, von hier aus soll der Buddhismus sich in Südostasien verbreitet haben. Egal ob Legende oder nicht, die Mon waren einst eine mächtige Volksgruppe, dessen Reich sich bis hin nach Kambodscha erstreckt hat. Erst im 11. Jahrhundert übernahmen die Bamar (Burmesen) die Vorherrschaft in weiten Teilen des Gebietes, das heute Burma ausmacht. Die Mon haben sie weiterhin gepiesackt, mittlerweile sind sie aber wie viele andere Volksgruppen des Landes politisch nahezu bedeutungslos. Tathon zumindest ist nicht merklich majestätisch, eher urig und entspannt, weit weg davon entfernt, touristisch erschlossen zu sein. Schönes Flanieren durch die staubigen kleinen Gassen, ambitionierte Haarschnitte werden für wenig Geld verabreicht.

Man erkennt die Mon gut, sie sind viel dunkler als die Burmesen und sollen ursprünglich aus dem südlichen Indien stammen. Es ist faszinierend, was hier alles zusammenkommt, verschiedenste Sprachfamilien und Herkunftsregionen. Gestern waren wir ja noch in Pha-an, der Hauptstadt des Kayin (Karen)-Staates, deren Herkunft manche bis in die Mongolei zurückführen, mindestens aber in das südwestliche China. Die Unterscheidung zwischen Karen und Burmesen ist für uns schon fast unmöglich. Unsere Guides erkennen sie am Akzent, aber in diesen Feinheiten müssen wir uns noch üben. Die Karen sind teils buddhistisch und teils christlich, die britischen Missionierungsversuche waren bei ihnen zur Abwechslung mal relativ erfolgreich. Wie eigentlich alle Nationalitäten des Landes sind sie in einem ständigen Konflikt mit dem Staat, tatsächlich handelt sich es im Fall der Karen sogar um den am längsten andauernden bewaffneten Konflikt weltweit. Seit gut 60 Jahren hat sich die Karen National Union im Dschungel verschanzt, vor allem im Grenzgebiet zu Thailand, und dort für Autonomie gekämpft. Oder einfach nur um zu Überleben.

Als historisch wurde deshalb der Waffenstillstand zwischen dem staatlichen Militär und der KNU bezeichnet, das ist gerade mal ein paar Wochen her, unterzeichnet übrigens im Frühstücksraum unseres gestrigen Hotels. Wie man so am Rand mitkriegt ist dieser Vertrag aber auch fragwürdig, die Führungsspitze der Karen-Bewegung war im Exil von Mae Sot/Thailand und nicht anwesend, es ist gut möglich, dass beide Seiten die Trockenzeit nun lediglich dazu zu nutzen, um ihren Nachschub in Ruhe zu regeln. Die Strukturen in den Grenzgebieten (nicht nur im Fall der Karen) sind in jedem Fall so vertrackt, dass sie für uns kaum zu durchschauen sind und sich nicht so einfach in Wohlgefallen auflösen werden.

Die Oppositionsführerin und Friedensnobelpreis-Trägerin Aung San Suu Kyi ist ja nun aus vom Hausarrest entbunden und wird hoffentlich bald eine politische Rolle spielen. Die Leute in Burma hängen ihr Bild auf und sprechen enthemmt ihren Namen, sie scheint tatsächlich eine Symbolfigur für alle ethnischen Gruppen im Land zu sein. Vor allem dem Westen gefällt das gut, mit einfachen Symbolen lässt sich gut arbeiten. Im Zweifelsfall sollte man John Rambo nochmal vorbeischicken, der hat die Karen im letzten Teil der Saga fast im Alleingang gerettet und hat dabei nicht viel rumgeredet („My name is John“ war glaube ich der einzige Satz, den er im gesamten Film gesprochen hat. Diesen aber überzeugend!).

Langweilig! Soviel Politik und kaum etwas Persönliches, wo wir doch eigentlich so eine gute Zeit haben. Zum Abschluss also versöhnlich die Folge 3 unserer Rubrik Wir Grüßen, heute: Lisa darf Martin grüßen und hofft sehr, dass sie nun keine Runde zahlen muss.


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So sieht Daniela das Ganze

Entlang der Burmastrasse, 11.02. bis 11.03.2012

Diese Eindrücke stammen von Mitfahrerin Daniela, ich danke herzlich für ihre Beobachtungen und ihr feines Auge bzw. ihr feines Gehör! Wir sind in der Karen-Hauptstadt Hpa-an, es ist traumhaft hier. Der Track zeigt auch den zweiten Tag durch die – Gott verzeihe mir – bizarre Karstlandschaft an. Morgen fahren wir weiter nach Thaton. In das Goldene Land.

„Ein Versuch, den akustischen Background zum Fühlen dieses Landes zu liefern : Das rhythmische Schlagen des wildhopsenden Zuges, der seine Gäste fast aus den Sitzen und das festgezurrte Gepäck aus der Ablage schleudert : dong dong dong dong ( Klotür : ) bäng ( (Waggontür : ) rumms kreisch kreeeisch… und wieder von vorn, viele Stunden. Einladung zum Tanz. Gelassene, gut ausbalancierte Wallas tragen Tee und Kaffee vorbei, wir hingegen scheitern schon am Versuch, eine Papaya mit dem Taschenmesser zu zerschneiden, ohne die Gruppe vor der Zeit zu dezimieren. Ein Muezzin weckt am frühen Morgen… In einem Land, in dem man die tiefberührende Gläubigkeit der weitgehend buddhistischen Einwohner an jedem Straßenaltar, an jeder Pagode, in jedem als Opfergabe abgelegten Blumengebinde spürt. Am Mount Zwekabin, der NATÜRLICH eine Pilgerstätte und Pagode ist. Tausend Buddhas in Reih und Glied, die aus den gesenkten Augenlidern zuschauen, wie die Pilger schwere Ziegelsteinpakete zum Pagodenneubau auf den Berg tragen. Unser kleines Geldopfer lässt den Mönch zum Mikro greifen, um den Gästen aus Germany Glück und Segen für ihre weitere Wegstrecke mitzugeben. Fast völlig fehlen dagegen: Handyklingeltöne.

Wir sind in einem Land, das an einem schweren Schicksal trägt. Die Hoffnung auf ein leichteres Los ist zu spüren, doch wird es dauern. Bilder der Symbolfigur Aung Sang Suu Kyi sind auf allen Märkten zu finden, auf T Shirts, historische Banknoten mit dem Abbild des verehrten Vaters kleben an den Spendenboxen der Pagoden. Wie viel Leiden musste sich angesammelt haben, dass diese so gleichmütig wirkenden Menschen vor 5 Jahren auf die Straßen gingen? Auf uns zappelige Europäer wirkt alles so entspannt: Mensch und Tier bewegen sich, anders als wir, temperaturangemessen. Das Baby schwingt sanft in der Hängematte. Enten ziehen gelassen ihre Bahn im Reisfeld. Der Ochse steht im Schlamm und kühlt sich Huf und Fell. Aus den kleinen Buden am Straßenrand schaut man uns zu und lächelt freundlich aus betelnussgefärbten roten Mündern.

Wir haben Glück: in Hpa-An ist die Pagode voll von Menschen, vor allem Frauen. In den ersten Reihen sitzen die Nonnen in ihren rosafarbenen Gewändern mit dem safrangeleben Schal darüber. Ein hoher buddhistischer Mönch wird erwartet, der bereits mehrere Abende lang Lehren erteilt hat. Es ist eine friedliche, freundliche Stimmung. Wir sind herzlich eingeladen, uns dazu zu setzen, und warten etwas unsicher, was wohl passieren wird. Nach einer Weile erscheint der Mönch mit Gefolge und rezitiert mit den Anwesenden. Winzige Kinder mit ihren Müttern sitzen selbstverständlich dabei, falten die kleinen Hände und versuchen es den Großen gleich zu tun und mitzusprechen. Dass das nicht immer so ganz lupenrein gelingt, sieht man an den Heiterkeitsausbrüchen der Mutter und ihren Nachbarinnen, die in die heitere, warme Stimmung dieses Abends am Ufer des Flusses Salween (Thanlwin) passt.“

Aus unserer Rubrik Wir Grüßen, Folge Zwei: Daniela darf grüßen, weil sie so fleißig war, und zwar Stefan und Biene. Sie sollen sich von ihrem Techtelmechtel mit Dirk Niebel doch bitte nicht so fürchterlich irritieren lassen.


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