Famoses Lang Sam

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

24. Tag, 8.1.2012
Von Bangkok nach Deutschland

Und wieder der Schritt durch die Raumzeitschleuse. Zurück nach Europa, das fällt uns sonnenverwöhnten, im laotischen Lang Sam zuletzt regelrecht heimisch gewordenen Radlern zugegeben nicht leicht! Was uns dort erwartet, muss hier nicht weiter beschrieben werden, das haben Sie alle mit eigenen Augen und Ohren dem Wetterbericht entnommen.

Mein persönliches Fazit ist kurz und gut: Ich denke wir waren eine tolle Gruppe, außergewöhnlich einig auf dem Rad, einig auch am Essenstisch und im Kulturprogramm. Unsere Finanzerin hat uns in Geldfragen prächtig den Rücken freigehalten, das Wetter hat sich von seiner radfreundlichsten Seite gezeigt, die Kinder haben gewunken und gegrüßt, als ginge es um ihr Leben, unzählige nicht namentlich zu nennende Laoten uns freundlich entgegen und hinterher gelächelt oder gar gemeinsam mit uns gescherzt und gelacht.

Kulinarisch haben wir uns (mit geringer Beihilfe einiger chinesischer Köche) wohl gefühlt, sogar die Asien-Debütanten, und vor allem: Das allgemeine Tempo des Lebens hat uns allen perfekt gelegen, wenn mein Eindruck mich nicht ganz täuscht.

Mögen alle German Ladyboys sich die schöne Erinnerung an unsere gemeinsamen Wochen gut bewahren und sich ab und an einen kurzen inneren Rückflug ins famose Lang Sam gönnen! CO2-frei, versteht sich. Vielleicht bis zu einer anderen CBB-Reise, macht’s gut!

Als ich in Potsdam aus dem Bahnhof auf die Straße hinaustrete, muss ich an den Indianer denken, der zum ersten Mal mit der Eisenbahn fährt: Am Ziel angekommen setzt er sich auf die Schienen und wartet auf seine Seele, die ihr eigenes Reisetempo hat und nicht so schnell nachkommt. Nicht dass ich mich auch zum Warten auf die Straße setzen würde. Es ist viel zu kalt.

Außerdem müsste ich wohl sehr lange warten.

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Südostasiatisches Delirium

23. Tag, 7.1.2012 Zusatztag
Bangkok

Am nächsten Morgen ziehen wir nach dem Frühstück noch einmal um und beziehen zum letzten Mal neue Zimmer, diesmal mit Blick auf den Chao Phraya, Bangkoks königlichen Fluss. Vielleicht wären wir besser vor dem Frühstück umgezogen, denn die dabei genossenen Pancakes werden den Tag in nicht direkt erwünschter Weise mitbestimmen.

Mit der Express-Fähre machen wir uns zum Königspalast auf und passieren dort an der Anlegestelle einen großen Markt mit Garküchen. Sofort sind wir umgeben von Gerüchen, die ähnlich und doch so anders als in Laos sind und mir heute spontan Unbehagen verursachen. Vielleicht, weil mein Magen schon den Kampf gegen die Pancakes aufgenommen hat und sich von weiteren Essensgerüchen empfindlich in seiner Konzentration gestört fühlt? Die anderen aus der Gruppe, die ähnlich gefrühstückt haben, werden sich anschließen.

Der Königspalast und der höchste buddhistische Tempel des Königreichs Thailand, der Wat Phra Kaeo ziehen alle in ihren Bann, Da der Smaragdbuddha, für den der Tempel gebaut wurde, vorher zeitweise in Luang Prabang aufbewahrt worden war, schließt sich hier auch schön der thematsiche Kreis unserer Reise. Nach dem Mittagessen durchpflügen wir auf einem Langboot die Khlongs, Kanäle, die sich bis Ende der 1960er Jahre durch die ganze Stadt zogen und die Hauptverkehrswege darstellten. Dann wurden die meisten Khlongs aus hygienischen Gründen – denn man benutzte sie nicht nur zur Fortbewegung – zugeschüttet, und der heutige Besucher muss sich auf die Westseite des Chao Phraya nach Thonburi begeben, um dort die Atmosphäre des vergangenen Bangkok in den noch verbliebenen, von Stelzenhäusern flankierten Kanälen zu erleben. Zum Abschluss machen wir kurz am Wat Arun halt, einen wunderschön schrägen, mit Bruchstücken chinesischen Prozellans dekorierten Bau gleich am Flussufer.

Dass für den weiteren Nachmittag allgemeines Freispiel vorgesehen ist, erweist sich als Glücksfall. Ich kann einfach auf dem Hotelbett eine Runde vor mich hinsiechen und meinen Magen bei seinem Kampf mit dem Frühstück, der mittlerweile in die 9. Runde geht, anfeuern. Pünktlich, um das Abendessen zu organisieren, regt sich in mir mitten im schönsten südostasiatischen Delirium wieder eine schwache Motivation, aufzustehen. Leider sind unsere Mägen nicht ganz synchronisiert, so dass wir zum letzten Dinner in leicht dezimierter Runde auflaufen. Zum Abschluss kommen noch einmal einige Gerichte auf den Tisch, die kein deutscher Thai-Imbiss im Traum servieren würde. Es schmeckt sogar, aber die Stimmung leidet natürlich unter der Gruppenspaltung, und eine besonders perfide Chilischote dezimiert mir um ein Haar nochmals die ohnehin schon geschwächte Gruppe.

Immerhin wagen sich zum Umtrunk auf der Hotelterrasse die Magenkämpfer wieder aus ihren Zimmern, aber nun ist mein Magen wieder etwas in die Defensive geraten, so dass ich mich heute ausnahmsweise als Erster ins Bett abseile.

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Schleudertrauma Bangkok

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

22. Tag, 6.1.2012
Von Luang Prabang nach Bangkok

Schon gestern abend haben wir nach unserer Ankunft in Luang Prabang Abschied von Yong und dem Fahrer genommen. Yong hat dazu auch seine Freundin in das Restaurant an der Mekong-Promenade mitgebracht, die hier lebt. Er selbst wird bald wieder nach Vang Vieng zurückkehren, wo seine Familie lebt. Wir haben uns größte Mühe gegeben, auf die Schüchternheit der jungen Dame Rücksicht zu nehmen und behutsam ins Gespräch zu kommen. Dass der Austausch trotz allen begrenzt geblieben ist, ist dennoch nicht verwunderlich. Privater Kontakt mit Ausländern ist auch hier, wo sie stellenweise fast schon in der Überzahl sein dürften, für die meisten Laoten eine seltene Erfahrung. Kommt dazu noch die Sprachbarriere (die trotz Englischkenntnissen besteht) und die konventionelle Zurückhaltung der Lao, entsteht daraus eine ordentliche Herausforderung für jede Unterhaltung. Gut, dass wir mit dieser Konstellation schon durch die Kommunikation mit unserem Fahrer sehr erfahren sind. Und wer sagt denn, dass man nicht auch einfach einmal gemeinsam essen kann, ohne eine Riesenkonversation daraus zu machen?

Yong ist der Gruppe mit seiner jungenhaften, verschmitzten Art schon ein wenig ans Herz gewachsen, und auch er scheint sich ganz wohl mit uns gefühlt zu haben. Entsprechend langatmig und wortreich fällt der Abschied aus. Natürlich ist er trotzdem am Ende erleichtert, endlich mit seiner Freundin alleine um die Ecke biegen zu können. Ein schönes Paar, denke ich und erinnere mich an seine Beschreibung: When I ask her for money, she just gives it to me. She’s such a nice girl. Beneidenswert, der liebe Yong.

Das Thema unserer letzten Stunden in Laos heißt: Die Kip müssen raus. Also ziehen wir los. Am Ende kehren alle erfolgreich zurück, jeder hat auf seine Weise die letzten Devisenreste verabschiedet. Typisches Rückreiseritual. Ich habe noch ein paar Spezialitäten erstanden, um zu Hause meine Freunde mit laotischer Küche bekannt zu machen: Getrocknete schwarze Pilze, große gefaltete Flussgrasstücke und die fantastischen Erdnüsse mit Kaffir-Limette und Chili haben noch gut in den Koffer gepasst.

Aus der familiären Atmosphäre des winzigen Flughafens von LPB mit seinen zeitlupenartigen Abläufen werden wir dann durch die Raum-Zeit-Schleuse geradewegs zum Verkehrsdrehkreuz Südostasiens geschleudert, dem gewaltigen Bangkoker Flughafen Suvarnabhumi (dessen Name übrigens eine Recherche lohnt). Es geht weiter zu unserem Hotel im Altstadtbezirk Banglamphu und von dort quer durch die Stadt zu einem der höchsten Hoteltürme. Wir besuchen die Freiluftbar auf dem Dach, um uns zur Einstimmung einen Überblick über die Stadt zu verschaffen. Die Aussicht ist toll, die Getränke auch. Nur mit dem trubeligen Großstadtambiente tun wir uns nach der ubiquitären Ländlichkeit der letzten Wochen einigermaßen schwer. Da hatte man schon fast vergessen, was ein Snob ist, und plötzlich ist man von Dutzenden umgeben. Nicht zu reden von den modischen Abstrichen, die wir als Fahrradreisende zu machen gewohnt sind – und die wohl an wenigen Orten so offensichtlich werden wie im edlen Ambiente um uns herum. Das Schleudertrauma trifft uns alle, manche mehr, andere sanfter.

Ein Glück immerhin, dass wir hier oberhalb des 60sten Stocks nichte mehr Hitze, Luftfeuchte und Lärm der Straßen dort unten ausgesetzt sind. Das hätte uns sicher in diesem Moment völlig niedergebügelt.

Die Moral: Nichts gegen Bangkok, aber wer gerade länger in Laos war, braucht zur Begegnung mit der Stadt starke Nerven.

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Pakbeng ist im Kommen

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

20./21. Tag, 4./5.1.2012
Von Houai Xay über Pak Beng nach Luang Prabang

Zwei Tage lang vertrauen wir uns ganz Kapitän Boun und seiner Frau Chit an und legen die Beine hoch, Reiseleiter eingeschlossen. Literarischer Ehrgeiz kommt da nicht auf. Dies ist die vierte Beschreibung der sagenhaft entspannenden Mekong-Kreuzfahrt in diesem Reiseblog (1 2 3) und für mich persönlich das dritte Mal auf der Barke entlang der laotisch-thailändischen Grenze. Zurecht ist dieser angenehmste aller Wellness-Transfers fester Bestandteil der Touren Goldenes Dreieck und Land der Tausend Elefanten, auch beim dritten Mal unfassbar entspannend. Hier erreicht die laotische Lang-Sam-Keit (die gegenüber unserer Langsamkeit eine eigene Note besitzt) ihren Höhepunkt. Oder vielleicht eher den absoluten Nullpunkt der Aktivitätsskala? Null Kelvin lao.

Hier also nur einige Anmerkungen zu den Berichten der Kollegen:

Ja, wir hatten tatsächlich einen anderen Käpt’n als üblich. Vielleicht hat sich Nitis Gruppe ein paar Tage vorher danebenbenommen und Kapitän Wasserbüffel musste zur Kur?
Machte jedenfalls nichts, sein Stellvertreter manövrierte uns mit exakt der gleichen konzentrierten Gelassenheit ans Ziel.

Damit nicht genug. Natürlich hatte Herr Ersatzkäpt’n auch seine Ersatzfrau mit an Bord – die Spannung aufs erste Mittagessen war groß – wo doch die Latte so hoch lag! Und wen wundert’s: Frau Chit hat sich entweder vorher bestens in sämtliche Kochlöffelschwünge und Würztricks ihrer Kollegin und Verwandten einweisen lassen oder ist einfach auch eine unfassbar gute Köchin.
Man möchte wirklich nicht mehr an Land gehen von diesem Schiff.

Meine Teilnehmer haben als fleißige Blogleser auch Franks Sensationsmeldung vernommen und sich anstacheln lassen, ebenso auf Elefantenpirsch zu gehen. Mit Erfolg. Mehr als einen grauen Gesellen haben wir allerdings auch nicht zu vermelden, so dass (von der nächsten Gruppe) der Verdacht zu überprüfen ist, dass es sich um den regierungsoffiziellen laotischen Alibi-Elefanten vom Mekong handelt.

Eines (der vielen) Erfolgsgeheimnisse der Barke kann seit heute als gelüftet gelten: Die meditative Laufruhe des Dieselmotors (Bild bei Frank) verdankt sich einem magischen Kunstgriff! Ein Schälchen Klebereis stand die ganze Fahrt über auf der Motorabdeckung und sorgte offensichtlich für beste Stimmung bei den Motorgeistern. Genau wie wir Laos so oft erlebt haben: einfach und gut. Was dagegen offensichtlich war: All sein Können und seine Erfahrung hindern den Bootsmann keineswegs daran, sein Cockpit mit buddhistischen Segenssprüchen und Talismännern zu tapezieren. Wenn man mich fragt: Es scheint zu wirken.

Pak Beng hat noch selten eine glamouröse Rolle in Berichten von Laosreisenden gespielt. Deshalb ist es hier wohl an der Zeit, die derzeite Aufbruchsstimmung im Ort zu erwähnen. Das Bildmaterial spricht für sich, ebenso wie die deutlich ausgebaute nächtliche Straßenbeleuchtung. Noch vor kurzem hätte man sich nach 19 Uhr ohne Stirnlampe kaum aus dem Hotelzimmer getraut – heute findet man wahrscheinlich selbst geistig umnachtet und Beerlao-duselig den Weg von einem Ende des Ortes zum anderen (und darüber hinaus). Man darf gespannt sein, welche Energien der Ehrgeiz noch freisetzen wird, endlich nicht mehr nur als die obligatorische Zwischenstation zwischen Houai Xay und Pak Beng diskreditiert zu werden.

Vom jüngst eingezogenen kosmopolitischen Wind haben wir übrigens hemmungslos profitiert. Auf ein mäßiges Hotelfrühstück gefasst, haben wir entschieden, doch lieber gleich an Bord unserer Traumbarke zu frühstücken. Das Mitnehm-Paket aus der Hotelküche mit Toast und Ei wurde sodann massiv mit Einkäufen aus dem lokalen Angebot aufemotzt: Croissants, Muffins, Baguette, Butter, Marmelade etc. Solches hätte man früher hier vergeblich gesucht, während heute mehrere Anbieter um die Wette backen.

Das Ende des Pakbeng-Bashings in der touristischen Fachliteratur dürfte nahe sein. Ich wüsste, wie es zu beschleunigen wäre: Man könnte doch hier doch eine Horde Elefanten ansiedeln, auf denen die Besucher vom Strand aus die steile Flussböschung hochreiten könnten.

Ich glaube, ich spreche das nächste Mal beim Tourismusbeauftragten vor.


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Endlich Regen!

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

19. Tag, 3.1.2012
Von Ban Don Chai nach Houai Xay

Heute reiten wir zum letzten Mal auf unseren CBB-Rädern aus. Die Energie für die ersten Kilometer liefern die Frühstückspfannkuchen (nee, keine Berliner), denen man erstaunlicherweise kaum anmerkt, dass sie unter sehr speziellen Bedingungen aus Klebereismehl (mangels Weizen, der hier praktisch nicht zu haben ist) und in einer Wok-Pfanne (formgemäß die exakte Antithese zur Crèpepfanne) zubereitet worden sind. Da wir vom Haus des Dorfobersten gute Sicht auf den weiteren Straßenverlauf haben und schon gestern den Auftakt der heutigen Etappe eingehend studieren konnten, wissen wir, was uns blüht. Das laute Ächzen der Lastwagen, die sich immer wieder mit letzter Kraft und kochendem Kühlwasser im Schneckentempo die ausgeprägte Steigung heraufquälen, ist unzweideutig: Es geht gleich zu Beginn knackig zur Sache, zum Glück sind es nur knapp zwei hochprozentige Kilometer.

Wir sind wie immer gut informiert und haben die beiden großen Gipfel unseres heutigen Profils eingehend studiert. Im Vergleich zu manchen Strecken, die wir schon gemeistert haben, eine Kleinigkeit. Außerdem scheint die Sonne heute ganz wunderschön dazu.

Moment… das brennt ja! Die angenehme Morgensonne hat sich schon vor 10 Uhr übergangslos zum Brennstrahl entwickelt und setzt ausgiebige Schweißströme frei, die umso mehr anschwellen, als die Steigungen zum Garstigsten gehören, also 10% aufwärts. Über das gestrige Gedankenspiel mancher Homestay-Skeptiker, die beiden Etappen zwischen Viang Phuka und Houai Xay zusammenzulegen und die ganze Strecke an einem einzigen Tag zu fahren, lässt sich spätestens nach dem ersten größeren Aufstieg nur noch trefflich spotten. Solange China by Bike nicht den vierten Punkt in der Konditionswertung einführt, sollte solcher Größenwahnsinn den Extremsportlern vorbehalten bleiben.

Ramón, der sich noch zusätzlich mit einer von zu Hause mitgebrachten Erkältung herumschlägt und die letzten Tage für seine Bronchien und damit gegen das Rad votiert hatte, bescheinigt der Strecke mangelndes Wiedereinstiegspotential und steigt schweren Herzens wieder auf den Bus um.

Houai Xay rückt näher, der Countdown der letzten von über 800 Radkilometern läuft. Damit der Abschied von den Rädern und dem Flüsterasphalt der letzten Tage nicht so melancholisch ausfällt, haben ein paar Straßenarbeiter immerhin die letzten Kilometer unserer Abschlussetappe ein wenig mit Presslufthämmern malträtiert. Wir können also noch einmal unsere vorausschauende Fahrweise demonstrieren, indem wir frühzeitig herannahenden Schotterbändern und Schlaglöchern souverän ausweichen. Wieder einmal erweisen wir uns der Beerlao-Radelmedaille in Silber absolut würdig!

Am Abend wie bestellt der erste Regen, seit wir in Vientiane laotischen Boden betreten haben. Niemand greift zum Poncho, denn wir sitzen längst geduscht und ausgeruht im Nachtquartier. Nur die Räder stehen noch draußen, aber die können eine Spülung nach so vielen immer wieder auch staubigen Kilometern bestens vertragen. Was ist besser als eine Tour ohne Regen? Richtig: Eine Tour mit wenig Regen genau zur richtigen Zeit. Heute abend zum Beispiel.


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My Lao Home

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

18. Tag, 2.1.2012
Von Viang Phuka nach Ban Don Chai

Ban werden Dörfer in Laos genannt. Wir sind unterwegs schon durch unzählige solche Dörfer geradelt, die meistens ein Winken und ein paar Grüße später schon wieder hinter uns lagen. Heute jedoch werden wir nicht wie gewohnt aus den Dörfern zur nächsten Kreis-, Bezirks- oder Provinzhauptstadt weiterradeln, um unser Lager aufzuschlagen, sondern einfach über Nacht hier draußen bleiben. Ländlicher wird’s nimmer. Alle sind sehr gespannt, was uns erwartet. Vorher müssen wir zwar noch ein letztes Mal auf dieser Tour nur mit der Kraft der zwei Pedale auf über 1000m Höhe aufsteigen, aber wir sind mittlerweile so gut im Tritt, dass abgesehen vom routinierten Blick aufs Höhenprofil niemand viel Aufhebens darum macht – und wir starten ja schließlich schon von 700m.

Am frühen Nachmittag fahren wir nach gut 50 km in Ban Don Chai vor dem Haus des Dorfobersten vor und werden beim Chef aufgenommen. Unsere Gastgeber beherbergen erst zum dritten Mal Langnasen unter ihrem Dach und sind offensichtlich noch dabei, in ihre neue Rolle hineinzuwachsen. Perfektionismus ist da nicht angebracht. Es gibt zwar alles, was wir brauchen: Kochstelle drinnen, Feuerstelle draußen, die übliche Kombination aus Elefantendusche (kaltes Wasser mit Schöpfkelle) und Hocktoilette. Dazu das Wohnzimmer der Familie mit einem großen Stapel einfacher Matratzen. Die Matratzen sind aber schon länger unbenutzt dem tropischen Lateritstaub ausgesetzt gewesen, also bringen Yong und ich sie erst einmal nach draußen und bearbeiten sie mit Bambusstöcken, bis sich alle ausgestaubt haben.

Jeder Homestay ist anders, auch dieser hat für mich noch einige Neuheiten zu bieten: So ist die Frau des Dorfchefs nicht zum Kochen zu bewegen, da sie befürchtet, dass ihre Gerichte uns geschmacklich überfordern könnten. Also setzen Yong und ich uns heute die Kochmütze auf und sorgen fürs Abendessen, während sie uns zuarbeitet und Gemüse putzt. Im Hocken auf einem Holzfeuer zu kochen, finde ich ziemlich gewöhnungsbedürftig, mit Yongs Hilfe funktioniert es aber bald ganz gut. Nach und nach servieren wir frittierte Cassavachips (auch als Maniok bekannt), gebratenes Gemüse und als Höhepunkt und Abschluss eine knochenlose Hühnersuppe mit viel Ingwer. Den Kochmöglichkeiten entsprechend hat das Abendessen deutlichen Slow-Food-Charakter. Dafür bleibt für alle umso mehr Zeit, mitzuverfolgen, wie das Suppenhuhn geschlachtet und gerupft wird. Unser Fahrer, der sich sonst weitgehend im Hintergrund hält, erledigt das und avanciert so zum Helden des Tages. Wie auch Yong hat er als echter laotischer country boy jede Menge Erfahrung in dieser Disziplin und erntet von uns Städtern viel anerkennendes Staunen.

Das Badezimmer, das bei der ersten gemeinsamen Begehung unseres heutigen Domizils noch viele skeptische Blicke geerntet hatte, stellt sich im Gebrauch als sehr angenehm heraus. Bei der Hitze geht auch das kalte Wasser für alle in Ordnung. Ansonsten verläuft der Rest des Tages sehr beschaulich mit Lesen und Hörbüchern, während die Großmutter nebenan am Spinnrad zugange ist, und geht draußen am Lagerfeuer zu Ende. Den Hausherr selbst bekommen wir nur kurz zu Gesicht, er scheint schwer beschäftigt zu sein. Vielleicht ist es ihm aber auch nicht ganz geheuer, das Haus voller exotischer Gäste zu haben, weshalb ihm der Abschied von seinen Bekannten im Dorf heute schwerer fällt als sonst. Ein Homestay ist eben für alle Beteiligten eine spannende Erfahrung.


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Viangri-la

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

17. Tag, 1.1.2012
Von Luang Namtha nach Viang Phuka

Nachdem wir die mit dem Lineal gezogenen Straßen von Luang Namtha hinter uns gelassen haben, beginnt sich die Straße wieder in der gewohnt lieblichen Manier zu schlängeln. Wie immer scheint die Sonne dazu, die stets zwischen 9 und 10 Uhr durch den Morgennebel bricht, der sich daraufhin innerhalb von Minuten auflöst.

Wir haben keine Eile: Die heutige Strecke durch den Nam Ha Nationalpark ist nicht lang, die Steigungen überschaubar – und unser Traum in Asphalt bleibt uns treu. Zwei moderate Pässe strukturieren die Etappe, stellen uns aber nicht spürbar auf die Probe. Der drittletzte Radtag läuft ganz einfach.

Unterwegs erkunden wir eines der Dörfer am Straßenrand und lassen uns von Yong und einer alten Dame vorführen, wie Klebereis in stundenlanger Arbeit mit Stampfer und Rüttelsieb geschält wird. Viel mehr Kontakt mit den Dorfbewohnern ist nicht zu bewerkstelligen, einmal mehr zeigt sich die Zurückhaltung und gar Scheu der Menschen vor Fremden. Wer noch nicht genug Unterschiede zwischen China und Laos aufzählen kann, darf sich das gerne merken: In den ländlichen Gegenden Chinas sprechen zwar die Wenigsten Englisch; das hindert die Menschen aber selten daran, unbefangen und freundlich interessiert von auswärtigen Besuchern Kenntnis zu nehmen. In Laos kann man versuchen, mit den Einheimischen ins Gespräch zu kommen. In China wird man angesprochen. Ob man will oder nicht.

Der Höhepunkt heute ist unsere Bleibe für die Nacht, die auf einem Hügel über der Kreisstadt Viang Phuka thront und einen perfekten Ausblick auf den Sonnenuntergang bietet. Die romantisch-charmanten Hütten sind erst zum Teil mit Durchlauferhitzern ausgestattet, aber die freundlichen Nachbarn öffnen den gerne ihre Bäder für Gastduscher. Die einfache, solide-rustikale Einrichtung verströmt die Atmosphäre von Ferien auf dem Bauernhof. Nicht zu vergessen die freundliche Besitzerin, die uns am Abend und zum Frühstück hervorragend bekocht. Paradiesische Verhältnisse eben, ein laotisches Shangri-la. Nein: Viangri-la, schließlich sind wir in Viang Phuka!

Mit Spannung wird der sogenannte Homestay am Ende der morgigen Etappe erwartet. Wir werden in einem Dorf bei einer Familie untergebracht sein und für einen Nachmittag und Abend ganz nah am Familienleben dran sein. Da das Dorf bis vor Kurzem keine Stromversorgung und der Dorfälteste (der unbedingt unsere erste Anlaufstelle sein muss) kein Telefon besitzt, stehen nicht alle Details des Aufenthalts im Vorfeld schon fest – wir müssen uns mit einer gewissen Ungewissheit anfreunden. Dank Yong und dem Versorgungstruck besteht zum Glück kein Risiko, ungespeist ins Bett gehen zu müssen oder den Unwägbarkeiten des laotischen Landlebens auf Gedeih und Verderb ausgeliefert zu sein.

Ein Abenteuer jedenfalls ist er immer, der erste Homestay.


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Legen, waschen, schneiden bei den Blindfischern

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

16. Tag, 31.12.2011
Luang Namtha

Heute steht wieder einmal das allseits beliebte fakultative Programm an. Da der Abend lang zu werden verspricht (Weihnachten ist noch gut in Erinnerung, und schließlich ist Silvester), entscheiden sich Thomas, Claudia, Matthias und Sylvia für einen lazy day. Wir verständigen uns mittlerweile in einer gruppeneigenen Sprache, die als Mischung aus Deutsch, Englisch und Lao unserem Reisegefühl am besten entspricht. Deutsch können wir am besten, Englisch sprechen wir meistens mit Yong, und das Laotische steuert ein paar entschleunigende Anhängsel wie lai lai bei. Besonders begeistert, dass die Laoten sogar ein wenig Deutsch verstehen: Mit ‚Fleischsalat, Fleischsalat‘-Rufen kommen wir überall gut an und lösen herzliches Lachen aus. Natürlich sind wir nicht selbst darauf gekommen, sondern haben uns das Wort von ein paar buddhistischen Mönchen abgelauscht. Yong erklärt, das hieße soviel wie ‚am Markt vorbeifahren‘. Völlig einleuchtend: zum Markt, um Fleischsalat zu kaufen. Es muss allerdings ein sehr spezieller Markt sein, denn wir haben auf den Marktständen entlang unserer Route schon viele außergewöhnliche Waren ausliegen gesehen, aber Fleischsalat war noch keiner dabei. Egal, die Wirkung zählt, und so behalten wir die erheiternde Begrüßungsformel einfach bei.

Jutta, Albin, Ramón, Yong und ich unternehmen bis zum Mittagessen mit den Rädern eine kurze Genußtour durch die Umgebung. Staunend beobachten wir das Neujahrsfischen am und im Fluss: Dicht an dicht stehen die Fischer im seichten Flusswasser; im Gleichtakt heben und senken sie ihre Netze, die an kreuzweise verbundenen, langen Bambusstangen aufgehängt sind. Andere tauchen ganz unter und versuchen offenbar, mit der bloßen Hand Fische zu fangen. Wie hier überhaupt jemand etwas fangen kann, ist uns unbegreiflich. Jeder auch nur mittelmäßig intelligente Fisch dürfte bei dem Trubel im Wasser längst drei Flussbiegungen weiter sein, und die Taucher gehen in der aufgewühlten braunen Brühe bestenfalls als Blindfischer durch.

Wir radeln über Schotterwege durch Dörfer, besichtigen eine Seidenweberei und werfen einen Blick auf die skurrilen Friedhöfe der Karen, die ihren Verblichenen große Geisterpuppenhäuser errichten, welche mit deren wichtigsten Habseligkeiten ausgestattet werden: Gehstock, Schuhe, Kleidung, Fotos, Kochutensilien oder auch eine halbe Flasche Beerlao. Wichtige Persönlichkeiten sind an Schmuckfahnen zu erkennen. Wir runden die Tour mit einer abenteuerlichen Brückenpassage über den Nam Tha und einem Besuch der neuerrichteten Stupa am Berghang ab. Dort treffen wir ein Hmong-Paar, sie 14, er 16 Jahre alt, die auf eine Spritztour mit dem Mofa heraufgekommen sind. Das Ballspiel ist also endlich entschieden, jedenfalls für diese beiden.
Der Lazy-Trupp erlebt derweil urbane Abenteuer: Die altbekannte Friseurformel Waschen, schneiden, legen wird von den örtlichen Haarkünstlern angenehm umgedeutet zum Legen, Waschen, schneiden: Der Kunde genießt seine Haarwäsche in der entspannt gestreckten Horizontalen – hier offenbar ein Standardservice.

Die zweite Sensation, auf die uns kein Reiseführer vorbereitet hat, ist der als Kellner getarnte Fakir, der beim Abendessen die Gluttöpfe für unser Fondue in die kreisrunden Aussparungen der Tische wuchtet: Die Kübel mit bloßer Hand an einem Metalldraht haltend – knappe fünfzehn (!) Zentimeter über der rotglühenden Kohle -, lässt er es sich nicht nehmen, in aller Gemächlichkeit so lange den Draht zu halten und zu rütteln und zu drehen, bis die Heizelemente endlich perfekt in ihren Vertiefungen stehen. Uns wird heiß. Kurz darauf ergibt alles einen Sinn: Unser Hunger ist heute abend mächtig, so dass er ein ums andere Mal tief in die Kühltruhe greifen muss, um den Nachschub an Grillgut zu sichern. Kein Wunder, dass er sich da zwischendurch gerne die Finger etwas aufwärmt.

Beim Silvesterfeiern besteht in Luang Namtha noch Entwicklungspotential: Nicht nur fehlt es trotz allgegenwärtiger chinesischer Händler am Feuerwerk. Auch ein zünftiges Feierambiente zum Jahreswechsel zu finden, stellt uns vor Schwierigkeiten: Die ausländischen Rucksackreisenden hängen bräsig bei elektronischen Beats auf den Sofas, die lokale Jugend bei ohrenzersetzenden Wummerbässen an Stehtischen, zwischen denen Uniformierte patroullieren. Die Einladung zu einer laotischen Freiluftfeier bei ohrenbetäubender Synthesizer-Beschallung lehnen wir ebenfalls dankend ab und entscheiden uns, einfach mit Getränken und Musik die Sitzgruppe an der Rezeption unseres Bungalowdörfchens zu befeiern. So beginnt denn 2012 für uns in Laos lang sam und entspannt – wie auch sonst?


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Die üble Palastwache des Paralleluniversums

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

15. Tag, 30.12.2011
Von Na Mawn nach Luang Namtha

Wo sich 2008 noch eine staubige Piste durch Na Mawn schlängelte, kündet jetzt eine noch recht frische Asphaltdecke vom Wirken chinesischer Baufirmen. Kein Wunder, denn die Straße, auf der wir heute den Ort verlassen, führt direkt zum laotisch-chinesischen Grenzübergang Boten nördlich von hier. Doch wir wollen diesmal in Laos bleiben und biegen vorher in Richtung Südwesten ab. Eine der am besten ausgebauten Straßen des Landes verbindet hier auf dem kürzestmöglichen Weg (ca. 250km) China mit Thailand. Für uns heißt das: Bis jetzt war der Untergrund nicht übel – jetzt wird es traumhaft. Zumal der Asphalt nicht irgendwo liegt, sondern sich durch ein wunderschönes malerisches Tal schlängelt, dessen seltsam verschlafene Dörfer in einem skurrilen Verhältnis zur breit ausgebauten Straße stehen. Von Verkehr kann übrigens keine Rede sein, wir sind quasi auf dem bestausgebauten Radweg des Landes unterwegs.

Das Mittagspicknick findet heute in einem sonnengeschützten und auch sonst luxuriösen Bambus-Unterstand statt und ist damit dem extravaganten Speiseangebot angemessen: Auf der Tafel treffen sich Salami und Schwarzbrot mit Mangostane und gerösteten schwarzen Pilzen mit Limette und Chili. Fast niemand kann sich ein heimliches Kichern verkneifen, als es nach schon fast zwei Wochen einmal nicht wir sind, die kritisch das Essen beäugen und mit fremden Geschmäckern konfrontiert werden: Yong kaut skeptisch auf seiner Mini-Salami herum und sieht so aus, als wünschte er sich gerade sehnlichst eine Chilischote mit Krabbenpaste herbei, um den absonderlichen Geschmack zu neutralisieren. Wir tun unser Bestes, um ihn mit aufmunternden Blicken und Bemerkungen im Kampf mit der Mini-Salami zu unterstützen.

Durch die weite Ebene des Nam Tha erreichen wir Luang Namtha, eine überdimensionierte Reißbrettstadt, geboren in den 70er Jahren aus bisher uneingelöstem Entwicklungsoptimismus. Ein wahres Paralleluniversum: Die Stadt besteht aus ganzen drei Parallelstraßen. Doch auch wenn das urbane Schachbrettmuster und die Rollbahn des Flughafens längs der Hauptstraße eine andere Sprache sprechen – die meisten Besucher zieht es aus anderen Gründen nach Luang Namtha. Mit Rucksack, Mückenspray und Kamera wandern sie in die Wälder der Umgebung und lassen sich von ortskundigen Begleitern durch die Bergdörfer führen. Man mag von der Suche nach dem ursprünglichen, einfachen Leben halten, was man will: Der sanfte Tourismus scheint zu den wenigen großen ökonomischen Erfolgsgeschichten des heutigen Laos zu gehören.

Nach der Schmutzbier-Siesta machen wir – in perfektem Einklang mit den lokalen Gepflogenheiteen – eine kurze Schachbrett-Spritztour mit unserem Begleitwagen. Zugegeben – man ist schnell durch mit der Neustadt, in der unsere Unterkunft liegt. Einmal hin, einmal her, um Ecke – gar nicht schwer. Immerhin lockern einige annehmbare Lokalitäten die Strenge der Längs- und Querstraßen auf, wo sich geruhsam dem Abendessen entgegenfreuen läßt. Chinesisch zum Dritten, heute mit authentischem Trinkgelage am Nachbartisch. Wir haben fast alle in China schon mit ähnlichen Tischgesellschaften zu tun gehabt und kennen die Verhaltensregeln: Freundlich lächeln und sich begriffsstutzig stellen, wenn die Aufforderungen zum Mittrinken forscher werden. Zur Not ad hoc eine temporäre Alkoholallergie entwickeln. Wir kommen unbehelligt davon – sieht man einmal von dem ebenfalls schwer angetrunkenen Kellner ab, der uns Tee nachschenken möchte und dabei hauptsächlich meine unbestrumpften Füße überbrüht. Das Essen ist immerhin lecker, wenn auch mit einer Einschränkung: Hier wird nach meiner Wenigkeit das übelste Hühnchen nach Art der Palastwache Asiens serviert. Wenn es denn überhaupt Hühnchen war. Ich überreiche deshalb (leider nur in meiner Phantasie) mit Hinweis auf Seite 28 höflich einen CBB-Katalog 2012, mit dessen Hilfe das Gericht beim nächsten Mal besser gelingen sollte. Ansonsten: ein würdiger Abschluss unserer chinesischen Trilogie, nach der wir bereit sind, uns wieder intensiver ortstypischen Aromen zu widmen.


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Die Ziege der Na Mawn All Stars

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

Von Oudomxay nach Na Mawn

Ein paar Früchte vom Markt in Oudomxay, und schon sind wir unterwegs nach Na Mawn. Ein kleiner Ort, den ich wegen seiner freundlichen, gelassenen Atmosphäre in guter Erinnerung habe: Am späten Nachmittag, vor Sonnenuntergang, kann man gemeinsam mit dem ganzen Dorf im Fluss baden – eine schöne Abwechslung von der üblichen Dusche danach. Im Laufe eines langen sonnigen Radfahrtages auf laotischen Straßen mischt sich der Schweiß mit einer stattlichen Schicht roten Staubs, der sich auf uns ebenso beiläufig ablagert wie auf all den Pflanzen, Autos und Häusern, denen man unterwegs häufig insgeheim eine riesige Putzfrau wünscht, die mit einem überdimensionalen Staubwedel mal kräftig über die ganze Landschaft wedeln möge.

Kurz hinter unserem Pass des Tages machen wir uns an einem schattigen Plätzchen auf der Picknickdecke aus Bananenblättern über die chinesischen Köstlichkeiten her, die wir im Versorgungsmobil aus Uodomxay mitgenommen haben. Ein paar Kekse und Obst dazu, und schon geht der Stäbchenwettkampf los. Die geschmorten Auberginen sind beliebt, während das doch arg knochige scharfe Huhn nur selten den ungestüm zuschnappenden Hölzchen ausgesetzt ist. Zum Dessert gibt es heute eine hübsche kleine Verdauungsabfahrt.

Wir passieren einige Dörfer der Hmong und kommen gerade richtig, um einen alten Neujahrsbrauch aus der Nähe erleben zu können: Ein Ballspiel zwischen jungen Männern und Mädchen, bei dem der Ball zur Partnerwahl eingesetzt wird: Wer sich mag, wirft sich den Ball zu. Aber ganz so einfach ist es doch nicht, denn das Ganze dauert stundenlang, und nur wer es schafft, bis zum Schluss keinen steifen Arm zu bekommen, hat Chancen auf die Gunst des Gegenübers. Eine interessante und preiswere Balzmethode, aber doch ein wenig mühsam.

Am Ortseingang von Na Mawn passieren wir den Markt und erbeuten eine 10kg-Kiste mit importierten chinesischen Mini-Mandarinen, die für uns die nächsten Tage für saftige Pausenstopps garantieren. Geschmacklich die besten Mandarinen überhaupt, süß, saftig und mit einer locker sitzenden, leicht abzupellenden Schale. Nur eben sehr klein, so dass man sie gleich im Dutzend essen möchte.

Na Mawn überrascht: Eine widerspenstige Ziege, bei deren Zähmung Albin tatkräftig mit Hand anlegt, weist uns den direkten Weg vom Schmutzbier zu einer rauschenden laotischen Boule-Party. Wir werden johlend und mit gefüllten Gläsern und amtlichem soundsystem lao auf einem Hinterhof begrüßt, wo den Trikots nach zu urteilen gerade die Na Mawn All Stars sich im präzisen Kugelwurf üben. Die große Beliebtheit des Boulespiels in Laos ist wie Baguette und Crèpes ein Erbe der französischen Kolonialherrschaft. Wenn man es recht bedenkt, hätte es auch genau andersherum sein können: Ein so gemächliches Spiel könnte durchaus glaubwürdig in Laos erfunden und erst von den französischen Kolonialherren in ihr Mutterland gebracht worden sein. Man wirft ab und an eine Kugel, zwischendurch bleibt viel Zeit zum Essen, Trinken und Diskutieren des besten Armschwungs.

Das soundsystem lao ist übrigens eine beliebte batteriebetriebene Verstärker-Lautsprecher-Kombination, mit der man mühelos ganze Dörfer beschallen kann – was die Nachbarschaft selten daran hindert, ebenfalls die eigene Anlage bis zur Verzerrung aufzudrehen. Ganz zu schweigen von den restlichen Familien im Dorf.

Erfreut stellen wir heute fest, dass die Musik aus den Lautsprechern viel weniger peinigend in den Ohren klingt, wenn man selbst mittendrin mittanzt. Wir lernen auch ein neues Trinksystem kennen, denn bei den Boulespielern gibt es für 25 Personen nur ein Dutzend Gläser. Das System ist schnell verstanden: Anstoßen, austrinken und dann schnellstens das Glas an den Nachbarn weitergeben. Wer zu langsam ist und sein Glas nicht rechtzeitig los wird, riskiert, die nächste Runde Beerlao gleich wieder mittrinken zu müssen – auf Ex, Ehrensache. Die Gläser füllen sich, einmal ausgetrunken, in bester Füllhorn-Manier quasi augenblicklich wie von selbst wieder.

Wir steuern auch ein paar Getränke bei und wenden uns der Boule-Bahn zu, um bei der nächsten Gelegenheit mit einzusteigen. Wahrscheinlich um uns eine schmachvolle Niederlage zu ersparen, bieten unsere aufmerksamen Gastgeber nicht gerade die erste Garde zum Wettkampf auf, sondern stellen als Kanonenfutter ein Team zusammen, dessen Virtuosität im Umgang mit den Metallkugeln insgesamt wenig einschüchternd ausfällt. Wir erweisen uns als gute Gäste und gewinnen (wie vorgesehen) souverän.

Die Ziege hat man in der Nähe an einem Baum angebunden. Sie schaut uns interessiert zu, über den Verlauf dieses Tages sicher nicht weniger erstaunt als wir.


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