Der kranke Mann vom Himalaya

An den Hängen des Himalaya, 10.03. bis 05.04.2017

Einmal Tibet und zurück mit ein paar Ausfällen, 105 km mit dem Bus und 70 km mit dem Fahrrad

Unsere Radtour beginnt mit einem Transfer zur nepalesisch-chinesischen Grenze. Das ist so geplant, da die Entfernung recht weit ist und die Strecke zwischen Kodari und Dulikhel bergab deutlich angenehmer zu fahren ist.

Inwieweit sie überhaupt mit dem Rad zu bewältigen ist, wollen wir ausprobieren. 2014 verschüttete ein Erdrutsch bei Barbise Teile der Stadt und ein etwas 5 Kilometer langes Stück der Straße, die allgemein als „Friendship Highway“ bekannt ist und Lhasa mit Kathmandu oder anders gesagt China mit Nepal verbindet. Bis zum Erdbeben 2015 die einzige Straßenverbindung zwischen beiden Ländern.

Seit 2015 unterbrochen. Zhangmu, die Grenzstadt, ist in Gefahr, komplett vom Hang zu rutschen, an dem sie sowieso nur recht hemdsärmlich klebt.

Eine Wiedereröffnung des Grenzüberganges ist wohl nicht geplant, eine Bergkette weiter, im Trisuli-Tal gibt es inzwischen einen neuen Grenzübergang, der angeblich noch dieses Jahr für Ausländer geöffnet wird. Schön wäre es, auch weil wir mal wieder Lust auf unseren Klassiker Auf dem Dach der Welt haben.

Erstaunlicherweise ist die Straße in einem leidlich gutem Zustand. Nach einer Nacht im Last Resort kurz vor der Grenze lassen wir rollen. Über planierte Erdrutsche, kleine Bergdörfer, denen man die ausbleibende Kundschaft durch den fehlenden Fernverkehr ansieht. Und über die eine oder andere Baustelle, der man den chinesischen Bauherren schon von weitem durch die chinesischen Schriftzeichen, die an den Hängen prangen, ansieht.

Eisenbahnbau, mutmaßen wir. China baut die Tibetbahn weiter nach Kathmandu und plant den Lückenschluss mit dem indischen Schienennetz. Überhaupt ist die VR China in Nepal sehr aktiv, vor allem, seit Indien, der gemeinsame Erzfeind, 2015/16 die Blockade Nepals durch indischstämmige Minderheiten im Terai zuließ.

Nepal ist arm, und das Erdbeben 2015 war da nicht gerade hilfreich. Hilfe aus Indien, so denn vorhanden, wird in Nepal mit Vorsicht gesehen, Unterstützung aus China kommt da gerade recht. Wobei diese auch nicht ganz uneigennützig ist, aber das ist westliche Entwicklungshilfe ja auch nie.

Nepal ist also der kranke Mann am Himalaya.

Und ich mache dem Land den Titel leider streitig.

Der erste Radtag lässt sich schon nicht gerade gut an. Kurz nach dem Mittagessen steht die Pannenstatistik bei drei Kettenrissen, einem Mantelriss, einer kaputten Kurbel und zwei Platten. Dann geht mir beim Anstieg nach Dulikhel fasst die Luft aus. Den Berg bin ich schon zweimal gefahren, ohne Probleme. Heute fühlt es sich an, als müsste ich den Mt. Everest mit dem Rad erklimmen.

Am Tag drauf dann die Gewissheit: Ein fiebriger Infekt, 39 Grad Fieber und Schüttelfrost. Für die wunderschöne aber auch sehr anstrendende Wanderung rund um Balthali hat es noch gereicht. Dann geht nichts mehr. Peter und Udo beseitigen dankenswerter Weise die letzten Spuren des Pannentages, die Gruppe, zumeist putzmunter, streckt die Nasen in die Frühlingssonne. Erholt sich von dem einen oder anderen LKW-Auswurf, der beim Schalten pechschwarz aus dem Auspuff schießt.

Morgen dann einmal quer durch das Kathmandutal nach Kakani.

Hoffentlich ohne weitere Ausfälle!

Strecke 16.03.2017 (Last Resort – Dhulikhel)
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Strecke 17.03.2017 (Dhulikhel – Balthali)
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Dürfen Sadhus Fahrrad fahren?

An den Hängen des Himalaya, 10.03. bis 05.04.2017

Ein Tag in Kathmandu – Wetter für Götter!

Wir sind alle angekommen, in Kathmandu. Nachdem ich in den zwei Tagen, die ich schon hier verbracht habe, die Wolken für die Gruppe ausgewrungen habe, gab es gestern schon bei Ankunft Kaiserwetter. Heute setzt sich das fort. Strahlender Sonnenschein, um die 20 Grad tagsüber. Passt!

Gegen Jetlag hilft nur Sightseeing, und das machen wir heute intensiv wie immer in Kathmandu. Die Altstadt rund um den Durbar Square, Pashupatinat, das hinduistische Heiligtum, mit den Ghats, an denen die Verstorbenen verbrannt werden. Und zum Abschluss Bodnat, jenes „Kleintibet“ im Norden der Stadt mit der nach dem Erdbeben frisch restaurierten Stupa.

Fast die Hälfte der Gruppe war schon einmal hier, so bleibt dann Zeit für philosophische Betrachtungen. Über das Leben, den Tod, die Konsistenz von Affenscheiße, eingebracht von unserer sächsischen Fraktion, und die zentrale Frage: Wenn Sadhus, die kiffenden, fotoposierenden Wanderheiligen im Dienste Shivas, nicht Autofahren dürfen, ist ihnen dann Fahrrad fahren erlaubt? Essentiell, die Frage. Ich sehe schon eine Sadhu-Armada die indischen Highways entlangklingeln, auf zwei Rädern, unterwegs im Auftrag des Herrn Shiva, der Legalisierung von Cannabis und für den Umstieg auf das Fahrrad.

Nein, der Schreiber dieser Zeilen hat beim Schreiben nicht an einem Joint gezogen. Er bevorzugt den leicht torfigen nepalesischen Single Malt „Old Durbar Chimney“.

Aber wenn selbst Hans Beimer aus der Lindenstraße genußvoll THC-Wolken ins Familienfernsehn blasen kann und selbst seine Ex-Taube involviert ist, dann sind die Sadhus wohl Trendsetter. Räder für Asketen, höre ich mich rufen! Kann zumindest in Berlin, aber definitiv in Kathmandu nicht schaden.

Daher rauf auf die Räder, morgen geht es gegen Norden, und dann übermorgen stehen die ersten Bergprüfungen an.

Chaihos!

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