Wo ist der Berg?

tandem4family – Mit der Familienkutsche von Shanghai nach Beijing

Der Taishan ist eng mit dem chinesischen Schöpfungsmythus verknüpft. Einst, als der Kosmos noch im Chaos lag und Erde und Himmel noch eins waren, wurde Pangu zwischen Himmel und Erde geboren. Durch sein Wachstum schob er diese immer weiter auseinander, bis sie nach 18.000 Jahren vollständig getrennt waren und Pangu aus Erschöpfung starb. Seine Augen wurden Sonne und Mond, sein Blut verwandelte sich in die Flüsse und sein Kopf und die Extremitäten bildeten die fünf heiligen Berge Chinas. Der Taishan ist der Kopf Pangus, und so fällt ihm eine wichtige Rolle in der chinesischen Mythologie zu.

Den Berg zu besteigen heißt nicht nur, dem Himmel ein Stück näher zu sein, es ist auch ein Symbol für die Harmonie zwischen Himmel und Erde. Die Kaiser, denen das vom Himmel verliehene Mandat auch entzogen werden konnte, bestiegen den Berg als Zeichen ihrer engen Beziehung mit den Mächten des Himmels. Eigentlich hätten sie die Runde zu allen fünf heiligen Bergen machen müssen, die meisten ließen es aber bei der Besteigung des Taishan als Symbol ihrer Himmelsnähe bewenden.


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Solofahrt

tandem4family – Mit der Familienkutsche von Shanghai nach Beijing

Traurig schaue ich den in der einsetzenden Dunkelheit verschwindenden Rücklichtern des Taxis hinterher. Da sitzt sie, meine geliebte Familie, im Trockenen, auf dem Weg nach Tai’an.

Aber von Konfuzius habe ich ja gelernt, dass ich als Familienoberhaupt hier Verantwortung übernehmen muss und setze mich wieder auf den nassen Sattel. Noch hält die Regenhose.

Nach ein paar Kilometern hört der Regen dann auf. Rote Schriftzeichen spiegeln sich in den Pfützen. “Spezialitäten aus Sichuan”, “Supermarkt des Glücks”, “Reifenwechsel und Schweißarbeiten” kündigt die Leuchtreklame an. Manchmal wünschte ich mir, kein Chinesisch zu können, dann wären die Schriftzeichen einfach nur schön und weniger profan! Aber auch so bessert sich meine Laune deutlich. Kein Regen, eine leidlich gute Nebenstraße fast ohne Verkehr. Als ich den Ort verlasse, fahre ich in eine malerische Allee, die bis zum Horizont zu reichen scheint. Erstaunlich mild ist der Abend und ich sing mir eins.


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Road Works

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After two non-biking days it feels good to be back on the saddle again. It seems I’m becoming a cyclist, after all. We leave the hometown of Confucius quite early and in high spirits, planning on a noodle brunch somewhere on the way. Volker has mapped a route of side-roads that should bring us to Tai’an and the sacred Mt. Tai. On the way out of town a tuk-tuk starts stalking us. The driver follows us closely behind, then overtakes us and slows down in front of us, after we manage to overtake him he speeds again and drives parallel to us. We reach the side road we are supposed to take, and turn. “No, you can’t go there!” – shouts the tuk-tuk driver to us in English. “Where do you go? To Tai’an? – it is here, here.” And he gesticulates towards the interstate which we are just leaving. “I know,” says Volker – “but we want another one!” And on we go, with the tuk-tuk left behind. After a kilometre or two I have a déjà-vu – the occasional cars or motorbikes coming against us seem strangely familiar, as if I have just seen them, but in the other direction. Soon I know why – Road works! And not the Jiangsu-type of road works, when the road is already finished, merely with an earthen barrier at the end of the repaired stretch remaining, but a construction in full swing. No way to make it through!


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Konfuzius, ich komme!

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Oder besser – Familie ich komme! Für Konfuzius war die Familie ja sehr wichtig, besser gesagt, die Beziehungen innerhalb der Familie und die Relation des Ganzen zu Staat und Gesellschaft.

Kurz gesagt: Kinder gehorchen Eltern, Frau gehorcht Mann, Jung gehorcht Alt und alle gehorchen der staatlichen Autorität. Der Konfuzianismus hat auch noch eine Kehrseite, die gerade bei Obrigkeitsfanatikern oft hintern runter fällt: Wenn der Herrscher, sei es im Staat oder der Familie, einen schlechten Job macht, dann kann er abgesetzt werden.

Was heißt das nun für mich? Also rein aus der konfuzianischen Sicht?


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Konfuzius kann warten!

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Ich wache auf mit einem emotionalen Kater.

Eigentlich wollte ich heute früh losfahren, versuchen, die 120 Kilometer nach Qufu in einem Rutsch zu absolvieren, um meine Familie möglich schnell wiederzusehen.

Stattdessen verbringe ich den Vormittag im Internet. Spiegel online, ARD, ZDF, CNN, The Guardian. Noch immer keine Nachricht von unseren Freunden in Kathmandu. Falls es überhaupt Internet gibt, haben die sicherlich besseres zu tun, als mir zu mailen, tröste ich mich. Sorgen mache ich mir trotzdem!

Gegen 11:30 Uhr mache ich mich dann endlich auf den Weg. Schwerfällig fahre ich die breiten Ausfallstraßen Shantings entlang. Jeder Tritt fällt mir schwer. Es geht bergauf und mir bläst Gegenwind entgegen. Der kann sich so richtig austoben, da die Straße hier acht Spuren breit ist und keine Bäume, Häuser oder Mauern als Windschutz bietet. Schwer fährt es sich, als ob die Bremse angezogen ist. Nach fünf Kilometern, für die ich eine halbe Stunde brauche, mache ich erschöpft Pause. Werfe ich einen Blick auf den hinteren Lenker. Die Notfallbremse für den hinteren Fahrer ist halb angezogen! Das Hotelpersonal muss damit rumgespielt und die Bremse angezogen haben.


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Making History

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When the family is reunited after two days, I tell Volker of my Tai’er zhuang experience and we make a brainstorming. If Yaowan was Toontown, then what Tai’er zhuang Ancient Town should be? Chinese Disneyland? – Fitting, for the whole “ancient“ town is newly built and it displays some historically dressed statists. But Disneyland makes no pretence that it is for real, plus it offers rides. Potemkin village then? – Even better, for most of the buildings are nothing but impressive facades, with empty concrete interiors. However, this does not capture the air of cheerful consumerism. A ghost town? A historically themed, open-air shopping mall? But what about the exuberant entrance price, almost triple of that to the Forbidden City? At the end we resign. Tai’er zhuang is simply Tai’er zhuang, sad as it is.


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Müd- und Traurigkeit

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Wie viele chinesische Kleinstädte kann man besuchen, ohne irgendwann mental Amok zu laufen?

Wie oft kann man die Fragen “Woher kommst Du? Was machst Du? Sind das Deine Kinder?” beantworten, ohne ein einziges Mal eine sinnvolle Konversation zu haben? Wie oft radelt man durch die chinesischen Vorstädte und hat ein billiges Deja-Vu aus Sachsen-Anhalt: Baumarkt – Supermarkt – Baumarkt – Autowerkstätte – Supermarkt – Möbelhaus – Tankstelle – Puff. In der Endlosschleife.


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The Garlic Blues

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„Have you already been to Tai’er zhuang?” – asks us the owner of the small restaurant where we had dinner in Yaowan. “No? – You should go there, it is much better than here!” “That’s true,” – joins in one of the guests at the neighbouring table, a young local entrepreneur – “They started to develop earlier than us. But in 1-2 years we will catch up with them.” Tai’er zhuang is another ancient water town on the Grand Canal, on the border between Jiangsu and Shandong, and lies on our route. And so it is decided – to Tai’er zhuang we go.


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Falsches Spiel mit Tuzi Luojie (谁陷害了兔子罗杰)

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“Do you know ‘Who framed Roger Rabbit’?”, fragte uns Mitte 1994 unser indischer Freund Amitava. “China, that’s Toontown!”

Das Reich der Mitte also als Heimat der Toons, der Comicfiguren, mit dem dazugehörigen leicht skurilen Kosmos. Zu Zeiten, als man zuweilen bei der Bestellung einer “Heißen Schokolade” ein in der Mikrowelle aufgewärmtes Stück Zartbitter bekam, ein gar nicht so weit hergeholter Vergleich.

“Und ich meine Eiswürfel!”, schreit die menschliche Hauptrolle, der Detektiv Eddie Valiant, der Bedienung noch hinterher, um dann doch einen “Whisky on the rocks”, auf Steinen zu bekommen.

Und hier sind wir, in China, zwanzig Jahre später – inmitten von Toontown!


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Biking on the Non-Existing

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Before arriving in China I was bewildered by modern navigation systems and Google maps that could predetermine every road and every turn in our journey, leaving no room for spontanity and the unexpected. Reality proved me wrong. I am still unsettled by the fact that all those narrow village and field lanes we bike along in Jiangsu are displayed on our navigation system. It has, however, also lead us along newly built streets – so new, that the brick walls at the end of them had not yet been removed. It has directed us towards bridges, which were still under construction. We headed to hotels, shown on the Jiangsu road atlas, only to find out that the future hotels are still a hole in the ground. We have crossed or even biked along perfect broad roads, which, according to all navigations and maps, are non-existing. Like the new six-lane road below, which our field lane (narrow but existing!!!) crosses.


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